„Weiß diese Bundeskanzlerin noch, was sie tut?“ So lautet die Titelzeile eines Beitrages von Henryk M. Broder, einem meiner Lieblings-Journalisten, in der Online-Ausgabe der „Welt“ vom 5.11.15. . Und er zitiert einen von ihm sehr geschätzten Ökonomen mit den Worten: "Mittlerweile fürchte ich wirklich, dass Angela Merkel entweder den Verstand verloren hat oder eine uns unbekannte Agenda verfolgt."
Ich fürchte allerdings, dass es noch schlimmer ist, dass sie keinen Plan hat: Merkel & Co haben im August / September dieses Jahres in der Flüchtlingspolitik einige gravierende Fehler begangen und nun bringt sie nicht den politischen Mut auf, sich von diesen zu distanzieren und kurzfristig gegenzusteuern.
Merkel wird nicht müde zu wiederholen:„Wir schaffen das!“
WAS sollen wir schaffen – und wollen wir DAS überhaupt schaffen? Was ist der Plan von Angela Merkel? Hat sie überhaupt einen? Unsere oberste Angestellte hat mit Verweis auf christliche Nächstenliebe und europäische Werte – und im Gegensatz zu 26 anderen EU-Ländern - die einsame Entscheidung für ihre sehr großzügige Auslegung der Flüchtlingspolitik Deutschlands getroffen und dabei Gesetze und die Verfassung sowohl Deutschlands als auch der EU gebrochen - ohne unsere gewählten Vertreter, nämlich unsere Verfassungs- und Gesetz-gebenden Organe, Bundestag und Bundesrat, dazu zu befragen – ganz zu schweigen, uns, das Volk, den Souverän dieses Landes. Welche Arroganz der Macht! Und was für eine gigantische Überschätzung der eigenen Person - und der wirtschaftlichen Stärke und des außenpolitischen Einflusses Deutschlands!
Welche „europäischen Werte“ meint Merkel? Die europäische Solidarität z. B., die sie Italien und Griechenland verweigert hat, solange vor allem nur diese beiden Länder vom Flüchtlingsstrom betroffen waren, das Dublin-Abkommen noch weitgehend befolgt wurde und Deutschland dem sich anbahnenden Flüchtlingsdrama deshalb noch aus der Ferne zusehen konnte? Und Merkels jetzige Forderung nach einer fairen Verteilung der Flüchtlingsströme in die EU auf alle EU-Länder ist nicht weniger, als die Forderung an die anderen EU-Länder, eine ebenso großzügige Flüchtlingspolitik zu betreiben, wie Merkel selbst das tut. Es ist schon jetzt völlig offensichtlich, dass sich die meisten EU-Länder einer solchen Flüchtlingspolitik auch in Zukunft verweigern und eine EU-weite Lösung illusorisch ist. Und selbst, wenn die von Merkel geforderte Verteilung innerhalb der EU gelänge: Die meisten Flüchtlinge, die nach Deutschland wollen, würden sich dieser Verteilung nicht unterwerfen und aus den anderen EU-Ländern letztlich doch nach Deutschland kommen.
Am 8.12. wurde der Millionste Flüchtling in Deutschland registriert (für die Menschen aus Syrien und Eritrea und für diejenigen, die angeben, aus diesen Ländern zu kommen, nicht per Identitätsprüfung, sondern per Ausfüllen von Fragebögen), weitere geschätzte 300.000 seit Mitte des Jahres eingereiste Menschen halten sich noch nicht registriert in Deutschland auf und können sich frei innerhalb der EU bewegen. Und unter den Neuankömmlingen befinden sich nicht nur Opfer Assads und des IS, sondern offenbar auch Täter (s. z. B. die ARD-Sendung „Fakt“ vom 8.12., 21.45 Uhr, in der Mediathek zu finden ab 8:20 min).
Die Flüchtlinge, die heute die deutsche Grenze überqueren, werden frühestens im Juni 2016 einen Termin beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bekommen, um ihren Asylantrag zu stellen. Und erst dann beginnt dessen Bearbeitungszeit zu laufen, derzeit nach offiziellen Angaben 5 – 6 Monate. „Wir schaffen das!“ ?. „Ich habe die Situation im Griff!“ ?
Mittlerweile erscheint mir Deutschland mehr ein König(innen)reich zu sein als eine Parlamentarische Bundesrepublik . Eine ernsthafte politische Debatte zur Flüchtlingspolitik findet – auch wegen der vermeintlichen, aber langsam bröckelnden Unangreifbarkeit Merkels innerhalb der CDU - nicht statt. Königin Merkel marschiert vorneweg und ihr Hofstaat folgt ihr unbeirrt, die Delegierten des aktuell stattfindenden CDU-Bundesparteitages eingeschlossen – abgesehen von einigen Nörglern unter den Politikern in den Bundestagsfraktionen und aus den Bundesländern. Selbst die Grünen jubeln ihr zu und der Fraktionsvorsitzende der Linken zitiert angesichts der Flüchtlingspolitik Merkels gar anerkennend aus der Bibel – spätestens das sollte Merkel stutzig machen, aber Fehlanzeige.
Und die öffentlich-rechtlichen und die große Mehrheit der privat-rechtlichen Medien, eingemauert in selbst verordneter politischer Korrektheit, überbieten sich – inhaltlich und rhetorisch – weitgehend in euphorischem Optimismus bezüglich der Chancen, die diese Flüchtlingspolitik für Deutschland böte. Und so bleiben in diesen Medien viele Fakten ungenannt, die diesen euphorisch-optimistischen Blick trüben und den Normalbürger in die Irre führen könnten – mit Ausnahme einiger Online-Ausgaben großer Zeitungen , vereinzelt auch mal im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, vor allem aber privater Webseiten, Blogs und Foren. Nun ja, die öffentliche Meinung ist nun mal nicht die veröffentlichte Meinung.
„Wir schaffen das!“ und „Ich habe nie gesagt, dass wir das allein schaffen!“, sagte Merkel. Aha – wir müssen also nicht nur genau hinhören, was Merkel sagt, sondern auch aufpassen, was sie nicht sagt. Vielleicht hat sie uns ja noch nicht gesagt: „Ich bin 2016 dann mal weg!“: Die Amtszeit des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, Ban Ki-Moon, läuft noch bis zum 31. Dezember 2016 …
Ich befürchte allerdings, dass Merkel bei der nächsten Bundestagswahl, 2017, erneut antreten will, um ihr Werk – was immer das ist – zu vollenden. Immerhin hat sie es ja bis jetzt schon geschafft, die CDU in der öffentlichen Wahrnehmung als links von der Mitte der Gesellschaft stehend zu plazieren.
Wie aktuelle Umfragen belegen, lehnt die Mehrzahl der Deutschen die Flüchtlingspolitik Merkels ab – und 48 Prozent der Deutschen sind gegen eine weitere Amtszeit von Merkel ab 2017, 44 Prozent dafür. Diese Prozentzahlen stimmen nicht mit meiner persönlichen Erfahrung überein (mehr dazu im nächsten Beitrag), aber selbst diese Prozentzahlen reflektieren sich in meiner Wahrnehmung noch nicht genügend in konkreten Handlungen, die eine Abkehr Merkels von ihrer aktuellen Flüchtlingspolitik erzwingen könnten – und das halte ich für deutlich früher notwendig als erst zur nächsten Bundestagswahl.
Die große Mehrheit der Gegner von Merkels Flüchtlingspolitik beschränkt sich, wie ich das wahrnehme, noch auf mehr oder weniger emotionale Äußerungen und Kommentare in Gesprächen in ihrem Umfeld, in sozialen Medien, in Foren und auf den Webseiten von Online-Medien. Das baut zwar kurzfristig Frust ab, ändert aber an der Realität leider gar nichts. Einige relativ wenige marschieren bei Pegida-Demos (und ihren bundesweiten Ablegern) mit – für mich keine Option. Und einige andere treten der AfD bei (für mich keine Option) oder beteiligen sich an deren Demos - solange ich noch Alternativen dazu sehe, für mich auch keine Option.
Diesem Beitrag werden Fortsetzungen folgen, in denen ich relevante Fakten zur Flüchtlingsthematik thematisieren werde, die man nicht in jeder Zeitung finden oder in Radio- / TV- Nachrichten hören kann. Vor allem aber möchte ich damit zu der Debatte beitragen, was die Gegner von Merkels Flüchtlingspolitik in der Zivilgesellschaft tun können (bzw. auch erfahren, was Ihr jetzt schon tut), um hier deutliche Veränderungen zu erzwingen.
Sicherheitshalber zur Klarstellung zu diesem Beitrag und seinen Fortsetzungen:
- Meine Kritik richtet sich nicht gegen die Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, sondern gegen Merkels Flüchtlingspolitik.
- Mit „Handlungen, die eine Abkehr Merkels von dieser Politik erzwingen könnten“ meine ich demokratisch legitimierte Handlungen, ich distanziere mich von jeder Art von Gewalt.
Ich bitte diejenigen, die diesen Beitrag für nützlich halten und ihn womöglich unterstützen wollen, ihn unter Euren Kontakten weiter zu verteilen. Danke.
Für diejenigen, die sich an der Debatte beteiligen wollen, hielte ich es für vorteilhaft, wenn wir uns gegenseitig zu Kontakten machten.
Sorry – der Beitrag ist viel zu lang geworden. Bis demnächst, Bernd.
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