Nun haben wir es geschafft und das alte Jahr hinter uns gelassen.
Und was nun?
Viele Menschen wünschen sich ein frohes neues gesundes Jahr. Ich auch, obwohl ich am 30. Dezember noch freiwillig in die Notaufnahme des Uniklinikums gegangen war. Mein rechtes Bein schmerzte schon seit zwei Tagen. Man kann ja nicht wissen. Thrombose, dann Lungenembolie und dann war es gewesen. Nun ist es ja noch mal gut gegangen. Wahrscheinlich ist es nur eine Arthrose im Knie. Ein Glück, damit lebe ich länger. Nur tut es halt weh. Aber dann, gestern nach der Knallerei noch Jazz in ARD - Alpha gesehen und gehört. Um ein Uhr aber ab in die Koje, bin ja nicht mehr der jüngste. Mein Knie rebellierte noch eine gute Stunde, dann schlief ich ein. Ich habe mir schon überlegt, ob ich die letzten Jahre meines Lebens in einem Dauerschmerz verbringen muss. Ach, wie hört sich das furchtbar an. Ich weiß doch nicht, wie viel letzte Jahre ich noch erleben werde und ich möchte doch gerne wissen, ob die blonde Zuckerschnecke Bundeskanzlerin wird, oder ob es der Partei so ergehen wird, wie die Piraten. Und außerdem möchte ich noch meinen Roman um eine Werwölfin beenden und Orhan Pamuks "Die Fremdheit in mir" lesen. Es gibt immer Gründe, den Zeitpunkt des Todes aufzuschieben, doch irgendwann schlägt er doch zu. Sicherheitshalber ziehe ich mir heute wieder die Antithrombosestrümpfe bis über das Knie.
Was für eine dämlich Silvesterpredigt. Erst gestern haben die Sektkorken geknallt, knutsch knutsch und so, ist ja auch alles ok, aber was kann ich dazu, wenn mir die Knie wehtun und meine Frau kurz vor 24.00 Uhr sagt, sie habe keinen Durst. Im Kühlschrank befanden sich sowieso keine Sektflaschen und die halbe Colaflasche (Mist Schleichwerbung) wird dann eben während des Wiener Silvesterkonzertes getrunken.
Ich bin mal ganz ehrlich. Ich habe keinen Bock über mein böses Knie zu grübeln. Wer sagt mir, was morgen ist, mit meinem Knie oder mit der Welt. Niemand! Es sei denn ein selbsternannter Prophet oder eine Reinkarnation des parapsychologischen Diagnostikers Edgar Cayce. Grübeln würde mich lähmen, ich würde nichts gescheites zustande bringen und mich selbst vergessen, im Nebel des Grübelns versinken. Vielleicht wird die Blondine doch keine Bundeskanzlerin und mein Grübeln wäre umsonst gewesen. Also Scheiß drauf (ich meine aufs Grübeln).
Das Leben können wir nur in unserer Gegenwart packen. Im Grübeln und in sonstigen ablenkenden Illusionen verlieren wir unsere Lebensaugenblicke. Das Leben zieht dann vorüber, ohne dass wir es am Schopfe packen. Wir können gerne vom Weltfrieden träumen. Wir können aber auch handfest zupacken und für eine bessere Welt kämpfen (friedlich gemeint). Wir können uns gerne Gesundheit wünschen, aber wenn das Knie zwackt, gehe ich trotzdem zum Arzt.
Das Alter merke ich, wenn ich mit Mühen aus der Badewanne klettere oder Schwung holen muss, um mich von dem Sofa zu erheben. Als großes Geschenk empfinde ich meinen junggebliebenen Geist. Als mein Knie begann zu rebellieren, dachte ich, irgendwann gehe ich am Stock. In der Langsamkeit könnte ich auch schönes entdecken, was ich sonst vielleicht im jugendlichen Tempo übersehen habe. Und schon träume ich wieder.
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