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Mit dem Wagyū auf Du und Du

Mit dem Wagyū auf Du und Du

Heiner Sieger
04.05.2016, 18:39 Uhr
Beitrag von Heiner Sieger

„Jetzt schaut Euch das mal an: Das ist doch eine einmalige Fleischstruktur!“ Voller Begeisterung reicht Otto Mattivi eine Platte mit Wagyū-Fleisch unter seinen Gästen herum und freut sich wie ein kleiner Bub, als diese seine Euphorie teilen. In der Tat weist das Fleisch eine perfekte Fettmarmorierung auf.

Kein Wunder – schließlich ist es ja auch das Fleisch von ausgesuchten japanischen Kobe-Rindern, das teuerste Rindfleisch der Welt, eine ausgemachte Rarität. Denn nur 3000 dieser Tiere, die in der Präfektur Hyōgo um die Hafenstadt Kobe aufwachsen, werden jährlich geschlachtet. Und nur zehn Prozent des Fleischs erreichen überhaupt die EU.

Dass ein großer Teil dieser Delikatesse ausgerechnet im kleinen Südtiroler Flecken Burgstall bei Meran landet, ist das Verdienst von Otto Mattivi. Der elegante Best Ager mit silbergrauen Haar und vornehm gebräuntem Teint ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Mann der Fleischeslust. In den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts war er der Erste, der es gegen erhebliche Widerstände möglich machte, dass argentinisches Rindersteak den Weg nach Südtirol und Italien fand. Und seit kurzem schlägt sein Herz nicht nur für seine vegane Lebensgefährtin Lissy Pernthaler, eine aparte Südtiroler Schauspielerin, sondern auch für das zarte Fleisch der Wagyū-Rinder.

Das "Hidalgo" - eine Pilgerstätte für Freunde des puren Fleischgenusses

Erst seit 2014 darf das Fleisch überhaupt aus Japan exportiert werden. Durch mehrere Reisen nach Japan und beste Kontakte zum größten Kobefleisch-Importeur Giraudi in Monte Carlo gelang es Otto Mattivi nach neun Monaten Vorbereitung, für sein Restaurant eine regelmäßige, aber begrenzte Lieferung zu ergattern. „Alles, was zuvor außerhalb Japans als solches verkauft oder angeboten wurde, musste streng genommen die Bezeichnung ‚Kobe-Style’ tragen“, schmunzelt der Beef-Flüsterer. Denn als solchen kann man den Fleisch-verrückten Südtiroler getrost bezeichnen.

Seit mehr als 35 Jahren führt er in Burgstall das Restaurant „Hidalgo“, längst eine Pilgerstätte für Freunde des puren Fleischgenusses. „Schnitt, Temperatur, Zeit, Hitze – grillen will gelernt sein, denn Fleisch ist nicht gleich Fleisch“, lautet Mattivis Devise. „Wir wollen das Fleisch jedem Gast zelebrieren können.“ Dazu gehört eben auch, den Gästen das rohe Fleisch vorab zu präsentieren, bevor es vom Grill auf den Teller kommt.

Turbo-Grilling: Bei 900 Grad karamellisiert der Zucker im Fett

Überhaupt der Grill: Während zahlreiche Restaurants und Hotelküchen Fleisch bei möglichst niedrigen Temperaturen garen, geht Mattivi den umgekehrten Weg. In seinem Spezialgrill aus den USA wird das Rindfleisch bei rund 900 Grad in kürzester Zeit servierfertig. Die Zuckerstoffe, die sich im Fett bilden, karamellisieren und schmelzen im Nu, wodurch sich nicht nur eine schöne Kruste bildet, sondern das Fleisch auch besonders saftig, schmelzend zart und unfassbar lecker wird. „Durch dieses Grill-System kommt der Eigengeschmack jeder Fleischsorte unverfälscht zur Geltung, da wir es auch nur pur servieren“, erklärt Mattivi die Basis des von ihm offerierten „Beef Tasting“.

Bei diesem Beef Tasting im einzigartigen japanisch-mediterranen Ambiente, angelehnt an die Idee einer anspruchsvollen Weinprobe, steht der jeweilige Charakter des Fleischs im Vordergrund. Neben den Klassikern wie Simmentaler Rind aus dem Alpenraum, Ocean Beef aus Neuseeland, Creekstine aus Texas und Australian Black Angus stehen neuerdings eben auch Kobe-Rind sowie Südtiroler Kohvieh Dry Aged Beef zur Auswahl. Auf Soßen verzichtet das „Hidalgo“ bewusst.

Geschmack pur: Sechs verschiedene Salze statt Soßen

„Man muss testen, was einem am besten schmeckt. Wenn man solch schöne Fleischstücke ausprobieren kann, sollte man es am besten mit ein paar Körnern unterschiedlichem Salz würzen“, empfiehlt Otto Mattivi. Deshalb serviert er seine Beef-Spezialitäten immer mit einem Set von sechs Salzen: rotes Hawaiisalz, schwarzes Hawaiisalz, Rosmarinsalz, Zitronensalz, Chilisalz und Himalayasalz.

Besonders glücklich macht es den Hohepriester des Fleischgenusses, wenn seine Gäste das empfinden, was die Japaner neben süß, sauer, bitter und salzig als „Umami“ bezeichnen: den wohlschmeckend-vollmundigen Geschmack von Fleisch.

Übrigens ist das „Hidalgo“ nicht nur ein Geheimtipp für Fleischliebhaber. Seit etwa drei Jahren bietet es auch italienisch-elegante, helle Suiten ab 55 m², jeweils mit Garten oder Terrasse für sonnige Südtiroler Momente.

Wer die höchste Freiheit genießen will, mietet sich in einer von zwei Penthouse Suites mit Dachterrasse und wunderbarem Panoramablick über die Weinberge des Etschtals ein. Ab Mitte Mai 2016 geht auch das „Hidalgo Balance“ in Betrieb, ein Wellnessbereich mit Sauna, Ruhezone, Fitness- und Yogaraum sowie einem Outdoorpool im kleinen mediterranen Gartenpark.

Über Wagyū – eine kleine Fleischkunde:

Das Fleisch der Wagyū-Rinder gilt als das beste, gesündeste und teuerste Fleisch der Welt. Das liegt zum einen an dessem hohen Anteil ungesättigter Fettsäuren mit wertvollem Omega 3 und Omega 6. Zu dem ist die Aufzucht sehr viel aufwändiger: Wagyūs leben im Schnitt dreimal so lange wie herkömmliche Rinder, bis sie schlachtreif sind. Gehalten werden sie je nach Region auf der Weide oder zum Ende der Zucht in großen Stallungen mit weichem Boden.

Die Kälber werden die ersten drei Monate von der Mutter gesäugt und danach mit einer Silage aus Gras, Reisstroh, Sojabohnen und verschiedenen Cerealien wie Mais und Weizen gefüttert. Auch auf reines Quellwasser für die Tiere wird geachtet. Nach 900 Tagen Fütterung und mindestens 430 kg Körpergewicht weisen die Rinder die perfekte Fettmarmorierung auf. Jedes Tier kann mit der zehnstelligen Karkassen Identifikationsnummer bis zu seinem Herkunftsort in Japan zurückverfolgt werden.

Die Rinderrasse

Wagyū heißt aus dem Japanischen übersetzt japanisches („wa“) Rind („gyū“). Rund 90% der Tiere, die als Wagyū verkauft werden, stammen aus der Blutlinie der Tajima Rinderrasse, welche der Linie der Kuroge Washu, dem Japanischen Schwarzvieh, angehört. Die Besonderheit dieser „indigenen“ Rinder ist, dass sie über Jahrhunderte hinweg nie gekreuzt wurden. Feine Marmorierung und glänzendes, intramuskuläres Fett zeichnen dieses Fleisch aus. Dieses macht das Fleisch so zart und lässt das Fett schon bei 25°C, und somit natürlich im Mund, schmelzen.

Kobe Beef ist im Grunde nichts anderes als Wagyū Beef. Es ist wohl das bekannteste Rindfleisch außerhalb Japans. Kobe Beef ist eine Marke mit Herkunftsbezeichnung, ähnlich dem Champagner oder dem Cognac. Nur Tiere, die in der Präfektur Hyōgo um die Hafenstadt Kobe geboren, aufgewachsen und geschlachtet werden, können die Bezeichnung Kobe Beef erhalten. Doch nicht jedes Rind mit diesen Voraussetzungen erhält auch diesen „Titel“. Die Klassifizierung wird durch die Kobe Beef Marketing & Distribution Promotion Association unter Aufsicht der JMGA (Japan Meat Grading Association) vorgenommen.

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