"Komplett hilflos gegen Übermacht" - Polizei schreibt Brandbrief an Regierun ...

"Komplett hilflos gegen Übermacht" - Polizei schreibt Brandbrief an Regierung

News Team
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Beitrag von News Team

„Wie recht sie hat“ – so titeln Mitglieder der Polizei Erfurt ihren Brandbrief an das Innenministerium Thüringen. Sie klagen über den Personalmangel in der Polizei und beziehen sich mit dem Titel auf eine Kollegin aus Mühlhausen. Das berichtet die Thüringer Allgemeine.

Die Beamtin hatte über den Mangel an Beamten in Einsätzen berichtet. Der Brandbrief unterstreicht diese Aussage: „Die durch die Kollegin beschriebene Situation ist nicht neu“, lautet der erste Satz. Die Verfasser beschuldigen die Verantwortlichen, angesprochene Probleme weitgehend sie ignorieren.

Bereits im September 2014 wandte sich die Gewerkschaft an das Ministerium. Stellen wurden abgebaut, aber die Aufgaben für die Beamten blieben gleich. Auch werden sie immer älter – junger Nachschub fehlt.

Das kommt vor allem Verbrechern zu Gute. So schreiben die Beamten: „Das polizeiliche Gegenüber freut sich auch noch über die Abstinenz der Polizei und bereitet die nächsten Straftaten vor.“

Zum Schluss fordern die Verfasser die Finanzministerin Thüringens Heike Taubert und Innenminister Holger Poppenhäger, sich die Situation vor Ort anzuschauen: „Nutzen Sie eine Fahrt im Streifendienst und warten Sie gemeinsam mit zwei Kollegen auf Unterstützung“, schreiben sie. „Lernen Sie das Gefühl ‚komplett hilflos einer Übermacht ausgesetzt‘ zu sein, selber kennen.“

Wie FOCUS Online berichtet, hat die Polizei Thüringern derzeit 5800 Polizisten. Aufgrund der veränderten Sicherheitslage fehlen aber noch 200 bis 300 Beamte.

Hier der gesamte Brief zum Nachlesen:

Wie Recht sie hat!

Wir Erfurter Kollegen möchten uns bei der Verfasserin des „Hilferufs“ für ihre beispielhafte Schilderung der mittlerweile alltäglichen und seitens der politischen Verantwortungsträger grob fahrlässig, wenn nicht sogar vorsätzlich geduldeten Zustände, ausdrücklich bedanken!

Die durch die Kollegin beschriebene Situation ist nicht neu. Immer wieder greifen die Vorstände der Polizeigewerkschaften diese auf und kommunizieren sie gegenüber den vorgesetzten Dienststellen (LPD, TMIK) und Politikern. Aber was ändert sich? Nichts! Vielmehr hat man das Gefühl von Desinteresse. Ansonsten hätten die Verantwortungsträger in diesem Land schon längst auf Flugblätter, persönliche Anschreiben usw. reagiert. Selbst über den anonymen Brief aus der LPI Erfurt (ID Nord) aus dem Jahr 2015 wurde nur oberflächlich gesprochen, obwohl hier die Situation gleichermaßen dargestellt wurde, wie durch die mutige Kollegin aus der PI Unstrut-Hainich.

Die Tatsache, dass diese Art von Hilferuf in der Presse landet, hängt sicher damit zusammen, dass die Verantwortlichen im Inneren der Polizei auf angesprochene Probleme nicht reagieren. Dies ist sicher der Beweis auf ein scheinbar fehlendes vertrauensvolles Miteinander. Das polizeiliche Gegenüber freut sich auch noch über die Abstinenz der Polizei und bereitet die nächsten Straftaten vor.

Bereits im September 2014 wandten sich die gewerkschaftlichen Vertretungen der Beamten und Tarifbeschäftigten in der Polizei der Landeshauptstadt und des Landkreises Sömmerda in einem offenen Brief an die Abgeordneten des Thüringer Landtages, um ihnen die Erfurter Probleme, u. a.

- Reduzierung der Einsatzzüge um 50%, aber gleichbleibende Aufgaben
- immense Abordnung von Kollegen zur LPD, zum TLKA und TLfV

nahe zu bringen. Schon damals erging der Hinweis, dass die täglichen Aufgaben nur noch durch eine Mehrbelastung der immer weniger und älter werdenden Kolleginnen und Kollegen erledigt werden können.

Die Fraktionen antworteten zwar zeitnah. Lösungen wurden tatsächlich aber nicht gefunden. Vielmehr sind unsere Kollegen weiterhin im Dauereinsatz, da es nun mal in der Landeshauptstadt eine andere Belastung gibt. Wer behauptet, dass es in den Großstädten „relativ safe/relativ entspannt“ ist, sollte sich einfach die Belastung aus dem Einsatzleitsystem (Report) erklären bzw. erläutern lassen, um mitreden zu können.

Die Personalzuführungen für den Einsatz- und Streifendienst decken schon lange nicht mehr die Abgänge. Immer wieder gibt es Einsatzsituationen, die nicht zeitnah oder mit nicht ausreichendem Personalansatz bedient werden können.
Wie oft müssen wir noch Zahlenspiele machen um festzustellen, dass „mit gigantischen 155 Neueinstellungen“ nichts bewirkt werden kann? Kann es wirklich wahr sein, dass es Einsatzsituationen gibt, die aufgrund Personalmangels nicht bewältigt werden können? Muss es wirklich erst Schwerstverletzte oder vielleicht sogar den ersten Todesfall einer Kollegin/eines Kollegen geben, damit die politischen Verantwortungsträger erwachen und zu einem Umdenken bewegt werden?

„AUCH MENSCH – Polizei im Spannungsfeld“ – so eine Kampagne der JUNGE GRUPPE der Gewerkschaft der Polizei. „Politiker – Auch Mensch?“ – ist die Frage, die wir uns stellen.

Stellvertretend für die gesamte Landesregierung fordern wir Frau Ministerin Taubert und Herrn Minister Dr. Poppenhäger auf, sich ein Bild vor Ort zu machen!
Nutzen Sie eine Fahrt im Streifendienst und warten Sie gemeinsam mit zwei Kollegen auf Unterstützung. Lernen Sie das Gefühl „komplett hilflos einer Übermacht ausgesetzt“ zu sein, selber kennen. Schauen Sie sich den Report aus dem Einsatzleitsystem für das Land Thüringen an und unterstützen Sie uns im Sinne der Polizeidienstvorschriften bei der Beurteilung der Lage, insbesondere bei der Beurteilung des erforderlichen Kräftebedarfs.

Wir hoffen, dass wir es schaffen, dass auch ein Umdenkprozess wie in anderen Bundesländern beginnt und wir nicht mehr über den Stellenabbaupfad in der Polizei sprechen, sondern über Erhöhung der Einstellungszahlen.

Der Wize.life-song

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1 Kommentar

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Seit dem Vorfall am Kölner Hauptbahnhof ist , wie zuvor oft vermutet wurde, das die Politik der Polizei die Daumenschrauben angelegt hat, um ja keine berechtigte Unruhe gegen die Ausländer aufkommen zu lassen.
Dank der Rot-Grün Ära werden Täter zu Opfern gemacht
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