Bei der Staatsanwaltschaft Bonn ist erneut die Strafanzeige eines Bundeswehroffiziers eingegangen. Wie die WELT berichtet, wirft der Soldat dem Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Gerd Hoofe, und Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) vor, disziplinarrechtliche Ermittlungen behindert zu haben.
Der Offizier bittet die Staatsanwaltschaft, „unter allen rechtlichen Gesichtspunkten“ zu prüfen, so heißt es in der der WELT vorliegenden Anzeige, ob damit die Tatbestände des Paragrafen 258 Strafgesetzbuch (Strafvereitelung im Amt) oder des Paragrafen 32 Wehrstrafgesetz (Missbrauch der Befehlsbefugnis zu unzulässigen Zwecken) erfüllt sind.
Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft bestätigte der WELT den Eingang der Strafanzeige am 20. Juli. Unter dem Aktenzeichen 338JS147/17 prüfen die Strafverfolger nun, „ob wir Ermittlungen aufnehmen“. Als Beschuldigten führt die Behörde zunächst nur Hoofe. Da sich die Anzeige ausdrücklich auch gegen die Ministerin richtet, hat die Staatsanwaltschaft im Rahmen ihrer Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung aber auch Anhaltspunkte für eine Straftat von der Leyens zu prüfen. Dem Ministerium ist die Anzeige noch nicht bekannt, wie ein Sprecher auf Anfrage der WELT mitteilte.
Konkret wird dem Staatssekretär und der Ministerin von dem Offizier vorgeworfen, in einem Disziplinarverfahren gegen einen ihm unterstellten Dienstvorgesetzten die Zeugenaussagen zweier Soldatinnen unterdrückt zu haben. Deshalb habe er die disziplinarrechtlichen Ermittlungen „zähneknirschend“ einstellen müssen, so der Offizier in seiner Anzeige – ohne letztlich klären zu können, ob tatsächlich ein Vergehen oder eine Straftat begangen worden sind. Die beiden Frauen hatten sich von ihrem Dienstvorgesetzten unter Druck gesetzt und genötigt gefühlt.
Zwar hatten die Soldatinnen ausgesagt, allerdings nicht im Rahmen des vorgeschriebenen Disziplinarverfahrens, sondern vor dem von der Verteidigungsministerin ins Leben gerufenen Stabselement „Chancengerechtigkeit, Vielfalt und Inklusion“ im Ministerium. Trotz mehrmaliger Aufforderung des Offiziers, über den Inhalt dieser Zeugenaussagen informiert zu werden, hatte das Ministerium die Herausgabe verweigert.
Der Soldat sieht durch dieses Verfahren des Ministeriums die vorschriftsmäßige Aufklärung von Dienstvergehen gefährdet. Im Rahmen eines Führungskräftetreffens am 22. Mai in Strausberg trug er den Vorgang auch der Ministerin vor, und zwar „im Plenum und im Anschluss in einem persönlichen Gespräch“. Von der Leyen habe versprochen, sich zu kümmern – das aber nicht getan.
Der aktuelle Vorgang ist nicht die erste Strafanzeige eines Bundeswehrsoldaten gegen von der Leyen, mit der sich die Staatsanwaltschaft Bonn beschäftigen muss. Bereits im Juni hatte ein Oberstleutnant Ermittlungen zum Tatbestand des Paragrafen 344 Strafgesetzbuch (Verfolgung Unschuldiger) in Gang gesetzt. Dieses Verfahren hat die Staatsanwaltschaft aber mittlerweile eingestellt, wie ein Sprecher der Behörde der WELT mitteilte. Der Tatbestand könne von Angehörigen der Bundeswehr nicht begangen werden.
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