Wer Vollzeit zum Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde arbeitet, sollte sich zumindest sein eigenes Leben finanzieren können. Das ist die Idee in der Theorie. Die Praxis sieht vielerorts anders aus. Wie Daten der Bundesregierung belegen, deckt der Mindestlohn in vielen deutschen Städten nicht einmal Lebenshaltungskosten und Miete.
Ein Vollzeit-Job zum Mindestlohn liegt demnach zum Teil weit unter dem Existenzminimum. Die Linksfraktion im Bundestag hatte die Anfrage an die Regierung gestellt. Aus dem Schriftstück, das der "Rheinischen Post" vorliegt, verdient eine alleinstehende Person mit einer Wochenarbeitszeit von 37,7 Stunden und einem Mindeststundenlohn von 8,50 Euro insgesamt 1388,62 Euro brutto pro Monat. Netto macht das 1040,27 Euro.
Das Existenzminimum, das sich aus dem Hartz-IV-Regelsatz (404 Euro), den durchschnittlichen Wohnkosten (349 Euro) wie dem Erwerbstätigenfreibetrag (300 Euro) zusammensetzt, liegt jedoch bei 1053 Euro. Ein Erwerbstätiger mit Mindestlohn erhält monatlich daher rund 13 Euro weniger als ein Hartz-IV-Empfänger, der sich die erlaubten 300 Euro hinzuverdient.
Größere Differenz in Großstädten und Ballungsräumen
In einzelnen Städten vor allem in Westdeutschland und Ballungsgebieten klafft aufgrund höherer Mieten eine noch größere Lücke. So erhält ein alleinstehender Hartz-IV-Empfänger in München beispielsweise einen Mietzuschuss von 492 statt 349 Euro. Der Existenzbedarf liegt hier bei 1196 Euro. Die Differenz zwischen errechnetem Existenzminimum und Nettogehalt zum Mindestlohn beträgt damit sogar 156 Euro.
In Düsseldorf bringt der Mindestlohn-Job bei einem durchschnittlichen Mietzuschuss von 395 Euro , 46 Euro zu wenig ein.
Linke fordert höheren Mindestlohn
Angesichts dieser Zahlen fordert die Linke eine Erhöhung des Mindestlohns. Der "Rheinischen Post" sagte Linken-Politiker Klaus Ernst: "Der Mindestlohn muss ganz deutlich höher liegen, als derzeit durch die Mindestlohnkommission angedacht wird."
In großen Teilen des Westens und in Ballungsgebieten hängt man mit 8,50 Euro weiter am Tropf des Staates.
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, hält diesen Vorstoss jedoch für den falschen Lösungsansatz. Statt einer Anhebung des Mindestlohns plädiert er dafür, die Sozialabgaben für Geringverdiener zu senken.
Denn nur wenn es wieder attraktiver wird für Unternehmen, Menschen einzustellen und in sie zu investieren, werden Produktivität und Einkommen gerade der Geringverdiener steigen können.
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