Unbestätigten Berichten aus Downing Street 10, London, zufolge soll Georg Friedrich Händel im Zuge des Brexits das Vereinigte Königreich verlassen müssen. Händel, englisch „George Frideric Handel“ ist ein in Halle an der Saale geborener Komponist, der mehr als 40 Opern und zahlreiche Oratorien geschrieben hat. Er liegt seit 1759 in der Westminster Abbey. Auf die Nachricht seiner Ausweisung hin haben sich in den letzten Tagen zahlreiche Besucher an seinem Grabmal im South transept in der poets corner eingefunden, um auf dessen Öffnung zu warten. Unser Reporter sprach mit einigen, darunter auch vielen EU-Bürgern, die bereits auf gepackten Koffern sitzen. Jan T., ein Pole: „Ich habe mit einigen Freunden gesprochen. Wir würden gerne mit ihm zusammen gehen, in einer großen Prozession das Land verlassen. Händel war zwar kein Pole, aber wie wir Europäer.“ Wo der Meister des Barocks auf dem Festland seine letzte Ruhestätte finden wird, ist noch nicht entschieden. Aus der Verwaltung von Halle heißt es, man würde „im Dom einen würdigen Platz finden“. Auch Leipzig wäre wohl nicht dagegen, Endstation seiner letzten Reise zu sein. „Bach und Händel in einem gemeinsamen Mausoleum unterbringen zu können, das wäre für uns so schön, wie es für Weimar vortrefflich ist, Goethe und Schiller in einer Gruft zu haben.“ Man würde aber der Geburtsstadt im benachbarten Sachsen-Anhalt in jedem Fall den Vortritt lassen.
Ob weitere Persönlichkeiten des europäischen Festlandes die Insel verlassen müssen, war bisher nicht in Erfahrung zu bringen. Allerdings gäbe es im Umfeld von Theresa May Forderungen, die Briten, die im Gebiet der Europäischen Union bestattet sind, in heimische Erde heimzuholen. Vom Bund Deutscher Kriegsgräberfürsorge war dazu zu erfahren, dass man sich dem Ansinnen widersetzen würde, die Gefallenen des 1. und 2. Weltkrieges umzubetten. Erstens, so hieß es, wäre dies eine Störung der Totenruhe, zweitens müssten dann die Schotten und Iren aussortiert werden, deren Aufenthalt man jedenfalls dulden würde, was – drittens – einen unzumutbaren Aufwand bedeuten würde.
In die sich in der Westminster Abbey ausbreitenden Unruhe platzte inzwischen die Nachricht, die britische Premierministerin Theresa May beanspruchte den freiwerdenden Platz für sich. Dagegen gäbe es jedoch Widerstand aus dem Lager von Boris Johnson, ihres parteiinternen Widersachers. Er sei schließlich „einer der Väter des Brexits“, daher stehe ihm der Platz zu. May dagegen sei eine „walking dead“, eine wandernde Tote, die keinen Liegeplatz benötige. Das britische Königshaus hat sich bislang, wie üblich, jeden Kommentars enthalten. Es werde aber, berichtete ein für gewöhnlich gut unterrichteter Stallbursche unserem Reporter, überlegt, ob man nicht „all these people“, alle diese Leute, die zu den Ahnen des britischen Königshauses zählten, die aber in Gotha, Coburg und anderen deutschen Königshäusern und Fürstentümern geboren wurden, zu unerwünschten Migranten erklärt. Jedenfalls werde man sich eine neue Nationalhymne suchen, weil die „National Anthem“ denselben Anfang habe wie die vierte von Händel komponierte Krönungsmotette.
Bildquelle: hhh
Mehr zum Thema
3 Kommentare