Postfaktisch ist das Wort des Jahres. Wir, die Kritiker der Politik sind damit gemeint. Ich habe als Postfaktischer versucht, die Haftung Deutschlands für den EUR zu recherchieren.
Diese Statistik ist von 2015 aus Statistika. Die Target2 Salden Deutschlands lagen im Oktober 2016 laut Prof. Sinn im Handelsblatt vom 7.12.2016 bei 811 Milliarden EUR. Zählt man Griechenhilfe (24,2 Mrd.), ESFS (210 Mrd.) und ESM (190 Mrd.) dazu, sind das 1235 Milliarden EUR.
Schwer einzuordnen ist das OMT-Programm der EZB. Dieses ist bis Oktober 2017 verlängert worden und wird sich nach jetzigem Stand auf 2300 Milliarden EUR belaufen. Die EZB hat aber nur ein Eigenkapital von 10,825 Milliarden EUR. Sie kauft mit dem Geld die faulen Kredite der Südstaaten auf. Was passiert, wenn diese pleitegehen oder der EUR fliegt auseinander? Die EZB gehört den nationalen Notenbanken, Deutschland zu 18%.
Professor Sinn hat sich mit den Target2 Salden beschäftigt, hier sein Bericht.
Die von der Bundesbank und der niederländischen Notenbank vergebenen Überweisungskredite werden als Target-Forderungen gegen das Euro-System verbucht. Ende Oktober lagen sie bei netto 808 Milliarden Euro, wovon 708 Milliarden auf die Bundesbank entfielen. Am Mittwoch wurde bekannt, dass die Target-Forderung der Bundesbank allein im November um weitere 46 Milliarden Euro angestiegen ist. Mit einem Wert von 754 Milliarden Euro liegt sie nun auf einem Allzeithoch. Der bisherige Spitzenwert war mit 751 Milliarden Euro auf dem Höhepunkt der Krise im Sommer des Jahres 2012 erreicht worden.
Die Target-Forderungen der Bundesbank umfassen damit fast die Hälfte (49 Prozent) des Nettoauslandsvermögens der Bundesrepublik Deutschland. Umgekehrt lagen die Target-Schulden der südlichen Euro-Länder Griechenland, Italien, Portugal und Spanien (GIPS) Ende Oktober bei 811 Milliarden Euro. Für die GIPS-Staaten sind diese Transaktionen ein prächtiges Geschäft, denn sie tauschen verzinsliche, mit einer Fälligkeit ausgestattete Staatspapiere im Besitz potenziell lästiger Privatinvestoren gegen derzeit unverzinsliche, niemals fällig zu stellende Buchschulden ihrer Notenbanken ein – Institutionen, die ihnen zum Teil nicht einmal gehören und die im Maastrichter Vertrag wegen der fehlenden Nachschusspflicht als Einrichtungen mit beschränkter Haftung definiert wurden.
Sollte es einmal knallen und diese Staaten den Euro aufgeben, gehen die nationalen Notenbanken in Konkurs, weil ihre Target-Schulden auf Euro lauten und ihre Forderungen gegen den jeweiligen Staat und die nationalen Banken in die abwertenden nationalen Währungen umgetauscht werden.
Die Target-Forderungen des Euro-Systems lösen sich dabei in Luft auf, die Bundesbank und die niederländische Notenbank müssen hoffen, dass sich die anderen überlebenden Notenbanken an den Verlusten beteiligen. So oder so werden die deutschen und holländischen Verkäufer der Vermögensobjekte, die nun das viele Geld in der Tasche halten, feststellen, dass sie bloße Papier-Forderungen gegen ihre Notenbanken haben, die nicht gedeckt sind.
Niemand strebt den Knall aktiv an. Für die im Jahr 2018 anstehenden Verhandlungen über eine europäische Fiskalunion mit systematischen Nord-Süd-Transfers kann es jedoch kein Schaden sein, wenn die Regierungen Deutschlands und der Niederlande schon einmal wissen, was ihnen droht, wenn sie nicht unterschreiben.
Prof. Sinn Handelsblatt 7.12.2016
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