Sein Name klingt fast ein wenig zauberhaft: tropischer Pärchenengel. Doch hat der Parasit nach neuesten Schätzungen bereits 300 Millionen Menschen infiziert, wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet. Zehntausenden bringt die damit verbundene Krankheit Bilharziose den Tod. Auch in Europa fühlt sich der Parasit offenbar pudelwohl. Besonders Korsika-Reisende sollen aufpassen.
Bilharziose (Schistosomiasis) wird durch im Wasser lebende parasitäre Saugwürmer der Gattung Schistosoma ausgelöst, die durch die Haut in den Menschen eindringen. Der Wurm S. mansoni oder Pärchenengel setzt sich für bis zu 25 Jahre in menschlichen Blutgefäßen fest und legt Eier in der Darmwand ab. Sie wandern auch in die Leber, wo sie Geschwulste und eine krankhafte Vermehrung von Bindegewebe auslösen können. Zur Behandlung der Krankheit sind bislang nur zwei Medikamente auf dem Markt, die jedoch nicht vor erneuter Infektion schützen und gegen die die Saugwürmer zunehmend resistent werden könnten.
Bilharziose gilt nach Malaria als die zweithäufigste Tropenkrankheit in Afrika. Sie ist vor allem in tropischen und subtropischen Regionen verbreitet, in denen die arme Bevölkerung keinen Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Anlagen hat. Menschen infizieren sich mit dieser Krankheit über die im Süßwasser lebenden Wurmlarven, beispielsweise beim Arbeiten, Baden, Fischen oder Wäschewaschen in Binnengewässern. Die winzigen Larven bohren sich in die menschliche Haut, dringen in die Blutgefäße ein und befallen die inneren Organe wie Leber, Darm, Milz oder Blase.
"Bilharziose ist wahrscheinlich der größte Killer, von dem Sie noch nie gehört haben", erklärt das globale Bündnis zur Bekämpfung der Krankheit (GSA).
Auch Deutsche betroffen
Der Tropenmediziner Johannes Richter von der Universität Düsseldorf untersuchte laut "Süddeutscher Zeitung" im Jahr 2014 einen zwölf Jahre alten Jungen, der an Bilharziose erkrankt war. Doch war der kleine Patient in keinem der "Risiko-Gebiete" gewesen, ja noch nicht mal außerhalb Europa. Sehr wohl machte die Familie aber Urlaub auf der französischen Mittelmeerinsel Korsika. Richter vermutete der "SZ" zufolge, dass sich der Junge dort beim Baden im Fluss Cavu infiziert haben könnte. Forscher fanden dort in den nächsten Monaten mehr als 120 weitere Patienten.
Damals warnte auch das Robert-Koch-Institut: "In Frankreich und Deutschland sind in den letzten Monaten mehrere Fälle von Harnwegs-Bilharziose (Schistosomiasis durch den Parasiten Schistosoma haematobium) bei Personen diagnostiziert worden, die keine Reisen in bekannte Bilharziose-Endemiegebiete unternommen hatten, wohl aber alle Baden am Fluss Cavu/Cavo in Südkorsika gemeinsam hatten. Für Reisende, die in den Sommern der letzten 3 Jahre in Südkorsika am Fluss Cavu/Cavo waren, kann eine Untersuchung auf eine Bilharzioseinfektion sinnvoll sein."
Unter den bekannt gewordenen Fällen waren sowohl Personen mit entsprechenden Beschwerden (blutig verfärbter Urin und Veränderung der Blasenwand; Symptome, die erst nach mehreren Monaten auftreten), als auch Personen ohne Beschwerden.
Schnecken als Zwischenwirte
Larven der Gattung Schistosoma penetrieren die Haut. Auf der Wanderung durch den Körper reifen sie laut Auswärtigem Amt zu Pärchenegeln heran. Ihre Eier gelangen mit dem Urin oder mit dem Stuhl wieder ins Freie. Für die Entwicklung vom Ei bis zur Larve nutzen die Schistosomen Schnecken als Zwischenwirte.
Wenn Larven bei Süßwasserkontakt die Haut durchdringen, merkt man lokal einen juckenden Ausschlag (”swimmers‘ itch“). Die Krankheit verläuft dann dem Auswärtigen Amt zufolge in zwei Phasen:
1. Akute Schistosomiasis / Katayama-Fieber
Das Katayama-Fieber ist eine allergische Reaktion. Neben Fieber und Mattigkeit kommt es zu Muskelschmerzen, Husten und Hautausschlägen. Selten sind massive Durchfälle, Bauchschmerzen oder eine Leberschädigung. Das Katayama-Fieber dauert 2-10 Wochen.
2. Chronische Schistosomiasis
Bei Befall mit S. haematobium entzünden sich Blase und Harnleiter. Kalkablagerungen können sie verstopfen. Leitsymptom ist blutiger Urin. Später kann Blasenkrebs entstehen. Die Eier der anderen Schistosomen (S. mansoni, S. japonicum, S. mekongi, S. intercalatum) entwickeln sich in der Schleimhaut des Dickdarms, die sich entzündet und blutet. Sie können auch in die Leber gelangen und dort zu einer Zirrhose führen. Schistosomen leben 3-5 Jahre.
Tipps vom Auswärtigen Amt
Vorbeugung ist wichtig, aber nicht einfach. Es gibt keine Impfung, die vorbeugende Einnahme eines Wurmmittels ist sinnlos und antiparasitäre Hautschutzpräparate haben sich nicht bewährt. Deshalb müssen Reisende Süßwasserkontakte (Baden, Schwimmen, Wassersport) meiden. Das ist die einzige sichere Vorbeugung.Wird eine Schistosomiasis diagnostiziert, behandelt man das Katayama-Fieber mit Kortison, um die allergische Reaktion zu schwächen. Bei chronischem Befall verwendet man das Wurmmittel Praziquantel.
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