Steuer auf Rente ungerecht? Sogar ärmere Senioren müssen zahlen

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Dass kleine Renten besteuert werden, sei "weit entfernt von jeder Vorstellung von Gerechtigkeit", betont VdK-Chefin Verena Bentele

Rentner müssen einen immer größeren Teil ihrer Rente versteuern. Wer sich 2020 in den Ruhestand verabschiedet, muss womöglich auf 80 Prozent seiner Alterseinkünfte Einkommenssteuer zahlen - ein Leben lang. Hart ist es vor allem für Rentner mit kleinen Bezügen: Selbst armutsgefährdete Senioren können betroffen sein.

Steuer auf Rente "ungerecht und existenzgefährdend"

Um zu ermessen "wie ungerecht und existenzgefährdend" sich die Renten-Besteuerung auf Senioren auswirke, müsse die Armutsschwelle herangezogen werden, fordert etwa Vdk-Präsidentin Verena Bentele im "Handelsblatt".

Sie bezieht sich auf die EU-Definition: Demnach gelten Menschen als armutsgefährdet, deren Einkommen geringer ist als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Bevölkerung in dem Land.

Ab diesem Einkommen sind Menschen armutsgefährdet

In Deutschland ist dies bei alleinlebenden Menschen ab einem Schwellenwert von monatlich 1096 Euro der Fall, wie aus aktuellsten Zahlen des Statistischen Bundesamts hervorgeht.

Bedeutet: Alleinstehende, die im Jahr 13.192 Euro zum Leben zur Verfügung haben, gelten der Statistik zufolge zwar (noch) nicht als arm. Doch ihr Einkommen ist bedenklich nahe dran. Salopp gesagt: Viel fehlt nicht, um in Armut abzurutschen.

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Und wie schnell es gehen kann, dass das Einkommen mal nicht mehr reicht, weiß jeder, dem mal eine unverhoffte Autoreparatur oder ein kaputter Kühlschrank einen Strich durch den persönlichen Haushaltsplan gemacht hat.

Wann Rentner Steuern zahlen müssen

Diesem Schwellenwert für ein mögliches Armutsrisiko stellt die VdK-Chefin einen anderen Wert entgegen: Der Betrag, ab dem Rentner Einkommenssteuer zahlen müssen.

Dies galt für Neu-Rentnern des Jahres 2019 bereits in etwa bei monatlichen Altersbezügen ab 1168 Euro brutto (vor Abzug der Kranken- und Pflegebeiträge), wie aus Berechnungen des Bundesfinanzministeriums hervorgeht - kaum 76 Euro mehr als armutsgefährdete Senioren im Monat zur Verfügung haben.

Auch der Blick auf den steuerlichen Grundfreibetrag (2019: 9168 Euro, 2020: 9408 Euro) zeige, dass auch Senioren "mit einer Rente unterhalb der Armutsschwelle Einkommensteuer zahlen müssen", so Bentele.


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Das sei "weit entfernt von jeder Vorstellung von Gerechtigkeit, zumal es sich dabei um Menschen handelt, die ihr Leben lang hart gearbeitet und ihren Beitrag für den Staat und die Wirtschaft geleistet haben". Dass sie ihre geringe Rente versteuern müssen, sei "niemandem zu vermitteln".

Höherer Grundfreibetrag gefordert

Die Sozialverbands-Chefin fordert daher, den steuerlichen Grundfreibetrag auf mindestens 12.600 Euro anzuheben.

Auch bei Renten wird ein bestimmter Betrag nicht vom Fiskus angetastet. Dabei handelt es sich um ein steuerfreies Existenzminimum (Grundfreibetrag), das jedem zugestanden wird. Das gilt für Arbeitnehmer genauso wie für Rentner. Dafür fällt keine Einkommenssteuer an.

Größerer Teil der Rente steuerpflichtig

Wieviel Rentner versteuern müssen, hängt seit der Reform 2005 davon ab, in welchem Jahr ihr Ruhestand begonnen hat.

Bei allen, die sich bis Dezember 2005 vom Job verabschiedet haben, werden 50 Prozent der Bruttorente als steuerpflichtiges Einkommen angesetzt.

Seit 2005 steigt der Prozentsatz des steuerpflichtigen Teils der Rente für Neurentner um jährlich 2 Prozentpunkte, nach 2020 um einen Prozentpunkt. Daher müssen alle, die in diesem Jahr in Rente gehen, 80 Prozent versteuern, sofern sie steuerpflichtig sind.

Bedeutet im Umkehrschluss: Der Teil der Rente, der von der Steuer unbelastet bleibt, sinkt von Jahr zu Jahr.

Das zeigt eine Beispielrechnung: Bei denjenigen, deren Rente 2019 begann, blieben im vorigen Jahr laut Bundesfinanzministerium 13.758 Euro vom Fiskus unangetastet. Alles, was darüber lag, mussten sie versteuern. Um mehr als 1000 Euro höher lag dieser Betrag bei denjenigen Senioren, die vier Jahre früher in Rente gegangen waren: Sie hatten 14.788 Euro steuerfrei zur Verfügung.

Ab 2040 müssen Neu-Rentner ihr gesamtes Einkommen voll versteuern.

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