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Fasenacht und Karneval - eine kurze Geschichte der närrischen Tage

Fasenacht und Karneval - eine kurze Geschichte der närrischen Tage

Christine Kammerer
09.02.2013, 15:15 Uhr
Beitrag von Christine Kammerer

Karneval ist der gemeinsame Oberbegriff für eine ganze Reihe von Veranstaltungen und Festivitäten, die überwiegend in den katholischen Gebieten stattfinden und je nach Region von ganz unterschiedlichen historischen und kulturellen Elementen geprägt sind. Maskenfeste gehören dabei fast überall zum Brauchtum und in vielen größeren Städten ziehen reich dekorierte Karnevalsparaden durch die Straßen, die meist unter einem bestimmten Motto stehen und die große und kleine Politik sowie besondere Ereignisse oder soziale Probleme auf die Schippe nehmen.

Historische und religiöse Wurzeln
In Mesopotamien soll es bereits vor 5000 Jahren bei den alljährlichen Festen zu Ehren der Fruchtbarkeitsgötter Sitte gewesen sein, dass Männer sich wie Frauen schminkten und Frauen sich als Krieger verkleideten. Eine altbabylonische Inschrift aus dem 3. Jahrtausend v. Chr. beschreibt diesen Rollentausch so: „Die Sklavin ist der Herrin gleichgestellt und der Sklave an seines Herrn Seite. Die Mächtige und der Niedere sind gleichgeachtet.“ Es scheint also, dass das Gleichheitsprinzip, das unserem Brauchtum bis heute zugrunde liegt, schon damals Bestandteil der Feierlichkeiten gewesen ist. Eine Verwandtschaft mit unseren heutigen Karnevals-Riten liegt allerdings im Bereich der Spekulation. In Ägypten, Griechenland und Rom wurden im beginnenden Frühjahr ähnliche Feste gefeiert und auch andere Kulturen wie die Chinesen kennen vergleichbare Rituale in der Zeit des Übergangs zwischen Winter und Frühjahr.

Die Christen übernahmen zahlreiche Elemente ursprünglich heidnischer Traditionen und vermutlich haben viele unserer jahreszeitlich festgelegten Feste wie auch der Karneval im keltischen und germanischen Brauchtum ihre Wurzeln. Beide Kulturen feierten ihre Götter in naturverbunden Ritualen wie zum Beispiel den Sonnwend- und Fruchtbarkeitsfeiern, dem Winteraustreiben und anderen Traditionen, die eng mit dem Bauernjahr verknüpft waren. Die katholische Kirche pflegt das Brauchtum seit dem Mittelalter: Zwar war bereits auf dem Konzil von Nicäa (325) verfügt worden, dass die Christen sechs Wochen vor Ostern fasten sollen, um so dem 40-tägigen Aufenthalt Jesu in der Wüste zu gedenken - die Auszeit von der strengen Fastenzeit wurde jedoch erst später beschlossen: Papst Gregor, der Große nahm 1091 auf dem Konzil von Benevent die sechs Sonntage vor Ostern vom Fasten aus und legte den Aschermittwoch als Beginn der eigentlichen Fastenzeit fest.

Fasenacht und Fastentrunk
In der Bezeichnung „Fastnacht“ (auch: „Fas(e)nacht“) steckt bereits der Hinweis auf die dem Fest folgende Fastenzeit. Sie meint zunächst den Abend vor dem eigentlichen Fest, wurde aber später auf die gesamte Karnevalszeit übertragen. Der eher im Süden Deutschlands und in Österreich geläufige Begriff "Fasching" geht sehr wahrscheinlich auf das althochdeutsche "vastschanc" (oder „vastschang“) zurück - den Ausschank des als Fastentrunk gebrauten Starkbiers. Als Fastenzeit werden die 40 Tage vor dem Tode Jesu am Karfreitag und seiner Wiederauferstehung an Ostern bezeichnet. Sie beginnt am Aschermittwoch, dem Tag der auf das Ende der Faschingszeit folgt.

Die Fastenzeit ist eine Zeit der Besinnung auf die Opfer, die Jesus gebracht hat und demzufolge verzichten viele Christen noch heute zumindest an bestimmten Tagen auf den Verzehr vieler Lebens- und Genussmittel. Bereits 581, auf der ersten Synode von Mâcon, wurden die strengen Regeln eingeführt, die bis heute Geltung besitzen: “Vom Tage des heiligen Martin an bis Weihnachten muss am Montag, Mittwoch und Freitag jede Woche gefastet werden.“ Somit stand also der 11.11. als Beginn der Fastenzeit fest, nur unterbrochen durch die Feierlichkeiten am Martinstag selbst, zur Weihnachtszeit und die Fastnacht. Die Zahl 11 galt im Mittelalter als Narrenzahl, sie war der Inbegriff der Unzulänglichkeit und Verkehrtheit der Welt schlechthin. Der eigentliche Karneval – die närrischen Tage vor Aschermittwoch – boten dem Volk eine Art Ventil, eine kurze Gelegenheit, aus dem strengen Reglement der katholischen Kirche auszubrechen.

Ausbruch aus den Standesgrenzen und dem Reglement der Obrigkeit

Seit dem 15. Jh wurden in Venedig prachtvolle Karnevalsfeiern durchgeführt. In Deutschland ist der Brauch seit dem 17. Jh. bekannt. Der Begriff Karneval geht vermutlich auf den lateinischen Ausdruck „carne levare“ bzw. das italienische „carne vale“ zurück, was so viel bedeutet wie „die Wegnahme des Fleisches“ oder „Fleisch, lebe wohl!“. Dies verweist auf den Verzicht von Fleisch im doppelten Sinne, nämlich sowohl als Speise, als auch in Form sexueller Enthaltsamkeit. Eine andere Deutung führt Karneval auf lat. „carrus navalis“ zurück - das Narrenschiff, das bei vielen Umzügen mitgeführt wurde. Das Narrenschiff stand seit dem frühen Mittelalter für eine vom Untergang bedrohte, verkehrte Welt und hielt der eigenen Zeit den Spiegel vor: Es steht für harsche Kritik an einer Gesellschaft, die nur der Genusssucht frönt und mit geistigen Dingen so gar nichts mehr am Hut hat.

Auch der Karneval ist so eine Art befristeter Ausnahmezustand. Danach folgt eine Zeit der Besinnung. Karneval bezeichnete ursprünglich den Sonntag vor dem Aschermittwoch und damit die letzte Gelegenheit vor der Fastenzeit, sich zu vergnügen und ausgiebig zu essen und zu trinken. Es wurde noch einmal geschlachtet und reichlich Fleisch verzehrt. Auch die übrigen verderblichen Vorräte an Fett und Eiern durften verbraucht werden, zum Beispiel in Form des heute noch üblichen Fettgebäcks. Auf den Straßen mischten sich dank der bunten Verkleidungen die sozialen Schichten und bei Musik und Tanz und konnten für kurze Zeit all die alltäglichen Zwistigkeiten, Pflichten und Sorgen vergessen. Doch die Obrigkeit beäugten die oft gar zu ausgelassenen Feierlichkeiten durchaus mit Misstrauen und sann immer wieder auch über strengere Regeln oder gar Verbote nach, denn die Fastnacht war nach den gestrengen Sitten der Kirche „des Teufels“.

Quellen und interessante Links:
Wikipedia: Fastnacht und Fasching

Laudatio auf Werner Mezger für sein Buch über die „Schwäbisch-alemannische Fasnet“ mit zahlreichen interessanten Hintergrundinformationen zur Tradition der Fastnacht

Fastnacht/Karneval im europäischen Vergleich (Hg.: Michael Matheus)

Chronik des Kölner Karnevals von 1823 bis 1938

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2 Kommentare

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Marion Dr. Diwo M.A. -HP
ich finde, dass sich die Mainzer Fassenacht schon sehr nach Süddeutschland orientiert. Masken und Typologisierungen sind hier interessanterweise häufiger zu finden als beim klassischen Rheinland-Karneval (Köln, Aachen, etc.) Grüsse
  • 09.02.2013, 18:13 Uhr
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Christine Kammerer
Das sind dann wieder diese regionalen Feinheiten, die wir aus dem Süden betrachtet kaum unterscheiden.... Helau nach Berlin!
  • 10.02.2013, 11:29 Uhr
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