Alzheimer, Herzinfarkt, Diabetes, Darmkrebs: Dieser Keim soll an fast allen Erkrankungen schuld sein

Foto-Quelle: Pixabay

Porphyromonas gingivalis ist ein stäbchenförmiges Bakterium, das Paradontits auslöst.

Ist ein Keim, der Paradontitis auslöst, schuld an Alzheimer, Diabetes, Herzinfarkt und chronisch entzündeten Gelenken? Jüngste Forschungsergebnisse deuten darauf hin. Die Erkenntnis eröffnet den Wissenschaftlern ganz neue Möglichkeiten in der Bekämpfung der Volkskrankheiten. Beim Pharma-Konzern Cortexyme in Kalifornien wird derzeit ein Medikament getestet, das Alzheimer stoppen soll.

Die Wissenschaftler konzentrieren sich auf ein einen in der Zahnmedizin bekannten Keim: Die Mikrobe "Porphyromonas gingivalis" sorgt für Erkrankungen des Zahnfleischs, des Zahnhalteapparats sowie des Kieferknochens. Möglicherweise spielt der Keim aber auch bei Alzheimer, Herz-Kreislauf-Erkranungen, Darmkrebs oder entzündeten Gelenken eine Rolle.

Wie "Bild am Sonntag" berichtet, ist es den Forschern jetzt gelungen, mit neuen DNA-Methoden den Keim an unterschiedlichen Krankheitsherden im Körper aufzuspüren. Etwa in verengten Herzkranzgefäßen, im Gehirn von Alzheimer-Patienten, in chronisch entzündeten Gelegen, bei Diabetes-Patienten, bei Darmkrebs und bei Müttern mit Frühgeburten. Das stäbchenförmige Bakterium ist dabei hundertmal kleiner als der Durchmesser eines Haares.

Paradontitis-Keim in Gehirnen von Alzheimer-Patienten

Eine Studie aus dem Frühjahr belegt diese Beobachtung. So fanden Forscher aus den USA, Polen und Australien in über 90 Prozent der Gehirne verstorbener Alzheimer-Patienten und im Gehirnwasser lebender Kranker Spuren des Keims. Mikrobiologie und Studien-Autor Jan Potemka sagte:

Porphyromonas gingivalis tritt bei einer Vielzahl von chronischen entzündlichen Krankheiten auf. Bei Alzheimer aber sind wir am nächsten dran zu belegen, dass das Bakterium die Krankheit verursachen kann.

Keim gelangt über die Mundhöhle ins Blut

Dafür spricht auch ein Test an Mäusen, deren Mundhöhlen mit dem Bakterium infiziert wurden. Der Keim wanderte in die Gehirne und führte zu Alzheimer-ähnlichen Schäden.

Beim Menschen gelangt die Mikrobe aus der Mundhöhle durch kleine Verletzungen beim Essen, beim Zähneputzen oder beim Verwenden von Zahnseide ins Blut und breitet sich von dort weiter aus. In Deutschland leiden laut Professor Thomas Kocher, Direktor der Poliklinik für Zahnerhaltung, Parodontologie, Endodontologie, an der Uni Greifswald rund 14 Prozent der 40-Jährigen und 40 Prozent der 70-Jährigen an Paradontitis, die durch das Bakterium ausgelöst wird.

Gute Mundhygiene reduziert Risiko

Um den Porphyromonas zu bekämpfen, ist gute Mundhygiene unumgänglich. "Vor allem die Reinigung der Zahnzwischenräume vermindert die Keimzahl erheblich", so Kocher. Diese würde sich auch positiv auf andere chronische Erkranungen im Körper auswirken.

So sinken bei Diabetes nach einer Parodontose-Behandlung die Blutzuckerwerte.

Forscher arbeiten an Impfung und Medikament

Derzeit arbeiten die Forscher an einer Impfung. Auch Versuche, die Bakterien mit Blaulicht zu bekämpfen sollen vielversprechend verlaufen, sagte Immunologin Caroline Genco von der Tufts University (USA), Expertin für den Porphyromonas-Keim, zur "BamS".

Im kalifornischen Pharma-Unternehmen Cortexyme wird derzeit ein Medikament getestet, dass einen Giftstoff blockiert, der vom Porphyromonas-Keim hergestellt wird. Es könnte der lang ersehnte Weg sein, Alzheimer und Co. zu stoppen.

AUCH INTERESSANT

Kampf gegen Krankheiten: Cambridge-Forscher kehren Alterungsprozess von Gehirnzellen bei Ratten um

Hier klicken und mitdiskutieren