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"Angriffe auf die Polizei waren Mordversuche" - Minister verurteilt G-20-Kra ...

"Angriffe auf die Polizei waren Mordversuche" - Minister verurteilt G-20-Krawalle in Hamburg

News Team
15.07.2017, 14:36 Uhr
Beitrag von News Team
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Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius hat in einem Interview mit der WELT einen Teil der Angriffe auf die Polizei scharf verurteilt. Bei den Krawallen im Hamburger Schanzenviertel in der vergangenen Woche bezeichnete er einige Attacken als Mordversuche.

Was dort geschehen ist – unten in der Straße Feuer zu legen, um Polizei und Feuerwehr zum Einschreiten zu veranlassen, und diese dann von oben zu bewerfen –, das erfüllt aus meiner Sicht alle Merkmale eines Mordversuchs: Heimtücke, niedere Beweggründe. Es muss den Tätern mit dieser Vorgehensweise darum gegangen sein, andere Menschen zu töten.

Denn, so der Landesinnenminister:

Ein Pflasterstein aus dieser Höhe – das zerschlägt jeden Helm. Da weiß jeder, dass derjenige, der getroffen wird, tot ist.

Pistorius – der im SPD-Bundestagswahlkampf für das Thema innere Sicherheit zuständig ist – sprach sich gleichwohl dagegen aus, „diese Gewalt simpel als linksextrem einzuordnen, das wäre zu einfach, und es wäre auch falsch. Unter diesen Gewalttätern sind viele, die sich auch als Linksextremisten sehen, keine Frage, aber das, was sie machen, ist eben mit keiner Ideologie begründbar.“

Er warnte vor „reflexartigen“ Reaktionen auf die Hamburger Randale. Zwar müsse sich im politischen Umgang mit den linksextremen Zentren in der Bundesrepublik wie dem Autonomen-Treff Rote Flora etwas ändern. Vorher müsse man allerdings herausfinden „wer da eigentlich welche Verantwortung gehabt hat. Wer dort wen gedeckt und unterstützt hat“.

Das Interview im Wortlaut:

DIE WELT: Ihr Land Niedersachsen hatte 1900 Polizisten in Hamburg im Einsatz. Wie haben Sie den Gipfel und den Gewaltausbruch rings herum erlebt?
Boris Pistorius: Am Donnerstagmorgen, vor Beginn des Gipfels, war ich dort, um einige unserer niedersächsischen Beamtinnen und Beamten zu treffen und mir ein Bild zu machen. Die waren gut vorbereitet, aber es herrschte schon eine angespannte Ruhe. Keiner wusste so richtig, was passieren wird.

Wann haben Sie mitbekommen, dass es ungemütlich wird für die Polizei?
Abends, als ich die ersten Bilder gesehen habe. Ich wurde telefonisch immer wieder unterrichtet. Die Aussagen zusammen mit den Bildern haben mich schon erschreckt. Mir waren die Auseinandersetzungen während der Eröffnung der EZB in Frankfurt 2015 ja noch präsent – aber das hier war heftiger. Es wirkte zielloser, willkürlicher. Vielen, die da randaliert und zerstört haben, ging es von Beginn an überhaupt nicht um Inhalte oder politischen Protest, sondern nur um sinnlose Gewaltausübung.

Ihre Leute waren dann auch Freitagnacht auf der Hamburger Straße Schulterblatt im Einsatz.
Ja, eine Hundertschaft der Bereitschaftspolizei war vor Ort und wartete auf die Sondereinheiten, die eigentlich für mögliche Terrorlagen nach Hamburg beordert worden waren und die ins Schanzenviertel gerufen worden waren. Diese haben dann das Dach gestürmt, auf dem unter anderem Gehwegplatten und Molotowcocktails gesammelt worden waren, um sie offenbar auf Polizisten zu werfen. Was dort geschehen ist – unten in der Straße Feuer zu legen, um Polizei und Feuerwehr zum Einschreiten zu veranlassen, und diese dann von oben zu bewerfen –, das erfüllt aus meiner Sicht alle Merkmale eines Mordversuchs: Heimtücke, niedere Beweggründe. Es muss den Tätern mit dieser Vorgehensweise darum gegangen sein, andere Menschen zu töten. Ein Pflasterstein aus dieser Höhe – das zerschlägt jeden Helm. Da weiß jeder, dass derjenige, der getroffen wird, tot ist.

Woher kommt solche Gewaltbereitschaft – oder besser: Mordlust – in einer sich auf der linken, aus deren Sicht also besseren Seite der politischen Auseinandersetzung wähnenden Gruppe?
Dahinter steckt eine solche Brutalität, ein solcher Hass auf was auch immer, das kann ich gar nicht richtig fassen. Und ich weigere mich, diese Gewalt simpel als linksextrem einzuordnen, das wäre zu einfach, und es wäre auch falsch. Unter diesen Gewalttätern sind viele, die sich auch als Linksextremisten sehen, keine Frage, aber das, was sie machen, ist eben mit keiner Ideologie begründbar.

War dieser Gewaltausbruch absehbar?
Es gab, wie wir inzwischen wissen, eine entsprechende Lageeinschätzung des Bundesamtes für den Verfassungsschutz. Daraus ging hervor, dass es aufseiten der potenziellen Gewalttäter das Ziel gab, zumindest vorübergehend den Eindruck eines staatlichen Kontrollverlustes zu erwecken.

Und das war nicht zu verhindern?
Sagen wir es mal so: Schon die Entscheidung der Bundeskanzlerin, den Gipfel in Hamburg auszutragen, ist getroffen worden in dem Wissen, dass es sehr schwer werden würde, die Veranstaltung zu schützen.

Was wäre die Alternative gewesen?
Ich möchte mir nicht anmaßen, im Nachhinein Ratschläge zu geben. Hamburg scheint mir aber von Beginn an keine sonderlich gute Idee gewesen zu sein.

War es falsch, dass Olaf Scholz den Hamburgern vorab eine Sicherheitsgarantie ausgestellt hat?
Das bewerte ich nicht.

Wie sollten Polizei und Politik nach den Hamburger Erfahrungen mit Demonstrationen umgehen, in denen Schwarze Blöcke mitlaufen?
Sobald es zu Gewalt kommt, muss die Polizei so eingreifen, dass die Lage nicht weiter eskaliert. Da gibt es kein Pauschalrezept. Jede Demonstration, jede Versammlung ist zunächst durch Artikel 8 der Verfassung geschützt. Also muss die Polizei sehr sorgfältig darauf achten, in welcher Situation sie mit welchen Mitteln eingreift. Das ist lageabhängig und muss in jedem Einzelfall vor Ort geprüft und entschieden werden. Und in dem Moment erwarte ich von den übrigen friedlichen Demonstranten, dass sie sich absetzen, aus dem Weg gehen und deutlich machen, dass sie nichts mit den Gewalttätern zu tun haben.

In Hamburg konnte man zwischenzeitlich den Eindruck gewinnen, dass Deutschland zu wenig Polizisten hat. Stimmt das?
Es gibt derzeit zu wenige Polizisten, ja. Einige Bundesländer, auch der Bund haben da in den vergangenen Jahren zu sehr abgespeckt. Deshalb haben wir Sozialdemokraten in unserem Sicherheitspapier zur Bundestagswahl auch eine Aufstockung von 15.000 Beamten vorgesehen. Schon das ist anspruchsvoll, weil man den Polizeinachwuchs ja erst einmal anwerben und ausbilden muss. Wenn jetzt, aus Bayern oder von anderswo, noch höhere Zahlen genannt werden, ist das unseriös, auf Jahre nicht realisierbar – weil allein Auswahl und Ausbildung ihre Zeit brauchen – und hilft damit in der gegenwärtigen Situation nicht.

Ärgert es Sie, dass die G-20-Krawalle jetzt wieder der SPD auf die Füße fallen?
Ja, klar. Es ist schlicht und ergreifend falsch, wenn behauptet wird, Teile der SPD hätten Probleme mit der Abgrenzung zum Linksextremismus. Das stimmt einfach nicht. Die SPD ist die Partei in Deutschland, die am meisten unter Extremismus gelitten hat, egal ob von links oder von rechts. Wir brauchen keine Belehrungen, nicht aus Bayern, nicht von Herrn Scheuer oder Herrn Tauber oder sonst wem. Was in Hamburg passiert ist, wäre unter einem schwarz-gelben Senat genauso abgelaufen. Die Rote Flora ist auch von Ole von Beust und seinem damaligen Innensenator Schill nicht geschlossen worden.

Heißt das, dass der Linksextremismus in den vergangenen Jahren, in denen Rechtsextremismus und Islamismus im Fokus gestanden haben, insgesamt von Politik und Sicherheitsbehörden nicht hinreichend beachtet worden ist?
Nein. Die Sicherheitsbehörden haben das Thema immer auf dem Schirm gehabt, der Fokus der Öffentlichkeit richtet sich jetzt aber natürlich auf das Thema. Insgesamt greift das aber zu kurz.

Jedenfalls scheint es so gewesen zu sein, dass das Gewaltpotenzial der extremen Linken unterschätzt worden ist.
Wir haben mehr als doppelt so viele rechtsextremistische Straftaten in Deutschland wie linksextremistische. Wir haben mehr Tötungsdelikte und gefährliche Körperverletzungen, die auf der rechten Seite zu Buche schlagen, im Vergleich zur linken. Das heißt aber nicht, dass ich nicht wüsste, dass die Schwelle zur Gewalt auf der linken Seite in den vergangenen Jahren immer niedriger geworden ist, darauf haben wir auch in unserem aktuellen Verfassungsschutzbericht wieder hingewiesen. Wir haben diese Szene also nicht ansatzweise aus dem Blick verloren. Egal ob islamistisch, rechts oder links: Jede Gewalt, jeder Extremist muss von uns bekämpft werden.

Heißt das, dass man auch nach Hamburg alles so laufen lässt wie bisher?
Man sollte etwas verändern. Aber erst, wenn man weiß, wo die Ursachen des Gewaltausbruchs liegen. Der Gewaltexzess von Hamburg liegt jetzt gerade mal eine Woche zurück. Ich würde gerne wissen, wer da eigentlich welche Verantwortung gehabt hat. Wer dort wen gedeckt und unterstützt hat. Wenn man das weiß, kann man auch entscheiden, was man tut. Im Fall der Roten Flora ist das allerdings eine Hamburger Entscheidung.

Solche linksextremen oder auch autonomen Zentren gibt es in vielen deutschen Städten. Ist das aus Sicherheitsaspekten vielleicht sogar ganz vernünftig, weil man die Szene dort eher im Blick hat, als wenn sie sich in privaten Räumen trifft?
Wo man etwas schließt, wird auch immer etwas verdrängt und taucht im Zweifel an anderer Stelle wieder auf. Also muss man genau hinschauen. Das tun wir. Und wenn wir feststellen, dass sich die Dinge in einem dieser Zentren bedenklich entwickeln, muss man auch einschreiten. Im Zweifel auch schließen. Was man nicht machen sollte, ist, aufgrund eines Ereignisses wie in Hamburg reflexartig solche Einrichtungen voreilig aufzulösen. Andererseits werden wir die Hamburger Erfahrungen natürlich einbeziehen in unsere Arbeit.

Wo seid ihr? Das sind Deutschlands vermisste Kinder!

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2 Kommentare

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Die neue faschistische Gewalt der Linken und ihrer Freunde "Erlebnistouristen des sogenannten Schwarzen Blocks, in der Regel Bürgerkinder in ihren spätpubertären Trotzjahren" das ist was mich so sehr an diese "Linksautonomen" stört: ich habe den festen Eindruck, dass die meisten von ihnen sind die verwöhnten Sprösslingen von sehr gut situierten Familien. Dies erklärt auch die Neigung von Politikern solche Ausschreitungen zu verharmlosen...es handelt sich doch zum Teil um die eigenen Kinder, Das Beste ist, dass die alle heiligen Antiglobalisten tragen T-Shirts und Schuhe aus Bangladesch, Indien oder Vietnam, essen billiges Fleisch aus China. Sie profitieren von der Globalisierung genauso wie die gehassten Kapitalisten nur auf eine andere Weise! Ach und noch die Tickets nach Hamburg haben die Eltern gespendet, die in den gehassten Konzernen arbeiten.
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  • 16.07.2017, 12:02 Uhr
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