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Walter Röhrl und der Porsche 718 Cayman: Der Kurvenstar im Grenzbereich

Walter Röhrl und der Porsche 718 Cayman: Der Kurvenstar im Grenzbereich

Wolfgang Stegers
16.07.2016, 10:32 Uhr
Beitrag von Wolfgang Stegers

Der zweisitzige Mittelmotorsportwagen von Porsche ist ein gutes Beispiel dafür, wie der oft unterschätzte "kleine" 9-Elfer mit weniger Leistung potenten Sportwagen vorausfahren kann. Aber nicht nur auf der Rennstrecke ist der Zwilling vom Cabrio-Boxster ein ganz eigenständiger Porsche

Diese Geschichte erzählt Walter Röhrl immer wieder gern. Es ist die Story wie sie bei Benzingesprächen zur Sprache kommen. Der zweimalige Rallyeweltmeister fuhr bei vielen seiner Fahrtrainings mit einem quasi unterlegenen, weil mit deutlich weniger Leistung ausgestattetem, Porsche als Instruktor voran. Hinter ihm die Schlange der Elfer-Piloten.

„Und dann bin ich Kreise um sie gefahren“, sagt der asketische Oberpfälzer mit verschmitztem Grinsen im Gesicht. „Kreise“ damit meint er, dass die Hobbypiloten ihm kaum folgen konnten. Natürlich sind Fahrkönnen und –artisk eines Magiers am Volant nicht mit den Rennstreckenausfahrten von Freizeitfahrern vergleichbar. Aber überlegene Leistung macht doch vieles wett.

Die Balance von Sportwagen

Dennoch, deutlich mehr PS bedeuten eben nicht, als Schnellster wieder aus der Kurve herauszukommen. Konzept, Gewicht und Leistung eines Sportwagens müssen in der Balance sein. Stimmen müssen Fahrwerksstellung, Reifen, kurzum das auf die Streckencharakteristik zugeschnittene Handling des Wagens.

Und da punktet der Porsche Cayman mit seiner Bauweise als Mittelmotosportwagen gegenüber dem hecklastigen Elfer. Oftmals als Billigvariante des 911 gleichermaßen gehänselt wie unterschätzt, kann der Zweisitzer mit uniquen Qualitäten auftrumpfen. In engen Kurven ist er überaus agil. Seine ausgeglichene Gewichtsverteilung lässt ihn behände durch die Kuren hetzen, wie ein Slalomfahrer durch die Torstangen. Präzise Lenkung, zielgenaues Einlenkverhalten und überragende Straßenlage machen den Cayman zu einem wettbewerbsfähigen Sportgerät. Vergleiche muss es nicht scheuen. Feinfühlig im Grenzbereich bewegt, ist der Cayman ein Kurvenkünstler.

Als 718 hat der Cayman seinen Platz gefunden

Mit der neuesten Generation des Mittelmotorsportwagens hat dieser Porsche seinen Platz in der Modellreihe des Sportwagenherstellers eindeutig gefunden. Klar differenziert er sich vom Elfer durch das eigenständige frische Styling, die Bauweise als Zweisitzer, durch die Mittelmotorlage und seinen Antrieb. Jetzt treiben ihn nicht mehr sechs Zylinder an. Vier von einem Turbolader beatmete Zylinder in Boxerbauweise werkeln im Rücken des Fahrers. Perfekter geht es kaum. In den Vereinigten Staaten ist der Cayman unter Sportwagenfahrern sehr beliebt. In der großen Fangemeinde der Porscheklubs hat er ein eigenes Chapter und behauptet sich als eigener Typ.

Jetzt Turbomotoren und dem Sauger Tränen nachweinen?

Natürlich wird das Thema Turbomotoren bei den Porschefreaks und vor allem bei den „Gußeisernen“, jener kleinen Kaste der Hardcorefans, die auch die Umstellung von Luft- auf Wasserkühlung nicht verwinden können, heftig diskutiert – und auch abgelehnt. Vierzylinder-Boxermotor mit einem Hubraum von 2,5 Litern mutet laut Papierform nicht wirklich prickelnd an. Vor allem dann nicht, wenn in Zeiten der PS-Aufrüstung in allen Klassen, der Cayman 300 PS (220 kW) und als Cayman S 350 PS (257 kW) auf die Leistungsrolle des Prüfstands bringt.

Da mögen Viele an Stammtischen bei Benzingesprächen mitleidig lachen. Schließlich eilen viele Limousinen hier weit voraus und auch Coupés wie Sportwagen schmücken sich mit deutlich schwererem PS-Lorbeer.

„Aber es kommt halt darauf an“, so doziert Rallylegende Walter Röhrl bei den Demonstrationsrunden auf der winkligen Rennstrecke im südschwedischen Sturup nahe Malmö, „wie der Motor die Kraft an die Räder bringt, und wie das Fahrwerk sie umsetzt“. Damit meint Röhrl natürlich in erster Linie Kopf, Hände wie Füße des Fahrers. Gekonnt umgesetzt, brennt der Wagen so viel Querdynamik auf den Asphalt, dass das Lachen gefriert. Hände wie Füße des Beifahrers suchen Halt und ihm Magen wird es ihm blümerant. Nebenbei parliert der Meister am Steuer, so als ob eine entspannte Landpartie anstünde.

Ist das Turboloch nun überwunden?

Wie sehr aber Turbomotoren weniger geübten Fahrern einen Streich spielen und sie ins Turboloch fallen lassen können, wird später bei eigener Rennstreckenexkursion deutlich. Sind die Lenkausschläge zu heftig ausgefallen und muss das ESP eingreifen, um den Wagen auf der Straße zu halten, dann sinkt die Drehzahl in den Keller, und den Turbomotoren geht die Luft aus.

So „leiden“ Tubomotoren an der Schwäche, nur bei ausreichend Drehzahl Frischluft verdichten zu können, um mehr Sauerstoff in die Zylinder zu pressen. Es dauert eine Weile, bis die Abgasturbine wieder auf Touren kommt. Porsche überbrückt dieses Manko durch weiterhin geöffnete Drosselklappen. Weiterhin strömt Frischluft durch die Zylinder auf die verstellbaren Verdichterschaufeln der Abgasturbine. Damit wird der Lader am Laufen gehalten - jedoch mit deutlich weniger Drehzahl. Verstellbar sind die Schaufeln auf der heißen, der Abgasseite deshalb, um Frischluft auf der kalten Seite in nahezu allen Lastzuständen und Motorumdrehungen zu komprimieren.

Kleine Turbomotoren verbrauchen weniger Sprit – aber nicht immer

Grau ist alle Theorie und tiefschwarz die Anforderungen an heutige Verbrennungskraftmaschinen. Auf vier Zylinder mit Turboausladung hat man sich bei Porsche für den Cayman und den Cabrio-Boxster deshalb entschieden, weil die verschärften CO2-Regelungen für die kleinen Sportwagen nur so zu erreichen waren.

Vier Zylinder senken das Gewicht, Turbos den Verbrauch. Somit wurde für den Cayman S ein kombinierter Verbrauch von 8,1 – 7,3 Litern ermittelt (Cayman 7,4 – 6,9 l/100 km). Solche Werte werden natürlich im Rennstreckenbetrieb nicht erzielt. Leicht lassen sie sich verdoppeln. Interessant wäre dann der Vergleich mit einem gleichstarken Saugmotor. Ob da der Verbrauchsvorteil eines Turbomotors weiterhin besteht? Das darf bezweifelt werden.

Fazit – Der neue Cayman ist ein faszinierend agiler Sportwagen, der sich mit hohem Tempo und enormen G-Kräften fahren lässt. Präzis gesteuert, schlägt er hasengleich seinen Verfolgern Haken und kann ihnen durchs Kurvengeschlängel entkommen. Der Hase liegt im Pfeffer – um beim Bild zu bleiben – wenn die PS-stärkere Meute ihn auf der Graden wieder einfängt. Dann hat es sich ausgekreiselt.

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3 Kommentare

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Also ehrlich gesagt, ich verstehe diese allgemeine PS und Hubraumgeilheit mancher Menschen nicht. Die Fahrer solcher Fahrzeuge ruinieren wissentlich die Umwelt und nehmen die gesundheitliche Schädigung der Mitbürger in Kauf. Ergötzt euch doch bitte an Fahrzeugen die wenig Diesel bzw. Benzin verbrauchen. Beklatscht Autos die ohne fossile Brennstoffe fahren.
Bejubelt die Zukunft, nicht die Vergangenheit.
  • 30.07.2016, 20:07 Uhr
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Wolfgang Stegers
Kann man dies wirklich so pauschal sagen? Die Hubräume schwinden, die Zylinderzahlen gehen zurück und die Verbräuche auch - weil ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess bei den Verbrennungsmotoren erreicht werden kann. Was spricht dagegen?
Es wird schon Gründe haben - und diese sind hinlänglich bekannt - , warum sich die Elektromobilität so schwertut. Die Elektrofahrräder, E-bikes und Pedelecs zeigen, wie im innerstädtischen Verkehr, für Pendler und Genussradler diese Elektromobilität ihre Trümpfe ausspielen kann.
  • 03.08.2016, 10:34 Uhr
  • 0
Nun, ich denke das in den vergangenen Jahren die deutschen Autobauer in die falsche Technik investiert haben. VW sei hier an forderster Linie benannt. Die Hybridautos wurden hier total verschlafen. Toyota ist dort der Weltmeister.
Wolfgang, du sagst die Hubräume gehen zurück etc.. Die Umweltbelastung durch den PKW-Verkehr tut sich da aber schwer. Wenn du mit offenen Augen durch die Städte gehst siehst du SUV in den unterschiedlichsten Größen. Die vergiften nun mal die Umwelt. Besonders die Dieselfahrzeuge.
Meiner Meinung nach sollte es den Diesel nur noch für LKWs und Busse geben.
  • 03.08.2016, 19:34 Uhr
  • 0
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