Fränkisch für Anfänger
Fränkisch für AnfängerFoto-Quelle: Klaus M. CC-BY-SA-3.0

Fränkisch für Anfänger

Christine Kammerer
Beitrag von Christine Kammerer
Diesen Inhalt jetzt auf Facebook teilen!
Diesen Inhalt jetzt auf Twitter teilen!

Der Franke ist von Natur aus komprimiert, seine Sprache ist prägnant und kompakt. Er reduziert den gesprochenen Text auf das Wesentliche ein wie die Soß zum Kloß. Während der Bayer zum Beispiel wortreich herumschwadroniert, warum er sich nicht in der Lage sieht, der Logik seines Gegenübers zu folgen, kommentiert der Franke die Situation lapidar mit: „Su a Gschmarri!“ (So ein Blödsinn!) Und das ist nicht etwa grob beleidigend gemeint, wie der unbedarfte Zugereiste in seiner Unkenntnis der fränkischen Wesensart vielleicht annehmen könnte, sondern lediglich eine präzise Feststellung offensichtlicher Tatsachen.

Da ist der Franke staubtrocken. Er würde ja angesichts eines wirklich tragischen Ereignisses auch nicht in hysterisches Gezeter verfallen, sondern jede noch so fatale Situation schlicht mit einem stoischen „bled gloffn!“ (blöd gelaufen) quittieren. Und ebenso wenig wird er in einen enthusiastischen Freudentaumel ausbrechen, falls er zum Beispiel im Lotto gewinnen sollte. Drei Millionen? Bassd scho! Letzteres ist gewissermaßen der Inbegriff seiner allgegenwärtigen philosophischen Skepsis dem Leben im Allgemeinen, überhaupt, insbesondere und generell gegenüber. Und drei Millionen sind eben a ned verkäiard (nicht verkehrt). So viel zum ideologischen Unterbau der fränkischen Sprache. Denn der ist eminent wichtig für das Verständnis des Klangbildes: Immer etwas grantig, mumpfelig und barsch, aber auf gar keinen Fall auch nur ein ganz kleines bisschen zu positiv oder am Ende vielleicht sogar euphorisch.

Fränkisch, praktisch, gut
Auch komplizierte verbale Verrenkungen sind nicht seine Welt. Während der rheinländische Dienstleister sich für einen überfälligen Termin in landestypisch sinnfreier Umständlichkeit mit den Worten „das habe ich gestern schon getan haben wollen“ entschuldigen würde, wird Ihnen der Franke auf Ihre Nachfrage nur mit einem verständnislosen „Hä?“ begegnen. Termine? Vage Orientierungshilfen. Im Zweifelsfall: „Glei.“ Was so viel bedeutet wie heute, morgen oder in einer Woche. Es ist aber aus seiner Sicht eine präzise Ansage, eine verbindliche Zusage und gleichzeitig ein Ausdruck seiner überaus gewählten Umgangsformen.

Die Franken selbst sind ja mächtig stolz auf ihren Dialekt. Warum auch immer. Vielleicht weil sie so viele davon haben? Es ist nämlich immer das gleiche mit den Franken: Sie sind sich untereinander über gar nichts einig und selbst bei der Sprache gibt es unüberbrückbare Differenzen. Die einzige Gemeinsamkeit besteht bestenfalls darin, dass alle Franken Mitglied im Verein zur Rettung von dem Genetiv sind. Ansonsten macht jede Region ihr eigenes Ding und deswegen hat auch jedes noch so kleine Kafferndorf seinen eigenen Dialekt. Sogar in der Nürnberger Nordstadt wird anders gesprochen als im Süden. Und in Fürth sowieso.

Die Nürnberger sind Oberpfälzer!

Aus dem Madla (Mädchen) wird schon zwei Kilometer weiter ein Madle oder ein Madli und da ist der Franke eigen. Auch wenn sich dem Zugereisten die Logik – wie so oft – keineswegs auf den ersten Blick erschließt. Aber schließlich haben ihnen die bösen Bayern damals nichts weniger als die Freiheit genommen und deswegen ist der Franke bis heute arg misstrauisch gegenüber potenziellen Übergriffen. Und sei es nur verbal. Wegnehmen lässt er sich jedenfalls ganz bestimmt nichts mehr, nicht einmal das Tüpfelchen vom i.

Einen Identitäts-Diebstahl unerhörten Ausmaßes beging jüngst auch die Universität Erlangen-Nürnberg. Denn, so der Dialektforscher Alexander Mang: "Wenn man sich den Nürnberger Dialekt genau anschaut, kann man ungefähr genauso viele fränkische wie oberpfälzische Merkmale ausmachen". Die Nürnberger sind also demnach mindestens halbe Oberpfälzer. Tja, liebe Franken - bled gloffn!

Die Grundkenntnisse
Haben Sie eigentlich schon mal einem Franken zugehört, der sich redlich bemüht, hochdeutsch zu sprechen? Das ist so ziemlich das einzige, was sich noch lustiger anhört, als ein Franke, der gepflegt fränkisch spricht. Die Herren Beckstein und Söder zum Beispiel. Oder der Lodda. Weil der Franke nämlich auch im Hochdeutschen keine harten Konsonanten sprechen kann und sie tann aper kanz pesonters petont. Das ist die so genannte fränkische Hyperkorrektion.

Fränkisch zu lernen ist aber auch wirklich nicht einfach. Das liegt wie gesagt vor allem daran, dass es fränkisch gar nicht gibt. Das Fränkische an sich. Aber es gibt einige Grundregeln, mit Hilfe deren Sie sich in weiten Teilen Frankens mühelos verständigen können. Lockern Sie zunächst Ihre Zunge und üben Sie das Lallen der Laute. Nötigenfalls unter Zuhilfenahme einschlägiger fränkischer Lallhilfen. Und nicht vergessen: Immer den ganzen Mund voll „L“ nehmen! Und zwar das tiefer gelegte L, das auch im nüchternen Zustand immer leicht alkoholisiert klingt. Dann noch die Silben schlucken und das „R“ vorne im Gaumen rollen wie zum Beispiel in „Horrrch amal!“

Sprechen Sie einfach alles butterweich aus: „T“ wie Deodor, „P“ wie Babba und „K“ wie Glubb. Die Sprachbegabten unter Ihnen können sich jetzt schon mal an folgendem Satz versuchen: „Da Babba dringd an Dee.“ (Der Papa trinkt einen Tee) Was natürlich wieder eine dieser klassischen Duden-Fehlkonstruktionen ist, dafür aber pädagogisch wertvoll. Weil da Babba dringd kan Dee, sondern a Seidla oder an Schobbn.

Wenn Sie die Grundzüge soweit verinnerlicht haben können wir zur erweiterten Technik übergehen und uns den Ausnahmen widmen: Urplötzlich und unvermutet tauchen im Fränkischen nach einer vollkommen unergründlichen Logik harte Laute auf und zwar mit Vorliebe dort, wo keiner sie jemals vermuten würde. Zum Beispiel in „Senft“. Alles andere sind Feinheiten. Und die kommen im wirklichen Leben eines Franken sowieso praktisch nie vor.

Dialektatlas #109 - Fränkisch 1/2
Dialektatlas #109 - Fränkisch 1/2

Verwandte Beiträge:

Der Franke ist kein Bayer - eine kleine Charakteristik der fränkischen Wesensart

Bassd fei scho – philosophische Betrachtungen zur bayerischen Mundart

Oberpfälzisch für Anfänger

Links:

Dialektatlas #110 - Fränkisch 2/2

Deutsche Welle Landeskunde Fränkisch

Die Franken und ihr Dialekt

Hochdeutsch - Fränkisch

Wei schreib´in fo Oofang oo a gschaids frängghisch? (auf eine Übersetzung wurde aus nachvollziehbaren Gründen verzichtet – no dransläischon available)

90402 Nürnberg auf der Karte anzeigen:
Hier klicken um Karte zu öffnen