Nach den jüngsten Anschlägen in England breitet sich auch in Deutschland die Terrorangst wieder mehr aus. Und das offenbar zurecht. Denn laut Informationen des "NDR"-Politikmagazins "Panorama 3" sind hierzulande aktuell 351 Haftbefehle gegen Islamisten nicht vollstreckt. Das sind 32 Prozent mehr als noch 2016.
Die Grünen hatten im Bundestag eine schriftliche Kleine Anfrage zu diesem Sachverhalt gestellt.
Besonders brisant: Nur ein Teil der gesuchten Islamisten werden tatsächlich wegen Terrorverdachts gesucht, also der Bildung einer terroristischen Vereinigung oder der Vorbereitung einer staatsgefährdenden Straftat. Der andere Teil der Gesuchten trat bislang wegen nicht-politisch motivierten Taten in Erscheinung. Und genau das beunruhigt die Experten.
Terroristen oft als Kleinkriminelle auffällig
Denn die meisten Terroristen würden vor Anschlägen als Kleinkriminelle auffällig. So sagte die innenpolitische Sprecherin der Grünen im Deutschen Bundestag, Irene Mihalic, dem "NDR":
Wer sich die Anschläge der vergangenen Jahre anschaut, erkennt immer wieder das gleiche Profil bei den Attentätern: Sie sind den Sicherheitsbehörden bekannt und haben einen kleinkriminellen Hintergrund.
Vor allem der Fall Amri zeige, dass vermeintlich Kleinkriminelle immer wieder unterschätzt würden.
Nach dem Motto: Der plant keinen islamistischen Anschlag, denn der ist im kleinkriminellen Milieu unterwegs.
Ähnliches ist von Seiten des Bundes Deutscher Kriminalbeamten zu hören. So sagte Ulf Küch dem "NDR":
Die Erfahrung aus den letzten Jahren zeigt einen klaren Zusammenhang zwischen islamistischen Terroristen und dem Milieu der Kleinkriminalität. Fast alle waren vorher dort unterwegs. Die Haftbefehle nicht zu vollstrecken ist deswegen fahrlässig.
Aufenthaltsort unbekannt
Dass die Haftbefehle bislang nicht vollstreckt wurden, liegt hauptsächlich daran, dass sich die gesuchten Personen entweder im Ausland aufhalten oder der Aufenthaltsort unbekannt ist. Demnach wollte das Bundesinnenministerium keine verbindliche Aussage darüber treffen, wie viele gesuchte Islamisten tatsächlich in Deutschland weilen.
Unter den Gesuchten befinden sich auch 100 sogenannter Gefährder und sieben "relevante Personene" aus dem Umfeld der Gefährder. Grünen-Politikerin Mihalic fordert deshalb:
Die Zahl der im Inland befindlichen Personen mag gering sein. Dennoch sehe ich die Sicherheitsbehörden in der Pflicht, diese Personen schnellstmöglich aufzuspüren und sie auch tatsächlich festzunehmen. Alles andere halte ich in der aktuellen Sicherheitslage für unverantwortlich.
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