Filter Bubble – Filterblase
Schon mal gehört? - Nein, es geht dabei nicht um einen Defekt an eurer Kaffeemaschine, also nicht darum, dass der Filterkaffee plötzlich Blasen wirft. Weit gefehlt! Es geht um etwas, was es eigentlich gar nicht gibt, was in der realen Welt nicht existiert – etwas Virtuelles also. Und dennoch betrifft es uns alle, oder doch zumindest alle die, welche jetzt diesen Beitrag lesen. Jawohl, Ihr seid gemeint: Du... und du....und du auch! Ihr alle befindet euch nämlich mitten drin, in der Filterblase.
Ihr habt davon noch nichts gemerkt? - Das ist es ja gerade, was die Sache so verzwickt macht: ihr sollt es nicht merken, denn wenn ihr euch dessen bewusst wärt, wärt ihr schon beinahe wieder raus, aus der Blase nämlich. Dabei sollt ihr drin bleiben und euch dort wohl fühlen. Das ist ja der beabsichtigte Zweck der Blase: sie filtert alles aus, was von draußen hereinkommen und euer Wohlbefinden stören könnte.
Erfunden wurde das Ganze von der modernen Medienwissnschaft. Ihre bekanntesten Vertreter sitzen bei Google, Facebook und Konsorten. Vielleicht auch bei Wize.Life – wer weiß das schon?
Betrachten wir mal die beiden Erstgenannten: Ihr habt euch bestimmt schon mal gewundert, dass Google auf alle eure Fragen eine Antwort weiß. Google weiß aber noch viel mehr – nämlich auch alles über euch. Und daher zeigt euch Google nicht immer alles, was Google weiß, sondern nur noch das, was euch passt. Ihr seht nichts anderes mehr. Die Restwelt bleibt euch verschlossen.
Seid ihr auch in Facebook aktiv? Dann habt ihr sicher dort viele Freunde, die euch ständig nette Posts senden. Und ihr antwortet euren Freunden, indem ihr ihnen 'Likes' schenkt, wenn euch etwas besonders gefällt. Facebook merkt sich alles, ganz besonders aber eure 'Likes'. Und bald kommt euch nur noch das auf euer Smartphone und euer Tab, was ihr gerne habt oder gerne hättet. Google und Facebook sind daran interessiert, dass ihr euch in eurer Bubble wohlfühlt und filtert daher alles aus, was euch ärgert, was euch nicht passt, was ihr nicht mögt. Und bald enthält eure 'Blase' nur noch das, was ihr favorisiert.
Ist das eigentlich so neu, wie es den Anschein hat? Gab es nicht schon immer Filterblasen? Kennen wir nicht schon ewig die Geschichten von Herrschern, von Königen, denen von ihren Einflüsterern, ihren Hofschranzen ein ganz bestimmtes Bild der Welt, so wie sie auszusehen hat, vorgegaukelt wird? Minister können nicht alles aus eigener Kompetenz regeln, sind meist zu gehetzt von Terminen, um ihre Reden selbst zu schreiben, sind daher auf die Zuarbeit ihrer Beamten angewiesen, die ihnen die für ihre Entscheidungen notwendigen Informationen liefern. Ja, auch sie leben und arbeiten in einer 'Bubble', in einer Informationsblase. Das Gleiche gilt für die Führungsetage von Firmen und Konzernen. Ist es daher verwunderlich, wenn sich in der Politik wie in der Wirtschaft oft nur wenig oder nichts ändert, selbst wenn die Köpfe hin und her rollen?
Die weit verbreitete Angst vor Überfremdung, die Furcht vor Flüchtlingen, vor Zunahme der Kriminalität, vor Identitätsverlust – all das sind Filterblasen. Wer einmal in einer von ihnen – oder gar in mehreren gleichzeitig – gefangen ist, hat es schwer, wieder herauszukommen. Informationen, die ihm helfen könnten, den Ausweg zu finden, erreichen ihn gar nicht mehr. Google und Facebook tun alles, um ihn unter 'Seinesgleichen' zu halten. Sehr bald ist er überzeugt, dass praktisch alle genau so denken wie er. Die Filterblase sorgt dafür, dass alles außen vor bleibt, was nicht zur eigenen Sicht passt. Das Ergebnis sind Zwangsneurosen und die Bildung politischer Lager, die sich bis aufs Messer bekämpfen und einander verteufeln.
Was ist der Ausweg aus dem Dilemma, in dem wir uns – mehr oder weniger – alle befinden?
Wollen wir uns aus der Blase befreien, hilft nur eines: wir müssen uns öffnen, bereit sein für Neues, ständig unser eigenes Denken überprüfen und uns wieder und wieder bemühen zu erkennen, was das wirklich Gute ist. Inmitten aller Widersprüche dieser Welt das rechte Maß zu finden ist nicht leicht und erfordert Besonnenheit und Gelassenheit, aber auch Intuition. Vor allem aber erfordert es Offenheit für alles Neue.
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