Bindestrich -
Gedankenstrich ̶
eine philologische Petitesse?
Es hat mich nun gepackt, natürlich am 1. Mai, dem Tag der Arbeit, obwohl ich auch sonst keinen Tag zu schänden meine, wenn ich ein wenig arbeite!
Übrigens gleich vorweg: Idiomatische Wendungen wie „auf den Strich gehen“ oder dgl. werden hier nicht berücksichtigt, es geht um nichts weniger als einfache Striche, ohne die nun mal die deutsche Sprache noch nicht auskommt.
Am bekanntesten ist da ja der Bindestrich.
Da es ja Wortungetüme gibt wie z.B. 'Gedankenkarussell' oder 'Erstaufnahmeeinrichtungsproblem', die am Ende einer Zeile oft auseinandergerissen werden müssen, z.B. Ge-dan-ken-ka-rus-sell, musste der Bindestrich erfunden werden.
Seine Eigenschaft ist also zu v e r b i n d e n.
Man findet den kurzen Strich - auch auf der Tastatur an einem optimalen Platz und ist zufrieden.
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Man wäre nun ̶ gerade als Philologe ̶ sehr glücklich, wenn es dabei bleiben würde, wenn es nicht noch einen waagerechten Strich, gäbe, der sich anmaßt, l ä n g e r zu sein als der Bindestrich.
Das reklamiert eben der Gedankenstrich für sich, der sich schon mit dem entsprechenden Namen schmückt: GEDANKENstrich.
Denken und Binden ̶ was für Gegensätze! Der eine Strich also -, der andere ̶ .
Wann MUSS nun der Gedankenstrich eingesetzt werden?
Manche Sprecher reden lawinenartig. Das heißt, die Sprechlawine rutscht ohne Widerstand, ohne einzuhalten, den Berg hinunter.
Andere aber erlauben es sich, die Spannung zu steigern, indem sie „in Parenthese sprechen“. Das heißt, sie legen Pausen ein, fügen einen ganz neuen Aspekt hinzu, erhöhen dadurch die Neugierde des Hörers, und schon sind da Gedankenstriche abrufbereit!
Ein Beispiel wird alles erklären:
„Er versprach ̶ und ein Lächeln huschte über sein Gesicht ̶ , alles rückhaltlos aufzuklären.“
Gedankenstriche haben also die Funktion, eine U n t e r b r e c h u n g herbeizuführen, oft auch, einen Gegensatz anzusprechen.
Sie sind also syntaktisch das absolute Gegenteil des Bindestrichs.
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Als halbwegs akkurater Philologe sucht man nun beim Tippen eines Textes verzweifelt nach einem solchen l a n g e n Gedankenstrich. Man findet ihn nicht. Es gibt ihn nicht!
Neben einem Plus-Zeichen + hätte auch ein ̶ Zeichen Platz gehabt, denn auch in einer Mathematikaufgabe wie z.B. 10 ̶ 9 = 1 darf kein Bindestrich stehen.
Auch die Entfernung Hamburg ̶ Heidelberg verlangt einen langen Strich.
Zunächst setzt man, wenn solche Parenthesen (Einschübe) auftreten, verzweifelt die kurzen Bindestriche, man verdoppelt sie gelegentlich –, und wenn das Glück einem hold ist, verfließen sie ineinander.
Aber leider geschieht das nicht immer.
Der Lektor, der ein 'druckfertiges Manuskript' liest und dauernd über zwei nebeneinander stehende Bindestriche --
stolpert, rauft sich die Haare.
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Heute kam mir endlich die Erleuchtung! Sonderzeichen!
Aber so eine aufwendige Prozedur: Einfügen - Sonderzeichen - Suche - Ok
Maifeiertag! Am glitzernden Neckar sitzen die fleißigen Sonnenanbeter, und ich WILL verbessern: Ein 150 S. umfassendes Manuskript mit Hunderten von --. sozusagen Schlendrian-Gedankenstrichen, muss endlich akribisch korrigiert werden.
Wollen Sie mir helfen?
Gibt es vielleicht noch eine andere Möglichkeit, lange Striche ̶ durch Fingerdruck hervorzubringen?
ez
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