Jetzt ist es entschieden. Von 140.000 Wahlberechtigten im Landkreis Traunstein haben 55.563 ihr Kreuzchen gemacht. 33.100 (59,6%) stimmten mit Nein. Bei den Befürwortern herrscht Katerstimmung. Auf Seiten der Gegner hört man allerdings auch wenig Triumphgeschrei. Sieger will sich so recht keiner nennen.
Das Ergebnis ist keine Überraschung. Erstens ist man immer leichter dagegen als dafür. Zweitens wurden auch Fehler gemacht. Der Schuss mit der unterschwelligen Drohung: „Wenn ihr nicht mit Ja stimmt gibt’s keine Umgehungstraße“, ging nach hinten los. Die Lärm geplagten Bürger in Eisenärzt nahmen dies übel. Sie wollten einfach nicht einsehen was eine dringend notwendige Umgehungsstraße mit Olympia zu tun haben soll. Ergebnis: 60% Neinstimmen.
Alle waren sie dafür: der Landrat, die Bürgermeister, Tourismusverbände, Sportvereine, die Handwerkskammer, die Parteipolitiker außer den Linken und den Grünen — es hat nichts genutzt. Selbst für erfolgsgewohnte CSU-Granden gab’s ein böses Erwachen. Konservative Wähler verweigerten scharenweise die Gefolgschaft. Und dies in einer Gegend wo ein Besenstiel gewählt wird wenn nur groß genug CSU drauf steht.
Die Mär von den betonierten Langlaufloipen.
Auf der anderen Seite trumpften die Grünen auf im Verein mit selbsternannten Naturschützern. Erstaunlicherweise wurde ihnen jeder Unsinn geglaubt, sogar die abstruse Behauptung, Langlaufloipen seien heutzutage betoniert. Im Detail wusste kaum jemand bescheid. So wie mein Freund Erwin, ein Altachtundsechziger mit silberner Haarmähne bis zur Schulter. Er sei dagegen weil in München das Olympiagelände total kaputt gemacht würde. „Sie bauen das Eisstadion mitten in den Olympiasee, ich hab’s doch auf den Plänen gesehen. Und das Tollwoodfest wird auch abgeschafft“.
Auch nach der Abstimmung konzentriert sich die Kritik auf das IOC. Niemand hat Verträge gelesen, Bilanzen studiert oder im Internet nachgesehen wie die Sponsorgelder verteilt werden. Aber alle wissen: das IOC ist eine geldgierige, undurchsichtige Mafia alter korrupter Männer. Auf die Frage, ob denn die Norweger, die trotz IOC mit fast 60% für Olympia gestimmt haben, alle blöd seien, erntet man eher betretenes Schweigen.
„Dös IOC — de Grattlerbande“.
Sonntagabend beim Feichtenwirt am Bichl. Am Stammtisch sitzen g’standene Männer mit grünen Joppen und Gamsbart auf dem Hut. Sie haben mit Nein gestimmt „weil ma dem Bürgamoaster oane hig’fahr’n ham“. Auf deutsch: den Bürgermeister ärgern wollten. Außerdem seien sie in Inzell sowieso sauer weil auf ihrer geliebten sündteuren Eisschnellaufbahn keine Wettbewerbe stattfinden sollen. Und überhaupt „dös IOC de Grattlerbande, sogar inser eigen’s Bier verbiet’ns uns bei Olympia!“
Einen Tag vor der Abstimmung erklärt sich der Deutsche Alpenverein zum Olympiagegner. Das hat altgediente Mitglieder nicht nur im Chiemgau irritiert. Einerseits definiert sich der DAV auch als Sportverein und bettelt seit Jahren beim IOC um Aufnahme des Klettersports als Olympische Disziplin. Andererseits ist man gegen die Olympia-Bewerbung. Wie passt das zusammen?
Wer hat nun wirklich gewonnen und wer hat verloren? Es sei kein Votum gegen den Sport gewesen, sagt Ludwig Hartmann Fraktionschef der Grünen im Landtag, einer der eifrigsten Propagandisten von NOLYMPIA, „wir haben dem IOC eine Lehre erteilt“. Da werden die Herren der 5 Ringe aber zittern vor dem forschen Provinzpolitiker aus Bayern.
Natürlich hat der Sport verloren und die Umwelt auch. Wir hätten im Chiemgau demonstrieren können wie nachhaltige Winterspiele in Zukunft auszusehen haben. Diese Chance wurde vertan. Gewonnen haben die Bedenkenträger, die Saturierten, die Risikoscheuen. Im Traunsteiner Tagblatt wurde der Berchtesgadener Landrat mit den Worten zitiert: „Gute Nacht liebe Berchtesgadener, schlaft’s weiter“.
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