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Ist Insolvenz (k)eine Schande?

Ist Insolvenz (k)eine Schande?

Sonja Bissbort
05.06.2015, 09:17 Uhr
Beitrag von Sonja Bissbort

Insolvenz ist keine Frage des Geldes, sagte meine Großvater, sondern eine Frage der Ehre. Sein Standpunkt markiert eine Haltung, die sagt: Das darf einfach nicht passieren und deshalb gilt es, alles zu tun, um es zu vermeiden. Dazu gehörte für ihn auch, keine Schulden zu machen. Nichts zu kaufen, wofür nicht ein Geldbetrag steht, nicht über die Verhältnisse zu leben, mehr zu verdienen als auszugeben.

Schulden machen ist heute für viele nicht nur gesellschaftsfähig, sondern anscheinend "in".

Und es wird uns im Grunde sehr leicht gemacht. Es beginnt mit dem Spiel mit Kreditkarten und endet mit einem Lebensstil, der sich nicht nach dem Guthaben auf dem Bankkonto richtet. Für manche geht das Ganze dann schlecht aus. Insolvenz als Worst Case-Szenario. Vor allem jene Insolvenzen, die nicht kalkuliert passieren. Sprich: keine Gelder auf Privatkonten landen, die nicht in das Insolvenzvermögen eingehen.

Dabei zeigt die Statistik, dass z.B. im Jahr 2014 die Unternehmensinsolvenzen einen Rückgang von fast 13 % verbuchen, während die Zahl der Privatkonkurse wieder leicht gestiegen ist.

Nimmt man heute eine Insolvenz, gerade die private schneller, zu schnell in Kauf?

"Für mich ist die Insolvenz eine Erleichterung."

Bei Sandra Maischberger diskutierten vor kurzem Prominente, darunter Schauspieler Martin Semmelrogge, das Thema Privatinsolvenz. Semmelrogge, bekannt für markige Sprüche und Lebensweise, sprach sogar von "Erleichterung". Sein Leben auf der Überholspur landete nicht nur einmal im Graben.

Insolvenz also eine Chance?

Insolvenz zieht einen Strich, ein Fazit. Dies sei ihm lieber als weiterhin "unkontrolliert verschuldet" zu sein. Abi Ofarim, der eine ähnliche Lebenserfahrung machte und bis zu seinem 70. Geburtstag seine Schulden in Millionenhöhe auf Heller und Pfennig zurückzahlte, stimmt Semmelrogge zu. Es sei heilsam gewesen.

Wie aber fühlt sich Insolvenz an, wenn man nicht berühmt ist? Ist es leichter oder schwerer? Kommt man schneller wieder auf die Beine? Bleibt man eher auf der Strecke? Oder ist der gesellschaftliche Druck ohne Promi-Faktor größer und der finanzielle Ruin weniger verzeihlich, weniger "in"?

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7 Kommentare

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Insolvenzen sind im unteren Drittel der Gesellschaft mittlerweile so normal wie bei Grün über die Strasse zu gehen.
  • 15.06.2015, 16:16 Uhr
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Die relativ problemlose Privatinsolvenz wird allerdings auch häufig von Betrügern missbraucht und fördert geradezu bedenkenloses Schuldenmachen.
Wirksame Kontrolle des "Wohlverhaltens" sowie Prüfung der Bedingungen finden ja schon auch aus Kostengründen kaum statt.
Gläubiger sind ja oft auch Menschen, die selbst durch solche (betrügerischen oder zumindest fahrlässig veranlassten) Insovenzen in Not kommen.
  • 07.06.2015, 10:46 Uhr
  • 2
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Als das Insolvenzrecht auch für den Privatmann Ende des letzten Jahrhunderts eingeführt wurde, war die Absicht klar:
Schuldtitel können 30 Jahre lang vollstreckt werden. Zunächst werden Zinsen dann Rückstände gepfändet - zuletzt das Kapital.

Für den Schuldner bestand kein Anreiz zu arbeiten - es blieb ihm für 30 Jahre nur der pfändungsfreie Betrag zum leben - also die Grundsicherung..

Wenn alle Gläubiger damit einverstanden sind, kann er diese lange Zeit auf 6 Jahre - Wohlverhaltensphase - verkürzen, um bei gleichen Bedingungen die Restschuldbefreiung zu bekommen.

Für den Schuldner ist das vorteilhaft - für die Gläubiger weniger...

Aber der Anreiz, eine ordentliche Arbeit aufzunehmen, ist gestiegen. Der Gläubiger hat seine Verluste meist durch Preiserhöhung in seine Artikel eingepreist - die Allgemeinheit zahlt dies...

Ich finde - alles in allem ein gutes Gesetz...

Man kann auch nicht von einer oder keiner Schande sprechen, wenn man eine gesetzliche Möglichkeit wahrnimmt und ausübt...
  • 05.06.2015, 12:30 Uhr
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Sonja Bissbort
Tja, grundsätzlich stimme ich da zu. Aber wo das Gesetz aufhört (bzw. nicht hinreicht), beginnt die Moral oder Ehre. Die fehlende schmerzt die Gläubiger und geht nicht selten sehr zu deren Lasten. Mitunter kann es dort dann existenziell werden. Wie alles hat auch dieses Gesetz seine zwei Seiten.
  • 05.06.2015, 15:34 Uhr
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Nein - es müssen ja alle Gläubiger zustimmen, sonst wird da nichts draus...

Der Gläubiger überlegt dann, ein bißchen von etwas ist immer besser als ein mehr von nichts...

Manchmal ist das bißchen allerdings auch null, wenn der Schuldner am Existenzminimum lebt...
  • 05.06.2015, 15:38 Uhr
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Mangels Masse wird das Verfahren erst gar nicht eröffnet. Vor der Restschuldbefreiung muß der Gläubiger zustimmen wenn weitere Punkte nicht gegeben sind...
  • 06.06.2015, 10:24 Uhr
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Nein, muss er nicht. Stimmen die Gläubiger nicht zu, ersetzt das Gericht die Zustimmung und das Verfahren wird eröffnet. Ist kein Geld für die Verfahrenskosten vorhanden werden diese gestundet. Sicher kann es existentiell sein, wenn Gläubiger ihr Geld nicht erhalten, aber bei einer jahrelangen aussichtslosen Vollstreckung (die auch Geld kostet), sieht es ja nicht anders aus.
  • 23.06.2015, 12:17 Uhr
  • 1
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