Kaum jemand kennt diese Krankheit, doch rund 40.000 Patienten in Deutschland sind davon betroffen - pro Jahr! Delir ist eine Hirnstörung. Oft erkennen Betroffene nicht mal mehr ihre engsten Angehörigen. Oft tritt innerhalb weniger Jahre der Tod ein.
Schätzungen zufolge erleiden rund 30 Prozent der über 65-jährigen Patienten nach einer Operation ein sogenanntes Delir: Sie sind verwirrt, desorientiert, haben Gedächtnislücken oder Halluzinationen. Was genau diese bisher nicht vorhersehbare Verwirrtheit auslöst, ist kaum erforscht, berichtete das Apothekenmagazin "Senioren Ratgeber" im vergangenen Jahren. Narkosen scheinen einen Einfluss zu haben.
Im Universitätsklinikum Charité, Berlin, gelang es etwa, durch eine präzisere Steuerung der Narkosetiefe die Delir-Rate um knapp ein Viertel zu senken. Aber auch die psychische Betreuung spiele eine Rolle, erklärt die Anästhesistin Dr. Simone Gurlit, die am St.-Franziskus-Hospital in Münster ein Projekt betreut. Eine engmaschige Betreuung etwa beuge Stress und Ängsten vor. In ihrer Klinik liege die Delir-Rate bei Hüftoperationen nun unter zehn Prozent.
In der "Welt" erklärte die Charité-Anästhesiologin Claudia Spies: „Bei einem Delir liegt eine Organfunktionsstörung des Gehirns vor.“ Dafür gebe es allerdings kein Blutdruckmessgerät wie beim Kreislauf, sodass es früher oft nicht erkannt wurde.
Laut der Zeitung gehörten Infektionen im Alter ebenso zu den Auslösers eines Delirs wie Schmerzzustände, bestimmte Medikamente, Flüssigkeitsmangel, Hirnerkrankungen und vor allem eben größere operative Eingriffe.
Hohe Dunkelziffer
Manche Patienten werden durch ungewohnten Zustand aggressiv. Andere wiederum ziehen sich komplett in sich zurück. Gerade bei der zweiten Gruppe ist eine Diagnose schwierig, zumal zunächst nichts darauf hindeutet.
Delir, das gehäuft vor dem 5. und nach dem 70. Lebensjahr auftritt, ist nicht auf den Moment beschränkt, sondern kann Langzeitfolgen haben, wie etwa Inkontinenz oder kognitive Störungen. Auch das Risiko zu stürzen, ist erhöht, was gerade im fortgeschrittenen Alter zu komplizierten Brüchen führen kann. Ob das Delir in die Demenz führt, halten Experten für möglich.
Sie gehen dem "Welt"-Bericht zufolge zudem davon aus, dass ein Delir die Sterblichkeit von Patienten um 20 Prozent erhöht. Eine Studie aus den Niederlanden habe ergeben, dass 85 Prozent aller Delirpatienten über 70 Jahre zwei Jahre nach der Diagnose dement oder verstorben waren. Die Dunkelziffer bei den Erkrankten liegt Schätzungen zufolge bei bis zu 60 Prozent.
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