Kann es sein, dass man die besten Ideen morgens im Bett hat?
Ich meine insbesondere morgens kurz vor dem Aufwachen, wo man noch nicht genau weiß, in welcher Welt man sich eigentlich befindet.
Also vorgestern hing so eine Frage von der Zimmerdecke herab, und als ich sie gerade noch so erwischte, lautete sie:
„Wieso bekommen eigentlich Haus/Ehefrauen nie ihre Arbeit bezahlt?“
Eine schnelle Überprüfung ergab, dass die Frage grammatikalisch korrekt war. Es handelte sich um keine Entscheidungsfrage, was mich einer Entscheidung augenblicklich enthob, es war eindeutig eine Bestimmungsfrage, die eine klare sachliche Antwort verlangte – und das morgens um 8 Uhr!
Das erste, was mir dazu einfiel – die Sonne fiel schon durch den Fensterspalt, den ich jalousie-frei gelassen hatte -, war das Einstiegsgehalt einer Kindergärtnerin, 2400 €. Es wurde ja gerade schon wochenlang um eine Erhöhung gerungen, zu Recht, wie ich mir geräuschlos selber mitteilte.
Wieso also bekommen Haus- und Ehefrauen n i c h t s, die ihre Kinder 24 Stunden lang betreuen, kochen, waschen, putzen, Krankenschwester spielen, den jeweilig verfügbaren Mann unterhalten – nein, das könnte man weglassen, ein bisschen Spaß muss ja sein – aber im Garten arbeiten und Birnen auf Stroh im Backofen trocknen, Bierkästen schleppen und Gefriertruhen säubern … Heinrich Böll, immerhin ein Mann und Schriftsteller, sagte tatsächlich: „Die einzigen Menschen, die arbeiten, sind Frauen.“
Ich fühlte mich sofort bestätigt.
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WIESO aber gilt dies nicht als „Beruf“? Wieso bleiben all diese von früh bis spät arbeitenden Frauen unbezahlt?
Wenn man statt ein neues Raketenabwehrsystem mit dem schönen Namen DREAM zu kaufen, diesen weiblichen Menschen ein Grundgehalt in Höhe von 2000/Mon. zahlen würde, hätten wir weniger frustrierte Frauen, die tagsüber schuftenden Männer würden abends freundlicher empfangen UND die deutschen Frauen würden wieder 2,4 Kinder zur Welt bringen und nicht nur 1,4.
Ich verstehe es einfach nicht. Ich stand zwar endlich auf, als die Antwort unmissverständlich im Raum stand, aber ich hätte gern gewusst, WARUM man jahrtausendelang einfach davon ausging, Frauen müssten alles umsonst machen.
Natürlich bin ich nicht die Eva Hermann und lasse mich hier nicht entlassen. Ich freue mich natürlich sehr, dass Frauen alle ihre Gaben heute entfalten dürfen – wenigstens in kleinen gesellschaftlichen Oasen. Aber die chronische Unterbewertung des Berufs 'Hausfrau' empfinde ich seit vorgestern als blauen Fleck auf dem Körper unserer Gesellschaft.
Da müsste etwas geschehen, aber nicht erst übermorgen.
© Edith Zeile
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