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Rien ne va plus - 60 und nun?

Rien ne va plus - 60 und nun?

24.06.2017, 17:21 Uhr
Beitrag von wize.life-Nutzer

Wie definiert frau einen Neustart? Kurz und bündig: Frei und ungebunden.
Ist man das wirklich am Ende einer vielleicht langen Ehe, einer Beziehung? Offen für einen Neubeginn. Richtig offen? Frei?

Vogelfrei. Verkümmerung an zwei von sieben Tagen: Bewegung vom Bett in die Küche ins Wohnzimmer, wieder zurück und Warten auf den Beginn der Woche, an dem man sich auf den Weg zur Arbeit bewegen muss. Sonst muss man gar nichts. Man wird nicht erwartet, gleich gar nicht gebraucht. Man könnte zwei Tage im Bett zubringen, die Bewegungen vom Bett zur Toilette beschränken, müsste weder essen noch trinken. Damit entfielen die Gänge zwischen der Küche, dem Wohnzimmer und dem Bad. Das letzte Drittel. So?
Nein. Alles kann- nichts muss. Die Zeit wird es bringen oder auch nicht. Da ist die Sehnsucht nach der Leichtigkeit des Seins in Zeisamkeit. Sich gegenseitig leben zu lassen und sich zu freuen und auszutauschen und sich zu berühren, wenn’s einem danach ist- ohne äußere Verpflichtung und Zwänge und Leben in ständigem Hoffen und Bangen um die eigenen Vorstellungen, sondern aus innerer Verbundenheit und weil’s Spaß macht. Das ist ihre Vorstellung von ihrem zweiten Leben. Ein Hauch von Abenteuer und mit allem, was eine Beziehung ausmacht. Kribbelig, auch unbequem. So oder so ähnlich oder gar nicht mehr.
Ja. Es gibt ihn, ganz bestimmt. Wenn... wenn da nicht dieser verflixte Anspruch wäre, es diesmal ganz richtig zu machen und wirklich diesen einen, eben den Topf für ihren Deckel oder umgekehrt zu finden. Dass es nicht funktioniert, wenn einer glaubt, einen verlorenen Partner einfach ersetzen zu können, weiß sie. Sie ist nicht auf der Suche nach einem Ersatz. Sie sucht einen Menschen, den sie nie hatte, obwohl sie fast drei Jahrzehnte verheiratet war. Keinen Ersatz, eher eine Ergänzung der für sie wichtigen Seiten einer Beziehung.
Sie sucht keinen Mann mit dem sich die Tage und dann bald auch die Nächte gleichen und die Schmetterlinge im Bauch keine Chance auf einen Dauerflug haben. Das hatte sie schon.
Es muss doch noch einmal den Frühling geben. Oder nicht? Frei von der Aufzucht der Jungen, frei von finanziellen Sorgen, kein Ringen um Anerkennung und Karrieredruck im Nacken. Im letzten Drittel eines erfüllten Lebens noch immer auf der Suche nach dem Glück oder nach dem, was sie für das Glück hält- ein Mensch, dessen Seele mit ihrer verwandt ist, der passt wie der Deckel auf den Topf – gibt es das?
Sie will das Glück beim Schopf packen. Sie tut es wie die anderen. Was ist schon dabei, im Verborgenen, fast heimlich die letzte verbleibende Zeit zu verwenden für das Fischen im Meer der verlockendsten Angebote bei parship, friendscout, single.de oder eDarling oder wie die Plattformen sich nennen. Fischen nach dem Glück wie am Wühltisch im Sommerschlussverkauf nach einem extravaganten Stück- immer in der Hoffnung, dass sich eins zum Schnäppchenpreis hinein verirrt habe, das an Form, Farbe und Geist allesamt übertrifft. Bereit, das Kostbarste dafür zu geben, die Zeit, um am Ende doch leer auszugehen. Aber die Hoffnung, es könnte anders sein, trägt, vertreibt Anflüge von Traurigkeit, lässt den Herzschlag beschleunigen, gleicht einem Jungbrunnen.
Freundliche Worte für einen Gewinn. Freundliche Worte, hin-und hergeschrieben, vielleicht aus Mitgefühl, vielleicht auch, weil sie Angst davor hat, es könnte sie Ablehnung treffen und sie könnte leer ausgehen.

Ich möchte dich sehen. Wollen wir uns treffen?
Meinst du wirklich, wir sollten uns schon jetzt persönlich kennenlernen? Was treibt dich um? Sollten wir nicht erstmal noch ein bisschen hin- und herschreiben. Ich muss allerdings zugeben, du bist mir schon nah, weiß der Himmel, woran das liegt. Wollen wir es wagen?
Ich sehr gern und du?
Ich würde dir gern gegenüberstehen und Dich anschauen können. Aber vielleicht bist du enttäuscht von mir.
Nein, das glaube ich nicht.
Gut. Lassen wir die Wörter zu Worten werden und sehen wir, ob sie auch berühren.
Ich freue mich.
Ich mich auch.
Sei mir bitte nicht böse, mit unserem Treffen wird nun doch nichts. Gestern abend stand meine verflossene Lebensgefährtin vor meiner Tür. Sie hat geweint und alles bereut. Sie hat sich entschuldigt. Ich hätte dich gerne kennengelernt. Es tut mir aufrichtig leid.
Ich war voller Vorfreude und Spannung auf dich. Aber, was nicht ist, ist nicht und wer weiß, warum das alles so ist und nicht anders. Ich wünsche dir die Sonne für draußen und drinnen.
P.S. Mir kullern die Tränen. Ich dachte, ich bin schon ein großes Mädchen.

Sie ist sich bewusst, dass es den erträumten Partner nicht gibt. Das wäre ihr auch zu langweilig. Sie ist aber überzeugt, dass Menschen mit ein bisschen Lebenserfahrung Wesentliches erkennen und finden und Unwichtiges tolerieren können. Das Vorteilhaft in ihrem Alter ist, dass sie sich nicht wegen der Aufzucht der Jungen zusammentun muss. Sie hat den Luxus, mit einem Partner dem Schönen eine Krone aufsetzen zu können. Die Vorstellung, dass sie bei einem Glas Rotwein am Meer die Sonne mit einem Partner untertauchen sieht und sie sich an ihn kuscheln kann in der Gewissheit, dass er diesen Moment auch als Glück empfindet, macht ihr Mut, weiter nach ihm zu suchen. Die Suche nach dem Sechser bestimmt die Tastatur. Zu reizvoll der Gedanke, dass es da draußen jemanden gibt, der ihr perfekter Flirt ist. Sie verteufelt die Möglichkeit und bedient sich zugleich in der Hoffnung, dass es nicht sinnfrei sei, hin- und hergerissen. Immer wieder. Denk Dir das Medium weg, was würdest Du tun, fragt sie sich. Wenn da nicht die Sehnsucht wäre. Greifbar nah und unerreichbar, weil doch nur eine Vision? Phantasie? Es könnte doch... Sie hat gehört, das soll es schon gegeben haben... Weitermachen, bloß nicht aufhören, rastlos immer weiter, immer weiter.

Der Kontakt mit dir ist nicht alltäglich, wir dürfen Träume und vielleicht auch Realität genießen. Ich möchte dich gerne in der Stadt oder an einem anderen schönen Ort treffen.
Ja, ich will dir auch begegnen. Du bist mir vertraut und fremd zugleich- wie ein Porträt ohne Gesicht. Ich habe das Bedürfnis deine Worte zu verkörperlichen, damit das Porträt ein Gesicht bekommt. Ist schon irre oder?
Du hast recht, wir haben jetzt ein kleines Stück geschrieben und suchen die Protagonisten, die es leben. Was ist das? Irre? Das ist Leben! Und im gleichen Augenblick beginne ich zu begreifen, welche Bedeutung ich unserer Begegnung zumesse, denn auch ein abweichendes Feststellen ist möglich. Wer tröstet uns dann, wenn es dunkel um uns wird? Auch das ist Leben! Wir sind noch ganz am Anfang, aber bereits schon so unendlich weit.
Ich glaube, du hast einen guten Platz gewählt für unsere erste Begegnung. Eines weiß ich jetzt schon: Ich werde furchtbar aufgeregt sein, denn ich bin nicht geübt in solcher Situation. Ich hoffe, auch du hast Lampenfieber.
Haben wir einfach Vertrauen und distanzieren wir uns von Wollen und Streben- ohne Erwartung und Bestimmung. Komme so, wie du bist, nicht wie du sein willst. Denn wenn wir uns verstehen, benötigen wir für Glück das Glück der Zwanglosigkeit.

Ich hoffe, ich habe deine Erwartungen erfüllen können. Habe ich dein Bild getroffen? Und ich? Diese Augenblicke mit dir waren tief wie ein endloses Wasser. Fast jedes Wort inhaltsvoll- dazwischen auch lachen. Es waren sehr schöne Stunden mit dir. Nein, du machtest keinen aufgeregten Eindruck, eher vorsichtig und abwartend. In deinen Augen lagen hundert Fragen, von denen ich bestimmt nur wenig beantworten konnte.
Wie von selbst haben wir geplaudert und ganz sachte unsere Fenster geöffnet. Du und ich gleichermaßen. Zwei doch eigentlich Fremde reden und lachen miteinander, hören nachdenklich zu, fragen und antworten und gehen auseinander mit einem Hauch von Vertrautheit. Wann ist dir das so schon mal passiert? Und nun? Haben wir den Mut, herauszufinden, ob wir auf jetzt auf dem richtigen Weg sind?
Du befindest dich eindeutig auf einem Weg, der auf mich zugeht. Wir sehen weiter, wenn wir uns treffen auf diesem Weg. Ich habe noch zwei, drei andere Dates.
Dass du dich mit zwei,drei anderen Damen treffen wirst, hat mich quasi in eine Warteschleife geschickt. Das irritiert mich. Ich fühle mich wie in einem Wettbewerb oder in einer Bewerbung um deine Gunst. Anschauen, Zurückstellen, Aufheben für den Fall, dass sich nichts Besseres findet- wie auf der Suche nach einem passenden Möbelstück. Das fühlt sich nicht gut an. Mach‘s gut.


Die Erkenntnis, dass sie nur eins hat von diesem Leben stellt sie vor die Frage: Was ist für mich das Machbare. Was ist die Alternative? Tanzcafè oder tanzen im Cafè? Am Tisch warten, bis einer mal kommt und ausgerechnet mich anspricht? Mich, eine von vielen die hoffen ?
Sie hat gehört, es soll jetzt Taxitänzer geben, so etwa wie die Eintänzer nach dem Krieg, als die Männer rar waren und die Frauen ab und zu wieder auch nur Frauen sein wollten.
„Heh` Taxi!“
Auch nicht schlecht. Bezahlt und bekommen. Ab geht die Post- bis der Tanz aus ist.
„Heh`Taxi!“
Noch eine Runde. Dazwischen ein Glas Wein, weil der Schmerz kommt. Bezahlt für das Glück. Gekaufte Minuten.
Rien ne va plus. Neues Spiel- neues Glück. Bitte setzen Sie.
Setzt sie auf einen oder wählt sie zwei drei? Oder vier? Volles Risiko auf die Sieben. Wenn schon, denn schon. Und wenn`s schiefgeht- neues Spiel- neues Glück. Nur wer wagt gewinnt. Den Verlust schluckt sie weg. Auch die Tränen. Dann die gewohnte Leere.
Die Suche nach ihr selbst lässt sich nicht besser ertragen, als das unerfüllte Glück in einer E- Mail. Schade um die Zeit. Schade um die Zeit? Nein, dann lieber in die City, `raus in die Meute, raus ins Getümmel. Hoffen auf ein Lächeln, das auf ihr Lächeln trifft. Dann lieber raus, auf das Lächeln warten und die Zeit neu investieren. Auf das Lächeln warten. Und dann, wenn es trifft einen Augenblick lang so wie das Universum weit ist, festhalten.

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7 Kommentare

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Welche Drogen hast du genommen? Keine Frau wartet auf irgendwas! Wir verwirklichen unser Leben und gut ist. Noch Fragen ?
  • 25.06.2017, 23:27 Uhr
  • 0
Jawoll! Keine Drogen! Keine Fragen! Weitermachen!
  • 26.06.2017, 09:50 Uhr
  • 0
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Man muss aus jeder Situation das BESTE machen, denn das Leben
steckt voller Überraschungen!
  • 25.06.2017, 09:12 Uhr
  • 0
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Ich habe mich in Deiner Geschichte gesehen. Genau so erging es mir, aber mit sehr guten Ausgang. Auch mit über sechzig Jahren kann man noch mal sein Glück finden, oder sich finden lassen.
  • 24.06.2017, 18:41 Uhr
  • 0
Schön zu lesen. Dir weiter alles Gute !
  • 25.06.2017, 10:52 Uhr
  • 0
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Der richtige Ausdruck beim Roulette ist: "Rien de va plus"
  • 24.06.2017, 18:13 Uhr
  • 0
Danke für den Hinweis.
  • 25.06.2017, 10:51 Uhr
  • 0
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