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Kunst verstehen: Lucas Cranachs d. Ä. ... und noch ein Martin-Luther-Bild

Kunst verstehen: Lucas Cranachs d. Ä. ... und noch ein Martin-Luther-Bild

Volker Barth
31.10.2015, 10:00 Uhr
Beitrag von Volker Barth
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Ganz eng zum Geschehen des 31. Oktober 1517 (Reformationstag) und dem 1. November (Allerheiligen) des gleichen Jahres in Wittenberg gehörte damals auch der „Medienkonzern Lucas Cranach“.

Das Unternehmen ist Kunstgeschichte und handelt von Lucas dem Älteren (1472-1553), Lucas dem Jüngeren (1515-1586) und Hans Cranach (1513-1537). Während Hans recht früh verstarb, führte hauptsächlich Lucas d. Ä. die Geschäfte und später dann ab 1550 Lucas d. J., dessen 500. Geburtstag man in diesem Jahr feiert.

Lucas Cranachs d. Ä. (1472-1553)

ist neben Albrecht Dürer wohl wohl einer der bedeutesten Renaissancekünstler in Deutschland. Er war zweifellos der Produktivste und auch der kommerziell Erfolgreichste. Hohe Qualität und Innovationsdrang verbanden sich bei ihm mit unternehmerischem Geschick und einem sicheren Gespür für die Zeichen der Zeit und dem Publikumsgeschmack.

Lucas Cranachs d. Ä. wurde um 1472 im fränkischen Kronach als Sohn eines Malers geboren. Es war eine sehr bewegte Zeit: Die Erfindung des Buchdruckes mit beweglichen Lettern (Mitte des 15. Jahrhunderts) löste eine „Medien“revolution aus. Die Reformatoren nutzten das neue Massenmedium, um ihre Schriften zu verbreiten. Nikolaus Kopernikus änderte das Weltbild und Martin Luther „inzenierte“ die Reformation.br

Von Lucas Cranachs Lehr- und Wanderjahren ist wenig bekannt, erst 1502 fiel er durch seine künstlerische Qualität in Wien auf. Seine Porträts werden zu prägnanten Charakterstudien und durch ihn können wir uns heute ein „Bild“ von der Person Martin Luther, dem Reformator, machen. Lucas Cranachs „Luther Bildnisse“ wurden gemalt, gedruckt oder gestochen und im ganzen Land verbreitet - gaben dem führenden Kopf der Reformation „ein Gesicht“, das bis heute gilt.

Der kursächsische Herzog Friedrich der Weise rief Lucas Cranachs d. Ä. 1505 als sehr gut bezahlten Hofmaler (100 Taler jährlich) an den Hof nach Wittenberg. Immer wieder musste er seinen Dienstherrn abbilden und diese Gemälde dann als Geschenk an andere Höfe versenden. Daneben entwarf er aber auch Hofgewänder, inszenierte Feste, bemalte Möbel und war sich für nichts zu schade - schrieb aber für jeden Auftrag Rechnungen.

Lucas Cranach d. Ä. malte aber auch Katholiken

Eine entscheidende Bedingung hatte Lucas Cranach d. Ä., er wollte seine Werkstatt nicht am Hof sondern in der Stadt eröffnen, denn hier hatte er mehr Freiraum und konnte sich auch andere Kunden widmen. Er malte sogar katholische Würdenträger (!), blieb aber trotzdem der „Maler der Reformation“. Er begleitete Martin Luther und seine Ideen als Verleger und sorgte für eine massenhafte Verbreitung von seinen Schriften, Flugblättern und Lutherporträts. Lucas Cranach d. Ä. entwickelte die Ästhetik und die Bildsprache der Reformation. Er malte aber auch Serien von Madonnenbildern, erotischen Frauenakten, ungleichen Pärchen und Paradiese.

Lucas Cranachs d. Ä. entfaltete sein unternehmerisches Talent, stellte zehn Gesellen, Lehrlinge und Hilfskräfte ein und installierte eine „Kunst-Manufaktur“. Manche Mitarbeiter waren Spezialisten (für Hintergründe), doch der „Meister“ selbst schuf das Antlitz und überließ dann Anderen die weitere Ausführung. Viele Bilder wurden also in Serie hergestellt, aber durch gezielte Variaten wurden sie zu Unikaten. Von Albrecht Dürer sind etwa 100 Motive bekannt, aber aus der Werkstatt von Cranach an die 1000.

Um 1510 erwirbt Lucas Cranach d. Ä. ein stattliches Gebäude als Atelier am Wittenberger Marktplatz 4 - (Heutiges Cranach-Haus). Weitere Immobilien erwarb er und war so in den 1520er Jahren der größte Grundbesitzer und zweitreichster Mann der Stadt, und sogar mehrmals Bürgermeister. Zu seinem Atelierhaus gehörte eine Apotheken-Konzession (ein stadtweites Monopol für Medizin, Gewürze und Malereibedarf: Pigmente und Farben). Angeschlossen war auch eine Weinschänke und Bierbraustätte. Lucas Cranach d. Ä. war eben mit „Leib und Seele“ Unternehmer.

Im Jahre 1508 wurde Lucas Cranach d. Ä. vom Kurfürst Friedrich der Weise ein Wappen (Geflügelte Schlange) verliehen und es wurde zum Markenzeichen - eine ideale Lösung, denn Vieles aus der Manufaktur stammte ja nicht nur vom „Künstler“.

Und nun Bemerkungen zu den hier abgebildeten Luther-Bildnissen:

Luther auf der Kanzel

Rechter Bildausschnitt „Luthers Predigt“ aus der Predella des Renaissance-Altars in der Stadtkirche St. Marien in Wittenberg, die seit 1996 UNESCO-Welterbe ist. Das sehr schmale Bild, geschaffen von Lucas Cranach d. Ä. und d. J. zeigt den von der Kanzel auf Christus am Kreuz weisende Martin Luther. Im Bild links: die Gemeinde und hier findet man Luthers Frau Katharina mit Sohn Johannes und eben auch Lucas Cranach d. Ä..

Unter falschem Namen

Als „Junker Jörg“ lebte inkognito auf der Wartburg Martin Luther bis zum 1. März 1522. Auf Anraten Philipp Melanchthons (Philosoph und Theologe) übersetzte er hier im Herbst 1521 das Neue Testament in nur elf Wochen ins Deutsche. Als Vorlage diente ihm ein Exemplar der griechischen Bibel von Erasmus von Rotterdam.

Sogar mit Doktorhut

An der Universität Wittenberg studierte Martin Luther Theologie bei Wilhelm von Ockham und Johann von Staupitz. 1511 bewarb er sich für ein theologisches Doktorat und im Oktober 1512 wurde er „Doctor Theologiae“.

Es war sehr skandalös

... und trotzdem waren Lucas Cranach d. Ä. und Martin Luther befreundet. Es geschah im Jahre 1525 und der etablierte Unternehmer Lucas Cranach tätigte einen sehr riskanten Schritt: Er wurde Trauzeuge bei der Skandalhochzeit und dann noch Taufpate von Johannes, des ältesten Sohn Luthers. Als Martin Luther am 27. Juni 1525 Katharina von Bora in Wittenberg heiratete, war dieses ein Total-Affront gegen die katholische Kirche, denn ein Augustinermönch und eine „entlaufene“ Nonne ehelichten einander. Lucas Cranach d. Ä. malte mehrmals das Paar in Einzelbildern als ein Doppelporträt (Bilderleiste). Dies ist ein ganz markantes Beispiel für Lucas Cranachs Bildproduktion im Dienste der Reformation.

Was geschah am 31. Oktober 1517?

Laut der Überlieferung, nicht eindeutig bewiesen, hatte der Augustinermönch Martin Luther 95 Thesen in lateinischer Sprache an die Türe der Wittenberger Schlosskirche „gehämmert“. In diesem Text bestritt er den „Glauben“, dass eine Erlösung von der Sünde durch einen Ablass (Geldzahlung) möglich sei. Dieses sei schon durch das Opfer Jesu am Kreuz geschehen. Luthers „Plakatierungs-Aktion“ wurde der Beginn der „Reformation (1517-1648)“.

Noch ein Hinweis: Große Feierlichkeiten für den 500. Jahrestag der Reformation 2017 sind angekündigt - die Malerfamilie Cranach gehört aber fest mit dazu.

Links:

(Lucas Cranach der Ältere - Biografie)
https://de.wikipedia.org/wiki/Lucas_..._der_Ältere

(Lucas Cranach der Jüngere - Biografie)
https://de.wikipedia.org/wiki/Lucas_...der_Jüngere

(Die Malerfamilie Cranach)
http://wege-zu-cranach.de/die-malerf...ranach.html

(Martin Luther - Biografie)
https://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Luther

(Reformation)
https://www.historicum.net/de/themen...im-kontext/

Map-Data:
Lucas Cranach-Haus, Markt 4, 06886 Wittenberg

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22 Kommentare

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Wieder einmal interessant und verständlich geschrieben. Ich mag die Hintergründe zu großen Persönlichkeiten.
Es geschieht wohl nicht oft, dass Künstler so reich werden wie Cranach
  • 12.11.2015, 09:45 Uhr
  • 0
Volker Barth
Danke für diesen lieben Kommentar
  • 12.11.2015, 18:58 Uhr
  • 1
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Danke, solche Beiträge lese ich immer gern, manchmal vergißt man auch einiges im Laufe seines Lebens und wird wieder mit diesen Beiträgen daran erinnert.
  • 01.11.2015, 20:20 Uhr
  • 0
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Vielen Dank für diesen Beitrag zur Reformation!
  • 01.11.2015, 18:11 Uhr
  • 0
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Danke für die Ausführung ! Hat mir gut gefallen.
  • 01.11.2015, 18:04 Uhr
  • 0
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Was geschah am 31. Oktober 1517?

"Laut der Überlieferung, nicht eindeutig bewiesen, hatte der Augustinermönch Martin Luther 95 Thesen in lateinischer Sprache an die Türe der Wittenberger Schlosskirche „gehämmert“. "

Wieso nicht eindeutig bewiesen? Wer hatte denn dann gehämmert?
  • 01.11.2015, 17:33 Uhr
  • 0
...oder meintest du die Sprache? ja kann sein, das er sie auch in italienisch an die Tür klopfte...
  • 01.11.2015, 17:34 Uhr
  • 0
"Der Thesenanschlag wurde lange Zeit als Legende ohne historisches Fundament betrachtet, gilt jedoch nach der Entdeckung einer handschriftlichen Notiz von Georg Rörer, Luthers langjährigem Sekretär, im Jahr 2006 wieder als wahrscheinlicher.[15] Fest steht allerdings, dass die Ablassthesen schon vor ihrem möglichen Anschlag an der Kirchentür bekannt waren und kursierten und von den Gelehrten diskutiert wurden, sodass der Aushang nicht erst als Anlass der ablasstheologischen Diskussion angesehen werden kann, sondern allenfalls bereits auf deren Höhepunkt stattfand."

https://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Luther
  • 01.11.2015, 17:38 Uhr
  • 0
Ich habe heute im Deutschlandfunk gehört, dass das "Anschlagen" tatsächlich nicht gesichert sei, dass es aber auch nicht unwahrscheinlich sei, da die damalige Kirchentür der Universitätskirche für die damaligen Studenten eine ideale Funktion als "schwarzes Brett" hatte, wie es das an heutigen Unis und Schulen auch gibt. Dort wurde oft über wissenschaftliche und andere Probleme diskutiert! xxx Es scheint also durchaus glaubwürdig, nur dass er wohl nicht mit Hammer und Nagel davor gestanden wird!
  • 01.11.2015, 19:47 Uhr
  • 0
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Der Cranach malte nicht immer schön, aber Hauptsache prominent!!!!
  • 01.11.2015, 17:16 Uhr
  • 0
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Der Beitrag ist gut. Ich habe dazu gelernt und danke dafür. Allerdings wäre anlässlich des Reformationstages ein längerer Beitrag über Luther wohl ebenso angemessen gewesen.
  • 01.11.2015, 15:39 Uhr
  • 2
Oder über Margot Käsmann......
  • 01.11.2015, 17:17 Uhr
  • 1
Käsmann sah ich heute morgen im TV im Gespräch mit Peter Hahne über Martin Luther, war sehr interessant
  • 01.11.2015, 17:28 Uhr
  • 1
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Ich habe gestern Abend, wie in jedem Jahr, den Reformationsgottesdienst besucht und der Pfarrer legte neben Luther sein Hauptaugenmerk auf den Maler Lucas Cranach, was mich erst
etwas verwunderte. Er sagte, dass Cranach das malte was Luther
predigte! Der obige Beitrag bestätigt, dass Lucas Cranach eine
sehr wichtige Person in Luthers Leben war...
  • 01.11.2015, 15:16 Uhr
  • 4
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"Sola fide! Sola gratia! Sola scriptura!" Die Befreiung des Denkens und die Hinführung zur Eigenverantwortlichkeit für das eigene Leben haben den Weg für die Aufklärungsepoche bereitet. Nicht zu vergessen auch die Überzeugung, dass Bildung für alle wichtig ist, damit auch jeder die Möglichkeit hat, Eigenverantwortung zu übernehmen. Ein Besuch in der Lutherstadt Wittenberg lohnt sich sehr. Dort wird lebendig, was theoretisch bekannt ist. Die noch andauernde Lutherdekade der Ev. Kirche zeigt die vielfältigen Impulse auf, die von der Reformation ausgingen. Was können wir heute aus dieser bewegten Zeit des Umbruchs für die heutige bewegte Umbruchszeit lernen?
  • 01.11.2015, 15:06 Uhr
  • 2
Daß die Lutherischen unsere Demokratie gestalten müssen- siehe Merkel, Gauck, Lieberknecht, Stolpe und andere mehr!
  • 01.11.2015, 17:19 Uhr
  • 0
Es sind doch die Aufgeklärten, welche mit der weltlichen Gewalt kungeln, um das Volk zu führen!!! Wie schön- manche betrachteten auch den Führer als Gottes Auserwählten damals!!!
  • 01.11.2015, 17:21 Uhr
  • 0
"Ein Besuch in der Lutherstadt Wittenberg lohnt sich sehr"...
im nächsten (oder war´s übernächstes? ) Jahr zur Ausstellung aber noch viel mehr
  • 01.11.2015, 17:30 Uhr
  • 0
Frag mal Peter Hahne oder die Käsmann, die wissen wann... waren heute morgen im ZDF - kann man da auch in der Mediathek evtl. nachlesen(-sehen)
  • 01.11.2015, 17:32 Uhr
  • 0
Wissen von Bücherwürmern ist nicht alles!!!!! Und die Lutherbibel ist nicht die alleinseligmachende und wahre Übersetzung- auf gar keinen Fall! Oder gilt hier wie beim Koran: Mohammed ist sein Prophet?
  • 01.11.2015, 17:46 Uhr
  • 0
Für manche ist Luther der Prophet und Wittenberg Mekka!!!!
  • 01.11.2015, 17:51 Uhr
  • 0
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Danke für den sehr interessanten Beitrag
Wieder was gelernt
  • 01.11.2015, 13:54 Uhr
  • 3
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