Der Spätherbst ist Erkältungszeit: Der Rachen kratzt, die Nase ist verstopft, atmen fällt schwer. Viele greifen dann zum rezeptfreien Nasen- oder Mundspray aus der Apotheke. Dieses Medikament, falls es noch im Badschränkchen vom letzten Winter steht, sollten Sie sofort in den Müll befördern.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat bereits im Frühjahr die Zulassung für den Wirkstoff Fusafungin widerrufen und dem Hersteller Stada eine Frist bis zum 28. Mai gesetzt, nach der Locabiosol nicht mehr verkauft werden darf. Der Hersteller wollte diese Frist jedoch nicht ausnutzen und hat einen Rückruf des Medikaments veranlasst. Dennoch könnte es natürlich noch der Fall sein, dass das Medikament weiter zu Hause aufbewahrt wird und Verbraucher keine Kenntnis des Rückrufs haben.
"Report Mainz" warnte
Locabiosol ist ein lokales Antibiotikum und wurde zur Therapie von Erkrankungen der oberen Atemwege, wie zum Beispiel Schnupfen oder Halsentzündungen, eingesetzt. Die Gründe für den Widerruf der Zulassung sind seltene, aber schwerwiegende Fälle von Überempfindlichkeitsreaktionen, darunter allergische und lebensbedrohliche anaphylaktische Reaktionen.
Darüber hinaus ist der Nachweis über den Nutzen begrenzt. Das ist das Ergebnis eines europäischen Risikobewertungsverfahrens. Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der europäischen Arzneimittelagentur (EMA) kam dabei zu der Einschätzung, dass der Nutzen von Fusafungin-haltigen Mitteln das Risiko nicht überwiege und die Zulassung in der EU widerrufen werden sollte.
Wie das ARD-Politikmagazin "Report Mainz" berichtete, stand das Mittel bereits seit Jahrzehnten in der Kritik. Im Interview mit "Report Mainz" erklärt der Arzneimittelexperte Prof. Gerd Glaeske: "Wir reden seit Ende der 80er Jahre davon, dass solche Präparate vom Markt gehören. Locabiosol ist einerseits nicht notwendig, auf der anderen Seite, wenn es aber dennoch angewendet wird, kann es dazu beitragen, dass Antibiotikaresistenzen sich weiterentwickeln."
Trotz der Kritik aus Fachkreisen blieb das Mittel über viele Jahre auf dem Markt. "Report Mainz" berichtete, dass auch noch weitere rezeptfreie Medikamente wegen Risiken in der Kritik stehen, es aber teilweise sehr lange dauert, bis ein Medikament tatsächlich vom Markt genommen wird oder im Beipackzettel vor Risiken gewarnt wird. Prof. Gerd Glaeske erklärt dazu in "Report Mainz": "Derzeit hat man den Eindruck an vielen Stellen, dass der Herstellerschutz vor dem Patientenschutz rangiert. Und das ist die falsche Reihenfolge. Patienten sind zu schützen, Verbraucher sind zu schützen."
14 Kommentare