Laura
Und in dieser Nacht, in dieser vom Meeresleuchten umglitzernden Nacht, steigt sie mit silbernen Haaren aus dem Meer: Laura. Ihre runden Brüste leuchten im Mondschein und bis zum Bauch ist sie ein Weib mit tanggrünen Augen und einem rotknospenden Krebsmund. Ihr Unterleib aber ist ein schuppiger Fischschwanz. Sie winkt mir zu, ich gehe ihr entgegen und ich verstehe, sie kann sich am Strand nur mühsam fortbewegen. Ihre Augen schauen zum Strandpavillion und ich trage sie an die Bar, sie bestellt einen Gin Tonic. Offenbar ist sie ein bekannter Gast, wie mir das Lächeln des Barkeepers verrät. Sie komme aus Kolumbien verrät sie mir und freut sich, dass ich Garcia Marquez kenne. In Den Haag studiere sie Internationales Recht und dazu lege sie ihren Fischschwanz ab. Ich lade sie ein, mich zu begleiten entlang der belgischen und französischen Küste bis Honfleur an der Mündung der Seine und flußaufwärts bis Paris. Ihr Führerschein gilt nur in Kolumbien, meint sie als ich sie als Chauffeurin engagieren will, aber ansonsten hat sie Zeit bis zum Wintersemester.
Wir trinken noch einen Gin Fizz und sie erklärt mir, dass sie heute Nacht ihren Fischschwanz nicht ablegen kann, ob ich sehr enttäuscht sei? Ich sage ihr , ich sei auf der Suche nach der verlorenen Zeit und da spiele dies keine Rolle. Sie schlägt vor, noch eine Bittergarnitur zu essen, dann könne ich sie wieder ins Meer tragen. Morgen bei Sonnenuntergang komme sie wieder – ohne Fischschwanz. Abend für Abend sitze ich im Strandpavillion Paal 14, trinke Gin Tonic, esse Bitterballen und schaue bei Sonnenuntergang in das bleigraue Meer und der Barkeeper sagt, er kenne keine Nixe mit dem Namen Laura.
C: JS Geschrieben am 01. Juni 2017 im Strandpavillion Paal 14 bei Sonnenuntergang
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