Es ist kaum zu glauben und doch ist es wahr: Man muss nicht unbedingt Politiker - oder noch schlimmer - ein Diktator sein, um sich die Realität so zu gestalten, wie man sie gerne hätte. Es ist nur in der Öffentlichkeit bekannter, als in den kleinen Bereichen des Lebens. Wenn man aber im Netz aufmerksam unterwegs ist, stößt man früher oder später nicht nur auf einzelne Internetnutzer, die scheinbar permanent über den Wolken leben, sondern auch auf eine Art kollektiven Realitätsverlust. Und diese Form ist tatsächlich gefährlich.
Es ist schon verständlich, dass es Dinge im Leben gibt, die man nicht so einfach hinnehmen kann oder will. Aber kann man sie deshalb einfach ignorieren ? Die Augen schließen und so tun, als würde alles was man ablehnt, nicht existieren? Ich spreche hier ausdrücklich nicht von Politik, die für die meisten ohnehin ein undurchdringbarer Dschungel ist, sondern vom Alltag, dem man sich einfach stellen muss, wenn man nicht auf einer ewigen Verliererstraße gehen will.
Ich gehöre nur ganz selten zu Denjenigen, die etwas als unabänderlich betrachten und es ist auch wie das Salz in der Suppe des Lebens, die Dinge so zu verändern, dass sie genau so passen, wie man sie gerne hätte. Aber man sollte dabei den Überblick nie ganz verlieren, denn die Gefahr, in eine Traumwelt abzurutschen ist sehr groß. Und wenn man erst einmal den Ruf hat, ein "unverbesserlicher Träumer" zu sein, wird man ihn auch nicht mehr so schnell los.
In sozialen Netzwerken zeigt sich sehr deutlich, wie weit das "Denkvermögen" der Betreffenden geht. Von Überblick kann man da kaum noch sprechen, denn es wird ja suggeriert, dass die eigene Sichtweise genau die Richtige ist. Dafür sorgen die Fans der Betreffenden. Aber gerade im Netz sind die Dinge selten so wie sie auf den ersten Blick aussehen. Ist das schon Realitätsverlust ?
Wahrscheinlich nicht - es sei denn, man weigert sich permanent, andere als die "offensichtlichen" Dinge zu sehen. Wenn sich Nutzer darüber beschweren, dass Beiträge oder Kommentare gelöscht wurden, sucht man nach den bösen Schuldigen, die es gewagt haben, einen Beitrag zu melden, bevor man auch nur ansatzweise daran denkt, dass vielleicht der Inhalt nicht angemessen war. Reife Leistung von Realitätsverweigerern.
Ein weiteres Beispiel sind nicht sofort umgesetzte Änderungsvorschläge, die zwar auf den ersten Blick für Einige positiv sein mögen, aber einfach nicht ins Gesamtkonzept passen. Da bringt es auch nichts, wenn man sich ständig darüber beschwert, dass "Nutzerwünsche" ignoriert werden. Auch eine Option von Realitätsverweigerern. Einfach akzeptieren, dass Manches einfach nicht geht, fällt eben schwer.
Und dann gibt es noch die Kontaktfreaks, die echte Probleme haben, wenn man sie als Kontakt mit der Anfrage "Hi, ich bin geil" nicht akzeptieren will.Da wird schnell aus einer Kontaktanfrage eine Hetznotiz gegen den Betreffenden auf dem schwarzen Brett. Ich sehe darin noch eine Steigerung der Realitätsverweigerung. Und ich denke dabei an der IQ eines Frühstücksbrettchens - wobei das Frühstücksbrettchen wenigstens noch einen praktischen Zweck erfüllt.
Ist die heutige Zeit wirklich so viel schlechter, als die Vergangenheit? Oder sieht man die Vergangenheit grundsätzlich durch eine rosarote Brille, sodass man die Gegenwart gar nicht mehr so wahrnehmen kann wie sie ist ? Es scheint so, aber jede Zeit hat auch ihre positiven Dinge. man muss sie nur auch sehen wollen...
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