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500 Jahre Reformation 2017 - Zwischen Mittelalter und Neuzeit, Teil 1

500 Jahre Reformation 2017 - Zwischen Mittelalter und Neuzeit, Teil 1

gerade eben
Beitrag von wize.life-Nutzer

Die Zeit

Mit dem 15. und 16. Jahrhundert begann die Geschichte „schneller“ zu ticken und sich die Welt schneller zu drehen.
Das Weltbild erweiterte sich rasant, als aus der islamischen Welt plötzlich durch Handel und Wandel die antiken Philosophen und deren Schriften wieder auftauchten: Aristoteles und Platon, die in den gelehrten Kammern des Ostens die Zeit überstanden hatten, wurden im Westen wieder entdeckt. Kolumbus und kurz nach ihm, portugiesische, spanische und schließlich auch die britischen Seeleute entdeckten neue Kontinente, Amerika und das Innere Afrikas. Die Ausbeutung und Kolonisierung brachte neuen Reichtum nach Europa. Karl V., spanischer König und deutscher Kaiser schwärmte, dass „in seinem Reich die Sonne nie untergehe“. Die Erde war nunmehr keine Scheibe, von der Seefahrer fürchten mussten, jenseits des Atlantiks herunter zu fallen. Ingenieure erfanden immer neue Geräte um im Bergbau oder der Landwirtschaft Erleichterungen zu konstruieren. Naturwissenschaft und Technik erfuhren hier ihre Anerkennung. Leonardo da Vinci steht dafür mit seinem genialen Geist. Auch auf dem Bereich der Waffentechnik geschahen Innovationen mit Kanonen und Schusswaffen, die den mittelalterlichen Ritter in seiner Panzerung überflüssig machten. Der Landsknecht löste ihn ab.
Die Fugger, Rotschilds und Medicis führten eine neue Art des „bargeldlosen“ Geldverkehrs und der Kontoführung ein, eine enorme Erleichterung für den Handel. Das Bankgeschäft und die Finanzkreisläufe wurden genauer, weitläufiger, raffinierter, die Kaufleute und deren Kapital auf ihren Handelsrouten beweglicher.

Diese Zeit bezeichnen Historiker als Beginn der Neuzeit, eine Beschleunigung der Lebensvorgänge und eine Art von früher Globalisierung.
Und zugleich war diese Zeit und Welt auch noch zutiefst mittelalterlich geprägt. Unsere Dörfer, Städte und Orte muss man sich vorstellen als eine Ansammlung von Hütten. Steingebäude – darunter nicht nur die Paläste, Bürgerhäuser und Dome waren Zeichen der Macht und der Herrschaft. Die Menschen lebten, wenn alles gut ging, nicht länger als 40-50 Jahre. Mit 40 gehörten man schon zum alten Eisen. Die Kindersterblichkeit war hoch. Der Mensch war sehr viel mehr dem Wohl und Wehe seiner Umwelt ausgeliefert. Eine schlechte Ernte – und die Existenz ganzer Familien war gefährdet. Eine unglückliche Verletzung (wie einem Freund Luthers geschehen) und das Leben war zu Ende. Die Angst der Menschen vor „Geistern, Hexen und Dämonen“ war symbolisch grundfest in den Gefahren des Alltags, in Naturereignissen wie Gewitter, Hagel, übermäßige Kälte und Dürre, aber auch in Krankheiten wie Pest und Ruhr, oder politischen Ereignissen wie Krieg, Teuerung (Inflation) oder herrschaftlicher Willkür. Der Mensch zu Beginn der Neuzeit war alles andere als sicher – er war sogar unsicherer als seine Vorfahren beispielsweise im Rom zur römischen Kaiserzeit. Man spricht vom „finsteren Mittelalter“, und in der Tat hatte es etwas finstereres an sich, denn die Mehrzahl der Menschen kannten zwar das Herdfeuer als einzige Lichtquelle des Hauses während dunkler Winter, aber Kerzen nur in der Kirche und einigen Herrschaftshäusern, weil sie für den Hausgebrauch zu teuer waren.

In diese Zeit zwischen Mittelalter und Neuzeit wurde Martin Luther hineingeboren. Sie wird ihn prägen, sein Denken, seinen Glauben und Frömmigkeit, seine Ansichten, seine Ängste und sein Handeln. Er war nicht anders als seine Zeitgenossen, der Bauer, Bergmann, Bürger, Bauer und Bettelmann. Allerdings wird er anhand der Bibel und der theologischen Ausbildung im Kloster bald eine neue Entdeckung machen, die seine Zeit verändern wird. Es fürchtete einen Gott, der ihn richtet, suchte einen „gnädigen Gott“ und fand ihn in der Person Jesu Christi. Und zog daraus die Konsequenzen, die zu einer Freiheitsbewegung in den Gebieten des Heiligen römischen Reiches deutscher Nation und in Teilen von Europa wurden, samt den britischen Inseln.

Doch zunächst ist er der Sohn seines Vaters, einem Bergwerkspächter und Kleinunternehmer, der besondere Pläne hegt für seinen Sohn. Hans Luther hatte sich hochgearbeitet und besaß nun die Mittel, in die Bildung seines Sohnes zu investieren. Martin sollte auf die Lateinschule gehen, die Universität besuchen (das kostete Geld!) und Jurist werden. Vielleicht würde er der sächsischen Herrschaft als Ratgeber dienen können und Karriere machen. Der Traum eines Vaters, bürgerliche Hoffnung am Beginn der Neuzeit. Doch den Träumen des Vaters machte der Sohn als junger Student eine kräftigen Strich durch die Rechnung. Martin, der das Studium der Jurisprudenz anfing, sattelte von einem Tag zum anderen um. Es traf ihn bei einem Gewitter fast wie ein Blitz, Wochen zuvor war sein bester Freund umgekommen durch eine zunächst harmlose Infektion, zugefügt durch einen Schwertschnitt. Martin – in Todesangst – wollte Mönch werden und suchte im Augustinerkloster einen „gnädigen Gott“, der ihm seine Angst nehmen sollte. Eine Angst, die seine Zeit und die Menschen seiner Zeit teilten und nur durch die Gnadenmittel der Kirche Linderung erfuhr. Oder auch nicht, denn auch diese erwiesen sich oft als hilfreich – als ein fester Anker, aber auch als brüchig, wo Not und Tod die Herrschaft beanspruchten, oft dargestellt in den schreckenerregenden Gestalten der apokalyptischen Reiter, die das Ende der Welt ankündigten. Die waren für die Menschen damals so real, wie für uns das Wissen, dass es die Atombombe gibt.
(c)ThomasBernhard2017

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3 Kommentare

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Eine schöne geschichtliche Zusammenfassung. Was willst du uns damit sagen Thomas?
  • gerade eben
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Nun, der SPIEGEL hat von Luther als dem "ersten Wutbürger" gesprochen. Ich bin dabei zu versuchen, Luther mehr aus der Perspektive seiner eigenen Zeit zu verstehen, Im Moment wird in Luther eine Menge Modernität projiziert. Das steht einem natürlich frei, nur so ganz richtig ist das nicht.
  • gerade eben
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So ganz erschließt sich mir der Sinn des Textes nicht. Geschichtsunterricht, Predigt oder das Wort zum Sonntag.
  • gerade eben
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