So gut ich kann, versuche ich diese und weitere Fragen zu beantworten. Es geht um ein Bildmotiv des Isenheimer Altars (1506 - 1515) - noch genauer: Um die rechte Tafel (erste Öffnung) im Format von 269 mal 143 Zentimeter.
Zuerst die naheliegenden Fragen: Wer war der Künstler? und was malte er? Nun zum Namen: Heute ist es allgemein üblich „Matthias Grünewald oder Matthias von Aschaffenburg“ als gut einzuprägenden Künstlernamen zu gebrauchen, obwohl genauere Namens-Dokumente immer noch erfolglos gesucht werden. Auch zwei unterschiedliche Forscherkreise bringen die Namen „Mathis Gothart-Nithart“ und „Mathis Nithart-Gothart“ ins Spiel. Der erste soll in Würzburg geboren und in Halle/Saale gestorben sein und der zweite hatte seinen Lebensraum in und um Aschaffenburg herum.
Der Maler und erste „Grünewald“-Biograf Joachim von Sandrart (1608 - 1688) nebst Zeitgenossen wie dem Drucker Bernhard Jobin, dem Sammler Basilius Amerbach und dem Verleger Vincenz Steinmeyer sorgten für die Aufnahme des Malers ins kunsthistorischen Hauptwerk „Teutsche Academie der Edlen Bau-, Bild- und Mahlerey-Künste“ unter dem Namen „Matthaeus Grünewald“ bzw. „Matthias von Aschaffenburg“. Neben den Eintragungen von „Lucas“ (Cranach d. Ä.) und der großen Verehrung von „Durerus“ (Albrecht Dürer) existiert auch folgende Bemerkung: „In seinen Lebzeiten, sei unter anderen „auch berumpt gewesen der wunderbare künstler und Maler Matthes von Aschaffenburgk, dessen künstlich gemäld man jtziger zeit noch zu Leßheim (also Isenheim) bey Colmar, wie dann auch zu Maintz im Thumb, zu Aschaffenburgk und an andern orthen mehr findet“.
Der Isenheimer Altar, ein Weltkulturerbe
Ursprünglich stand im Antoniterkloster zu Isenheim (Dorf etwa 20 Kilometer von Colmar entfernt) ein Wandelaltar, auch „Retabel“ genannt. Durch Auf- und Zuklappen ergeben sich verschiedene Bildkompositionen und Bedeutungsebenen. Der „Isenheimer Altar“ verfügt über drei „Öffnungen“. Als Ausgangsposition präsentiert sich „Die Kreuzigung“ und „Die Grablegung“, flankiert von Gemälden des Hl. Sebastian und des Hl. Antonius. Bei der ersten Öffnung zeigt sich rechts außen „Die Auferstehung“ oder „Die Himmelfahrt“. Um diesem wertvollen Altar den größtmöglichen Schutz zu gewähren, transportierte man ihn schon im Jahre 1793 in die Distrikt-Hauptstadt Colmar (Elsass/Frankreich). Noch bis zum 18. Oktober 2015 ist das Museum Unterlinden (wegen Baumaßnahmen) in der Dominikanerkirche Colmar zu Gast. Hier ist aber der Altar zu bewundern!
Auferstehung oder Himmelfahrt?
Über diese Begriffe wird theologisch sehr rege debattiert. Laut kirchlichem Terminkalender gibt es zwei Geschehen, eines zu Ostern (... gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten ... ) und vierzig Tage später Himmelfahrt (aufgefahren in den Himmel...) - die Klammertexte = Wortlaut des ökumenischen Glaubensgekenntnis.
Die Auferstehung Jesu
(Matth. 27,62-66)
Das biblische Geschehen: Nach dem Tode von Jesus Christus stellten die Hohenpriester mit Genehmigung von Pilatus an seinem Grab eine bewaffnete Wache auf, da man einen Leichnams-Raub fürchtete, zumal man ein von-den-Toten-auferstehen nach drei Tagen prophezeite.
]Die Himmelfahrt Christi
(Apostelgeschichte 1,4-12 - Markus 16,19 und Lukas 24,50-52)
Das biblische Geschehen: Vierzig Tage nach seiner Auferstehung beauftragte Jesus seine Jünger Augenzeugen und Botschafter für die ganze Welt zu sein. Auf dem Ölberg, der Jerusalem gegenüber liegt, fand nun folgendes statt: Jesus wird emporgehoben und verschwindet in einer Wolke. Zwei weißgekleidete Engel sprachen zu den staunenden Apostel „so wie ihr ihn habt weggehen sehen, wird er wiederkommen.“
Und nun, was zeigt Matthias Grünewalds Altartafel?
Laut Kunstgeschichte und Theologie schildert Matthias Grünewalds Altartafel nicht nur die Auferstehung und die Himmelfahrt Christi sondern auch die Verklärung des Herrn.
Als Hintergrund dient „die Finsternis des Sternenhimmels“ und ganz dominant erstrahlend ein energiereicher riesiger Sonnenkreis. Im Zentrum des weißglühenden Lichtkreises erscheint die Figur Christus, der Körper ist schneeweiß mit einer schwachen gelblichen und roten Zeichnung der Gesichtszüge und Wundmale. In dem Matthias Grünewald Christus, nach italienischem Muster, mit erhobenen Händen darstellte, verdichtete er sogar drei biblische Geschichten (Auferstehung, Himmelfahrt und Verklärung) zu einer Szene. Im Bericht (Lukas 24,39) erscheint Jesus nach der Auferstehung den Aposteln, die daraufhin erschraken und an einen „Geist“ glaubten. Sie erhielten jedoch die Versicherung „Sehet meine Hände und meine Füße: Ich bin‘s selber. Fühlet mich an und sehet; denn ein Geist hat nicht Fleisch und Bein, wie ihr sehet, dass ich habe“ ... (Lukas 24,51) „Und es geschah, da er sie segnete, schied er von ihnen und fuhr auf gen Himmel.“
Die Verklärung Jesu
Genau diesen Augenblick stellte Matthias Grünewald dar, in dem er Christus, seine Stigmata zeigend, zum Himmel auffahren lässt. Dieses Aufsteigen im strahlenden Lichtkreis, in die finsterne Nacht mit der Blendung der Wachen, verweist auf die „Verklärung Jesu“. Diese Geschichte passiert auf dem Gipfel des Berg Tabor, wo Christus seine körperliche Erscheinung ändert. “Und es ward verklärt vor ihnen, und sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden weiß wie das Licht.“ (Matthäus 17,2) Die ikonographische Verdichtung wird nicht allein durch das Aufsteigen Christi in den Himmel, sondern vor allem durch das Licht, welches von ihm ausstrahlt, erzeugt.
Zu Ehren von Matthias Grünewald komponierte Paul Hindemith 1934 die Oper „Mathis, der Maler“.
Links:
(Matthias Grünewald)
http://de.wikipedia.org/wiki/Matthias_Grünewald
(Isenheimer Altar)
http://de.wikipedia.org/wiki/Isenheimer_Altar
http://www.zirndorf-evangelisch.de/G...erAltar.pdf
(zusätzliche Deutung) (Dr. Joerg Sieger)
http://www.joerg-sieger.de/isenheim/...s/i_09t.htm
(Museum Unterlinden, Colmar)
http://www.google.de/search?hl=de&source=hp&q=museum+unterlinden+colmar&gbv=2&oq=Museum+Unterlinden+Colmar&gs_l=heirloom-hp.1.0.0j0i22i30l6.131207.148761.1.153267.25.22.0.3.3.0.361.2946.0j14j3j1.18.0.msedr...0...1ac.1.34.heirloom-hp..5.26.3541._aiV9u3Mdkc
Map-Data:
Musee Unterlinden, 1 Rue des Unterlinden, 68000 Colmar, Frankreich
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