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War der Winter früher wirklich besser? Unser trügerisches Gefühl für Schnee. ...

War der Winter früher wirklich besser? Unser trügerisches Gefühl für Schnee...

Christine Kammerer
14.01.2013, 09:38 Uhr
Beitrag von Christine Kammerer

Früher war alles besser. Sogar der Winter. Doch ist es wirklich so, dass richtige Winter Schnee von gestern sind? Diese Wahrnehmung lässt sich jedenfalls statistisch nicht belegen. Unsere Erinnerungen an die Winter von früher sind trügerisch - wir erinnern uns nicht an das Schmuddelwetter, sondern an frostige Eistage und gewaltige Schneeberge.

Ich erinnere mich sehr gut an den Winter 2010. Deutschland im Schneechaos. Meine Rückreise von den Kanarischen Inseln kurz vor Weihnachten verzögerte sich um ganze sechs Stunden. Weil die Flugzeuge in Deutschland komplett vereist waren und die Startbahnen unter den Schneelasten ächzten. Bei der Ankunft am Flughafen Nürnberg verspäteten sich die Taxis um eine gute Stunde, da der Räumdienst die Schneemassen kaum noch bewältigen konnte und im Laufe des Winters gingen der Stadt sogar die Salzvorräte aus. Von den - angeblich winterbedingten - Ausfällen der Deutschen Bahn ganz zu schweigen. Ein Ausnahmewinter?

Wenn das Quecksilber im Winter Plusgrade zeigt und der Schnee mehr als zwei Wochen ausbleibt, sind wir sehr schnell mit Unkenrufen bei der Hand - nach dem Motto: Früher, also damals, als Winter noch richtige Winter waren, da gab es so etwas nicht! Es ist doch viel zu warm. Und richtigen Schnee gibt es ja sowieso schon lange nicht mehr…

Richtige Winter – Schnee von gestern?
Lassen Sie uns einen Blick auf die Fakten werfen: In den Jahren 1980 bis 1990 hatten wir beinahe ebenso viele Winter mit negativen Durchschnittstemperaturen wie mit positiven (6:5). In den Jahren 2000 bis 2010 waren es fast genauso viele (4:7). Hier einige Beispiele:

Temperaturen

Alle Angaben in ° Celsius, Quelle: http://www.wetterzentrale.de/klima/tmuenchenr.html

Anfang 2011 titelten die Medien: „Werden die Winter in Deutschland immer strenger und härter?“ Der Winter 2010/2011 war tatsächlich einer der kältesten seit der exakten Wetteraufzeichnung überhaupt - überboten nur von einer Kältewelle in den Jahren 1969/1970 (-4,7° C). Der Februar 2012 war im Mittel um 8,2° C zu kalt, der gesamte Winter aber ein durchschnittlicher und eher milder. Insgesamt zeigt die Statistik: Die Winter des vergangenen Jahrzehnts waren denen von früher durchaus ebenbürtig. Und auch der Trend, dass die Winter in den 90ern etwas mildere Temperaturen aufwiesen, scheint in den letzten 10 Jahren gebrochen.

Noch muss sich dieser Winter nicht verstecken
Gehen wir noch weiter zurück: Die Winterstatistik der 1950er Jahre kann die Theorie von den angeblich so strengen Wintern von früher nicht wirklich stützen. Wiederum weisen lediglich vier Winter negative Durchschnittstemperaturen auf, zum Beispiel der von 1955/1956 mit -2,3 Grad. Und auch da war wie so oft nur ein einziger Monat für die niedrigen Durchschnittswerte verantwortlich, nämlich der extrem kalte Februar 1956. So auch in den Jahren 1984/1985 (Durchschnittstemperaturen im Januar: -5,9° C) und 1986/1987 (Januar: -5,5° C). In beiden Wintern wirkte sich ein ganz besonders kalter Januar drastisch auf die Gesamtstatistik aus. Übrigens kam der Winter 1985/1986 trotz eines überaus eisigen Monats Februar (-6,4 Grad) insgesamt durchschnittlich nur auf -0,7° C. Und das lässt Schlüsse auf die milden Temperaturen der übrigen Wintermonate zu. Der Umkehrschluss dagegen ist trügerisch. Denn selbst wenn Dezember und Januar 2012/2013 bisher ungewöhnlich mild waren, ist es zu früh, auf einen „schlechten“ Winter zu schließen. Schneeberge und klirrende Kälte stehen uns ja vielleicht noch bevor.

Die Winter unserer Kindheit
Wenn es also nicht die Winter sind, die schlechter geworden sind, dann vielleicht unser Gedächtnis? Ja, wie war das eigentlich damals? Ich erinnere mich doch noch ganz genau an die Winter meiner Kindheit in der tiefsten Oberpfalz: Monatelang bibberten wir bei klirrender Kälte in unseren ausgekühlten Wohnstuben und wärmten unsere klammen Hände bei Kerzenlicht am knisternden Kaminfeuer. Die Fenster waren mit bizarren Eisblumen verziert und der Schnee wurde überhaupt erst erwähnenswert, wenn er sich so hoch aufgetürmt hatte, dass er die Garage im Garten überragte. Morgens, wenn man dick eingemummelt das Haus verließ um mit der Bahn in die Schule zu fahren, musste man sich in Acht nehmen, um nicht von herabfallenden Eiszapfen erschlagen zu werden und so manche gewaltige Schneelawine, die vom Dach polterte, begrub die auf der Straße parkenden Autos unter sich. Nicht selten war gar das öffentliche Leben gänzlich zum Stillstand gekommen. Zum Glück hatten wir uns rechtzeitig bevorratet, denn durch die tiefen Schneewehen war oft tagelang kein Durchkommen mehr.

Die Erinnerung ist ein starker Filter und sehr subjektiv, will heißen: von Emotionen geprägt. Was uns gerade in der Kindheit besonders bewegt und beeindruckt bekommt im Gehirn eine Größenordnung, die mit den trockenen Fakten am Ende nicht mehr allzu viel zu tun hat. Und extreme Erlebnisse werden gerne verallgemeinert. Es ist ein wenig wie beim Jäger- und Angler-Latein: Die Beute wird mit jeder Erzählung imposanter, die Herausforderung größer. Wir speichern nicht das Schmuddelwetter an 75 Wintertagen, sondern die 15 frostigen Eistage des Jahres mit den gewaltigen Schneemassen ab. Wir erinnern uns an Schneeburgen, Schneeballschlachten und Schneemänner, an die Freuden des Wintersports und unsere ersten vorsichtigen Schritte auf dem knirschenden Eis.

Die Bahn ist winterfest…
…verkündete der gerade aktuelle Bahn-Chef. Das war wie immer vor dem Schnee. Ja, früher war doch etwas besser: Die Züge fuhren auch im Tiefschnee und die Weichen funktionierten sogar bei Minustemperaturen. Vermutlich sind wir alle nur Opfer der alljährlichen Marketing-Kampagne der Deutschen Bahn. Demnach ist Winter ein Ausnahmezustand, der manchmal urplötzlich und unvorhersehbar über uns herein bricht, wenn vereinzelte Schneefälle ein derart gewaltiges Ausmaß annehmen, dass einfach alles vollständig zum Erliegen kommt. Das Erstaunliche daran: Ausfälle im Zugverkehr gab es damals praktisch nie.

Interessante Links:
Temperaturen – Messwerte in Dekaden seit 1770 (Als genau und relativ zuverlässig gelten lediglich die Messdaten aus den letzten etwa 150 Jahren)

Klima in Deutschland 1990 - 2012

Der Winter und die Bahn - Früher war alles besser

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13 Kommentare

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Wie sagte schon Karl Valentin : " Die Zukunft war früher auch besser "
  • 31.07.2013, 19:43 Uhr
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http://www.arte.tv/de/klimawandel-ar...922640.html
  • 22.01.2013, 10:44 Uhr
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Christine Kammerer
Hallo Rüdiger,
ich habe oben nur einige wissenschaftlich belegte Fakten dargestellt, der Beitrag hat erst mal mit dem Klimawandel nicht so viel am Hut. Das ist ME ein eigenes Thema und es würde wirklich zu weit führen, das hier ausführlich zu diskutieren. Da du dich dafür sehr zu engagieren scheinst, wäre es doch vielleicht eine gute Idee, wenn du einen eigenen Beitrag darüber schreibst? Ich bin sicher, dass das eine sehr ergiebige Diskussion in die Wege leiten würde und das ist doch in deinem Sinne. Hier geht das eher unter. LG Christine
  • 22.01.2013, 12:07 Uhr
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Es ist sicher allgemein bekannt das ältere Menschen sich an Dinge, die in der Jugend passiert sind, sehr genau erinnern können. Ich habe auch Erinnerungen an die strengen Winter 19 41 und 19 42 denn damals war die Eder ( ein kleiner Fluss im Rothaargebirge bis zur Weser ) war von Erndtebrück bis zur hessischen Landesgrenze bis auf den Grund zugefroren und wir konnten die ganze Strecke mit Schlittschuhen befahren. Im Schlosspark in Berleburg wurde für die Brauerei mit der Säge Eis zu Blöcke geschnitten und im Eiskeller für den Sommer eingelagert, das Eis hatte eine Stärke von durchweg 50 bis 60 cm. Im Winter 1946 war die Odeborn und die Eder wieder zugefroren und die Eisschollen die vom Hochwasser abgetragen wurden , lagen noch Anfang Mai 1947auf den Wiesen an der Eder. Es war also früher auch schon richtig kalt. Eine weitere Kälteperiode hatten wir Ende 1950, damals waren in den erstmals gebauten Fertighäusern, alle Wasser- und Heizungsleitungen in den dünnen Außenwänden eingefroren
  • 22.01.2013, 08:54 Uhr
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Christine Kammerer
Herr Dieckmann, schreiben Sie doch einen Beitrag darüber! Ich denke, das wäre für alle Mitglieder von Seniorbook sehr interessant, Ihre Erinnerungen zu lesen! Beste Grüße, Christine Kammerer
  • 22.01.2013, 10:37 Uhr
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Hallo Herr Dieckmann!
Ich möchte mich der Christine anschließen, das wäre eine
Bereicherung für alle Leser bei SB.
Bin neu bei SB und hoffe, die Nachricht wird Ihnen übermittelt.
Wünsche einen schönen Abend und ein sonniges Pfingstfest.
  • 05.06.2014, 21:08 Uhr
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Da brauche ich nicht lange zu überlegen, daß die Winter früher härter waren. Der angebene Zeitpunkt 1980-1990 mag stimmen, aber 20 Jahre davor. War regelmäßig im Winter in Inzell und es war nicht selten 30 bis 35 Grad minus am Frillensee. Das Problem ist aber die immer schnellere Erwärmung und keiner kann wirklich sagen wie es nächstes Jahr aussieht. Habe mir diesbezüglich schon vor 40 Jahren Gedanken gemacht und bin Mitglied bei Greenpeace geworden. Die Sonnenbestrahlung ist einfach stärker geworden, durch das Ozonloch etc. und als Sonnenanbeter merke ich schion einen deutlichen Anstieg. Augen zu zum Klimawandel ist nicht der richtige Weg.
  • 17.01.2013, 11:17 Uhr
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Es war schon immer so: Mächtige und Politiker treiben aus Jux und Langeweile den Bürger wie eine Sau durchs Dorf. Auch diesmal ist es nicht anders, Stichwort Klimawandel. Die Erde würde sich mehr und mehr erwärmen und wenn wir nix dagegen unternehmen, müssten wir uns letztendlich sehr warm anziehen. Eine Verarschung Hoch 13.

Klar, gegen bisschen Umweltschutz ist nichts einzuwenden, was aber unter dem Deckmäntelchen des Klimawandels, den es freilich gar nicht gibt, gelogen und betrogen wird, geht auf keine Kuhhaut. Das Erinnerungsvermögen des Menschen ist ein relativ kurzes, weshalb die Versuchung, Schindluder damit zu treiben besonders groß ist. Dabei wird vergessen, dass das Wetter macht, was es will. War schon immer so. Zu glauben, das Wetter beeinflussen zu können, grenzt an Hybris, zu der nur der Mensch imstande ist. Irgendwann kommen die Herrschaften noch auf die Idee, den Temperaturunterschied zwischen Tag und Nacht abzuschaffen, weil er für uns schädlich ist ...
  • 14.01.2013, 09:13 Uhr
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Christine Kammerer
Es ist ja sogar gut möglich, dass es tatsächlich einen Klimawandel gibt, aber wenn man bedenkt, dass die wissenschaftliche Wetteraufzeichnung bestenfalls 150 Jahre währt, ist es schlechterdings einfach unmöglich, wirklich einen Trend abzulesen.
Und es gibt auch schon diverse Möglichkeiten, das Wetter zu beeinflussen - mit teilweise verheerenden Nebenwirkungen, China hat das ja sehr erfolgreich praktiziert während der olympischen Spiele...
  • 14.01.2013, 09:23 Uhr
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Tatsächlich gibt es den Klimawandel seit es die Erde gibt, also schon ziemlich lang. Bloß ist Jahrmillionen keiner auf die Idee gekommen, damit die Bürger zu nerven. Dazu hat man erst Al Gore erfinden müssen ...

In begrenztem Rahmen ist wohl die Wetterbeeinflussung möglich. Doch landen wir hier schnell bei Haarp im militärischen Bereich, bei Spionage, Gegenspionage, Trickserei ect., wo sich keiner in die Karten schauen lässt ... kurz: was Genaues weiß man nicht.
http://de.wikipedia.org/wiki/HAARP

Nun, die Chinesen. Olympia-Wetterbeeinflussung gut und schön, aber im Normalbetrieb scheinen ihre Künste versagen.
http://www.spiegel.de/wissenschaft/n...877150.html
  • 14.01.2013, 10:16 Uhr
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Hallo Herr Tisch,
Hallo Christine,

zunächst; es ist richtig dass sich das Klima schon immer auf natürliche Weise geändert hat. Allerdings und das ist das alarmierende; nicht in so kurzen Zeiträumen.

Klimaforschende Institute haben keinerlei politisches Interesse. Trotzdem warnen die Forscher seit Anfang der 90er. Es hat sogar lange lange gedauert bis die Politik das Thema überhaupt ernst genommen hat.

Die Erkenntnisse gewinnen Klimaforscher übrigens nur zu einem kleinen Teil aus Klimaaufzeichnungen. Viel aufschlussreicher sind Eisbohrkerne, 1000-jährige Pflanzen, Erdablagerungen und Super-Computer Modelle.

Als Bergsteiger, Snowboarder und Gletscherliebhaber kann ich zudem eines bemerken: Die Gletscher die ich seit meiner Kindheit sehr gut kenne, haben um die Hälfte ihrer einstigen Pracht verloren.
Das kann definitv nicht an einer natürlichen Erwärmung liegen. Natürliche Klimaschwankungen dauern um die 10.000 Jahre. So alt bin ich aber nicht.

Schöne Grüße
Rüdiger Hahn
  • 14.01.2013, 11:55 Uhr
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Christine Kammerer
Hallo Rüdiger,
aber das ist ja IMHO gerade das Problem: Die Zeiträume sind zu kurz um aussagekräftig zu sein. Und wir haben keine wirklich validen Verlgeichswerte, denn auch die genannten Umtersuchungen sind immer nur Stichproben und belegen somit wenig. Selbst das Super-Super-Computer-Modell - es sind zu viele unbekannte Faktoren, als dass man das hochrechnen könnte. Man kann ja heute noch nicht einmal das Wetter für drei Tage exakt vorher sagen.

Und natürlich sind auch Klimaforschende nicht nur Gutmenschen, sondern durchaus politisch motiviert, schon weil sie Fördermittel benötigen... LG, Christine
  • 14.01.2013, 13:56 Uhr
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ich bleibe dabei , wir hatten früher mehr schnee, der winter hat sich zeitgenauer eingestellt, es war kälter. wann kann man im winter hier im ruhrgebiet noch schlitten fahren? früher ging das tagelang , haben den schlitten gar nicht mehr bis zum winterende in den keller gebracht. wenn die kinder heute den schlitten aus den keller holen, ist in der zeit schon wieder der schnee geschmolzen!
  • 13.01.2013, 14:23 Uhr
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