Postfaktisch ist das Wort des Jahres. Und das ist gut so. Postfaktisch sind Trump-Wähler, also desinformierte Hinterwäldler. Postfaktisch sind Leute, die Boris Johnson vertrauen. Postfaktisch ist eigentlich die schweigende Mehrheit.
Dazu folgende Richtigstellung:
1 Für die Medien — nehmen wir mal die deutschen und hier insbesondere ARD, ZDF und RTL — war 2016 ein verheerendes Jahr. Brexit nicht vorhergesagt, vom Trump-Sieg überrascht, von der zunehmenden Ablehnung Merkels und deren sogenannter Flüchtlingspolitik geschockt, sucht man nach Schuldigen.
2 Zunächst einmal waren das „die Meinungsforscher“. Aber die hatten sich, sowohl in Großbritannien als auch in den USA, nicht wirklich festgelegt. Das tatsächliche Ergebnis lag innerhalb der statistischen Fehlerquote. Verrannt hatten sich die Schnibbens und Hayalis und sonstigen „Haltungsjournalisten“.
3 Dann kam man auf die „Dummheit der Wähler“, die sich in den falschen — also postfaktischen — Medien wie Fox oder Internetportalen informiert hätten. So wurde „postfaktisch“ zum Begriff — inzwischen eher ein Witz.
4 Da kam man auf Putin, den bösen Buben vom Dienst. Der ist nicht nur verantwortlich für Syrien und die Krim, nein, Putin hat auch die US-Wahlen manipuliert. Pfui. Hoffentlich schafft er das nicht bei Merkel 2017. Denn, unbestreitbar, das Postfaktische gibt es ja. Nehmen wir nur mal den Weihnachtsmann. Es gibt Menschen, die glauben an ihn und nicht nur an Trump — und umgekehrt.
Auf den Gedanken, dass die meisten lupenreinen Postfaktischen inzwischen bei ARD, ZDF und RTL sitzen, kommen die Betroffenen leider nicht. Sie glauben an den Mumpitz, den sie selbst verbreiten.
VON HANS-HERMANN TIEDJE Aus Euro am Sonntag
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