Ganz eng zum Geschehen des 31. Oktober 1517 (Reformationstag) und dem 1. November (Allerheiligen) des gleichen Jahres in Wittenberg gehörte damals auch der „Medienkonzern Lucas Cranach“.
Das Unternehmen ist Kunstgeschichte und handelt von Lucas dem Älteren (1472-1553), Lucas dem Jüngeren (1515-1586) und Hans Cranach (1513-1537). Während Hans recht früh verstarb, führte hauptsächlich Lucas d. Ä. die Geschäfte und später dann ab 1550 Lucas d. J., dessen 500. Geburtstag man in diesem Jahr feiert.
Lucas Cranachs d. Ä. (1472-1553)
ist neben Albrecht Dürer wohl wohl einer der bedeutesten Renaissancekünstler in Deutschland. Er war zweifellos der Produktivste und auch der kommerziell Erfolgreichste. Hohe Qualität und Innovationsdrang verbanden sich bei ihm mit unternehmerischem Geschick und einem sicheren Gespür für die Zeichen der Zeit und dem Publikumsgeschmack.
Lucas Cranachs d. Ä. wurde um 1472 im fränkischen Kronach als Sohn eines Malers geboren. Es war eine sehr bewegte Zeit: Die Erfindung des Buchdruckes mit beweglichen Lettern (Mitte des 15. Jahrhunderts) löste eine „Medien“revolution aus. Die Reformatoren nutzten das neue Massenmedium, um ihre Schriften zu verbreiten. Nikolaus Kopernikus änderte das Weltbild und Martin Luther „inzenierte“ die Reformation.br
Von Lucas Cranachs Lehr- und Wanderjahren ist wenig bekannt, erst 1502 fiel er durch seine künstlerische Qualität in Wien auf. Seine Porträts werden zu prägnanten Charakterstudien und durch ihn können wir uns heute ein „Bild“ von der Person Martin Luther, dem Reformator, machen. Lucas Cranachs „Luther Bildnisse“ wurden gemalt, gedruckt oder gestochen und im ganzen Land verbreitet - gaben dem führenden Kopf der Reformation „ein Gesicht“, das bis heute gilt.
Der kursächsische Herzog Friedrich der Weise rief Lucas Cranachs d. Ä. 1505 als sehr gut bezahlten Hofmaler (100 Taler jährlich) an den Hof nach Wittenberg. Immer wieder musste er seinen Dienstherrn abbilden und diese Gemälde dann als Geschenk an andere Höfe versenden. Daneben entwarf er aber auch Hofgewänder, inszenierte Feste, bemalte Möbel und war sich für nichts zu schade - schrieb aber für jeden Auftrag Rechnungen.
Lucas Cranach d. Ä. malte aber auch Katholiken
Eine entscheidende Bedingung hatte Lucas Cranach d. Ä., er wollte seine Werkstatt nicht am Hof sondern in der Stadt eröffnen, denn hier hatte er mehr Freiraum und konnte sich auch andere Kunden widmen. Er malte sogar katholische Würdenträger (!), blieb aber trotzdem der „Maler der Reformation“. Er begleitete Martin Luther und seine Ideen als Verleger und sorgte für eine massenhafte Verbreitung von seinen Schriften, Flugblättern und Lutherporträts. Lucas Cranach d. Ä. entwickelte die Ästhetik und die Bildsprache der Reformation. Er malte aber auch Serien von Madonnenbildern, erotischen Frauenakten, ungleichen Pärchen und Paradiese.
Lucas Cranachs d. Ä. entfaltete sein unternehmerisches Talent, stellte zehn Gesellen, Lehrlinge und Hilfskräfte ein und installierte eine „Kunst-Manufaktur“. Manche Mitarbeiter waren Spezialisten (für Hintergründe), doch der „Meister“ selbst schuf das Antlitz und überließ dann Anderen die weitere Ausführung. Viele Bilder wurden also in Serie hergestellt, aber durch gezielte Variaten wurden sie zu Unikaten. Von Albrecht Dürer sind etwa 100 Motive bekannt, aber aus der Werkstatt von Cranach an die 1000.
Um 1510 erwirbt Lucas Cranach d. Ä. ein stattliches Gebäude als Atelier am Wittenberger Marktplatz 4 - (Heutiges Cranach-Haus). Weitere Immobilien erwarb er und war so in den 1520er Jahren der größte Grundbesitzer und zweitreichster Mann der Stadt, und sogar mehrmals Bürgermeister. Zu seinem Atelierhaus gehörte eine Apotheken-Konzession (ein stadtweites Monopol für Medizin, Gewürze und Malereibedarf: Pigmente und Farben). Angeschlossen war auch eine Weinschänke und Bierbraustätte. Lucas Cranach d. Ä. war eben mit „Leib und Seele“ Unternehmer.
Im Jahre 1508 wurde Lucas Cranach d. Ä. vom Kurfürst Friedrich der Weise ein Wappen (Geflügelte Schlange) verliehen und es wurde zum Markenzeichen - eine ideale Lösung, denn Vieles aus der Manufaktur stammte ja nicht nur vom „Künstler“.
Und nun Bemerkungen zu den hier abgebildeten Luther-Bildnissen:
Luther auf der Kanzel
Rechter Bildausschnitt „Luthers Predigt“ aus der Predella des Renaissance-Altars in der Stadtkirche St. Marien in Wittenberg, die seit 1996 UNESCO-Welterbe ist. Das sehr schmale Bild, geschaffen von Lucas Cranach d. Ä. und d. J. zeigt den von der Kanzel auf Christus am Kreuz weisende Martin Luther. Im Bild links: die Gemeinde und hier findet man Luthers Frau Katharina mit Sohn Johannes und eben auch Lucas Cranach d. Ä..
Unter falschem Namen
Als „Junker Jörg“ lebte inkognito auf der Wartburg Martin Luther bis zum 1. März 1522. Auf Anraten Philipp Melanchthons (Philosoph und Theologe) übersetzte er hier im Herbst 1521 das Neue Testament in nur elf Wochen ins Deutsche. Als Vorlage diente ihm ein Exemplar der griechischen Bibel von Erasmus von Rotterdam.
Sogar mit Doktorhut
An der Universität Wittenberg studierte Martin Luther Theologie bei Wilhelm von Ockham und Johann von Staupitz. 1511 bewarb er sich für ein theologisches Doktorat und im Oktober 1512 wurde er „Doctor Theologiae“.
Es war sehr skandalös
... und trotzdem waren Lucas Cranach d. Ä. und Martin Luther befreundet. Es geschah im Jahre 1525 und der etablierte Unternehmer Lucas Cranach tätigte einen sehr riskanten Schritt: Er wurde Trauzeuge bei der Skandalhochzeit und dann noch Taufpate von Johannes, des ältesten Sohn Luthers. Als Martin Luther am 27. Juni 1525 Katharina von Bora in Wittenberg heiratete, war dieses ein Total-Affront gegen die katholische Kirche, denn ein Augustinermönch und eine „entlaufene“ Nonne ehelichten einander. Lucas Cranach d. Ä. malte mehrmals das Paar in Einzelbildern als ein Doppelporträt (Bilderleiste). Dies ist ein ganz markantes Beispiel für Lucas Cranachs Bildproduktion im Dienste der Reformation.
Was geschah am 31. Oktober 1517?
Laut der Überlieferung, nicht eindeutig bewiesen, hatte der Augustinermönch Martin Luther 95 Thesen in lateinischer Sprache an die Türe der Wittenberger Schlosskirche „gehämmert“. In diesem Text bestritt er den „Glauben“, dass eine Erlösung von der Sünde durch einen Ablass (Geldzahlung) möglich sei. Dieses sei schon durch das Opfer Jesu am Kreuz geschehen. Luthers „Plakatierungs-Aktion“ wurde der Beginn der „Reformation (1517-1648)“.
Noch ein Hinweis: Große Feierlichkeiten für den 500. Jahrestag der Reformation 2017 sind angekündigt - die Malerfamilie Cranach gehört aber fest mit dazu.
Links:
(Lucas Cranach der Ältere - Biografie)
https://de.wikipedia.org/wiki/Lucas_..._der_Ältere
(Lucas Cranach der Jüngere - Biografie)
https://de.wikipedia.org/wiki/Lucas_...der_Jüngere
(Die Malerfamilie Cranach)
http://wege-zu-cranach.de/die-malerf...ranach.html
(Martin Luther - Biografie)
https://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Luther
(Reformation)
https://www.historicum.net/de/themen...im-kontext/
Map-Data:
Lucas Cranach-Haus, Markt 4, 06886 Wittenberg
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