"Völlig überteuert" - Verbraucherschützer warnen vor Betrug mit Leitungswasser

Foto-Quelle: Henryk Niestrój / pixabay

Das Wasser aus dem Hahn in Deutschland hat in der Regel Trinkwasserqualität

Von News Team, verfasst am 21.03.2019, 10:01 Uhr

Zunehmend werden auf Informationsveranstaltungen und in den sozialen Medien Ängste geschürt, das Trinkwasser sei belastet. Dahinter steckt meist ein Verkaufstrick. Die Verbraucherzentrale Hamburg warnt: "Lassen Sie sich nicht das Geld aus der Tasche ziehen."

Bei der Verbraucherzentrale Hamburg melden sich vermehrt Ratsuchende, weil sie befürchten, angebliche „Wasserschadstoffe“ im Trinkwasser könnten ihre Gesundheit beeinträchtigen. Über Social-Media-Kanäle und im Direktvertrieb wurden ihnen spezielle Geräte empfohlen, die die Qualität von Leitungswasser verbessern sollen, erläutern die Verbraucherschützer. Sie warnen vor den teils unseriösen, völlig überteuerten Angeboten.

Lassen Sie sich nicht das Geld aus der Tasche ziehen

Wie die Anbieter vorgehen

Die Verbraucherzentrale führt das Beispiel von Frau K. an: Sie hörte mit Bekannten über über das Internet einen Vortrag zum Thema Trinkwasser. Dort erzählte man ihr, dass im Leitungswasser viele Schadstoffe enthalten sein können wie Keime, Medikamentenrückstände, Pestizide oder auch Blei. Mit einem Wert von 370 Mikrosiemens sei ihr lokales Wasser „belastend“. Durch Filtern könne man die Trinkwasserqualität jedoch verbessern. Das hierfür notwendige Gerät koste 3594 Euro. Das sei eine gute Investition, um die Gesundheit zu schützen.

Verbraucherschützer warnen vor „völlig überteuerten“ Filtersystemen

Der Mikrosiemens-Wert gibt nach Auskunft der Verbraucherschützer lediglich an, wie leitfähig Wasser ist. Je höher der Wert, desto mehr Salze sind im Wasser gelöst. Laut Trinkwasserverordnung liegt der Grenzwert bei 2790 Mikrosiemens pro Zentimeter. Das Leitungswasser von Frau K. sei also vollkommen in Ordnung.

Die Zentrale warnt, es handle sich um unseriöse Anbieter, die mit pseudowissenschaftlichen Erkenntnissen Ängste schüren, um ihre „völlig überteuerten“ Messgeräte und Filtersysteme zu verkaufen.

„Aggressive Verkaufsmethoden“

Es gebe auch kostenlose Info-Terminen, auf denen die Veranstalter insbesondere ältere Menschen gezielt beunruhigten und sie in „bester Kaffeefahrtenmanier mit aggressiven Verkaufsmethoden unter Druck“ setzten.
 

Wie die Experten die Argumente der Anbieter entkräften:

  • „Das Leitungswasser in Deutschland ist gar nicht so gut.” - Verbraucherschützer: Die Qualität unseres Trinkwassers wird regelmäßig überprüft. Für kein anderes Lebensmittel gibt es so strenge und engmaschige Kontrollen. Die festgelegten Grenzwerte sind vollkommen ausreichend.
  • „Leitungswasser kann mit Legionellen verunreinigt sein.” - Verbraucherschützer: Sollte Trinkwasser tatsächlich Legionellen enthalten, so betrifft das die Hausleitungen und nicht das öffentliche Wassernetz. Filter helfen hier nicht weiter.
  • „Trinkwasser kann Medikamentenrückstände enthalten.” - Verbraucherschützer: Der Großteil der Hamburger Brunnen führt tief hinab ins Erdreich. Medikamentenrückstände sind in den dortigen Wasserschichten nicht zu finden. Problematisch können Medikamente dann werden, wenn Wasser mittels sogenannter Flachbrunnen nah an der Oberfläche gewonnen wird. (Mehr Informationen erhalten Sie bei ihrem lokalen Wasseranbieter, Anm. d. Red.)
  • „Leitungswasser kann Nitrat enthalten.” - Verbraucherschützer: Stimmt. Übersteigen die gemessenen Mengen die Grenzwerte, wird das Wasser aber nicht als Trinkwasser an die Haushalte ausgeliefert.
  • „Leitungswasser kann mit Blei belastet sein.” - Verbraucherschützer: Dieses Problem betrifft vor allem die Leitungen in älteren Häusern und nicht das örtliche Wasserleitungsnetz. Sind die Bleiwerte im Trinkwasser zu hoch, hilft auch ein Filtersystem nicht weiter. Der Austausch der Hausleitungen sollte dann erste Priorität haben. Auch andere Quellen für die Bleiverunreinigungen sollten Betroffene in Betracht ziehen. So kann Blei beispielsweise über Armaturen ins Trinkwasser gelangen oder durch Kaffee- und Espresso-Maschinen.

Tipp: Wer hinsichtlich der Qualität des Leitungswassers verunsichert ist, kann sich an den lokalen Wasserversorger wenden oder auch ein Labor mit einer Wasseranalyse beauftragen. Je nach Ergebnis lassen sich dann weitere und vor allem die richtigen Schritte in die Wege leiten.

Filter sind in den meisten Fällen gar nicht notwendig, sie verschlechtern die Qualität des Wassers nach Angaben der Verbraucherschützer sogar oft.

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