"Jung gefreit hat nie gereut." "Alte Liebe rostet nicht": Wenn es darum geht, die Beziehungen zwischen Mann und Frau zu erklären, ist der Volksmund selten um einen Sinnspruch verlegen. Doch wie viel Wahrheit steckt heute noch in den alten Weisheiten? Und kann man mit seiner ersten großen Liebe wirklich ein Leben lang glücklich werden?
Früher war es Gang und Gäbe - inzwischen scheint es aus der Mode gekommen zu sein. Kaum jemand heiratet noch seine erste große Liebe - und schon gar nicht im zarten Alter von 18, 19 oder 20 Jahren. Der Bund fürs Leben wird heute - wenn überhaupt - deutlich später geschlossen als noch zu Zeiten unserer Eltern. Männer heiraten durchschnittlich mit 37, Frauen mit 30 Jahren.
Mindestens ein Drittel aller Ehen wird heute zudem wieder geschieden. Das sind viel mehr als zu Zeiten, in denen jung gefreit wurde. Ist womöglich das relativ hohe Alter bei der Hochzeit für die kurze Halbwertzeit deutscher Ehen verantwortlich? Der Volksmund legt diesen Schluss nahe. „Jung gefreit hat nie gereut“ lautet ein uraltes, deutsches Sprichwort. Doch lässt sich die Welt wirklich so einfach erklären?
Junge Paare entwickeln sich oft rasch auseinander
Soziologen widersprechen dieser These. Mehr noch, sie verkehren sie ins Gegenteil. Ihr Credo: Je jünger geheiratet wird, desto höher ist das Risiko, dass die Ehe wieder geschieden wird. Am gefährlichsten ist dabei die Zeit zwischen dem vierten und achten Ehejahr. Die Erklärung: Sind bei der Hochzeit beide noch sehr jung, können sie den anderen gar nicht richtig kennen. Das tiefe Verständnis für den Partner und das Wissen um dessen Stärken und Schwächen beginnt oft erst nach fünf, sechs Jahren oder noch später - nämlich dann, wenn der Rausch der Verliebtheit endgültig verflogen ist und Hormone nicht mehr die Sicht auf die Realität vernebeln.
Außerdem entwickelt sich die Persönlichkeit eines Menschen gerade zwischen 18 und Mitte 20 besonders intensiv, sowohl persönlich als auch beruflich. Das Risiko istgroß, dass die einst so harmonischen Partner in dieser Zeit auseinander driften. Entsprechend belegen Statistiken, dass später geschlossene Verbindungen wesentlich seltener gelöst werden als jene, die in jungen Jahren eingegangen wurden. Wenn Prognosen zur Haltbarkeit einer Ehe abgegeben werden, müsste es also eher „Spät gefreit hat nie gereut“ heißen.
Seit 55 Jahren in denselben Mann verliebt
Und doch gibt es von dieser Regel jede Menge Ausnahmen. Ich kenne beispielsweise zwei aus meiner Sicht sehr glückliche Ehepaare, bei denen alle Beteiligten ihre jeweils allererste Liebe geheiratet haben - und diesen Schritt bis heute nicht bereut haben. Eine davon ist eine liebe Kollegin von mir, die bereits seit ein paar Jahren in Rente ist. Ihre Mutter verstarb früh und das Mädchen war nicht richtig aufgeklärt worden. Sie hatte tatsächlich nach dem ersten Kuss von ihrem Zukünftigen Angst, schwanger zu werden. Sicherheitshalber wurde daher recht zeitnah geheiratet. Inzwischen ist die zarte Romanze fast 55 Jahre her. Und meine Freundin eine stolze Oma - die immer noch glücklich mit ihrem Mann zusammen lebt.
Die Jugendliebe wieder treffen
Eine interessante Studie gibt es auch zum Sprichwort „alte Liebe rostet nicht“. Dabei geht es um Menschen, die nach vielen Jahren der Trennung – Umzug der Eltern, Kontaktverbot durch die Eltern – ihre Jugendliebe wieder getroffen haben. Dank des Internets lassen sich solche Kontakte ja inzwischen recht leicht wieder knüpfen. Eine Untersuchung von US-Soziologen zeigt, dass 62 Prozent der Paare, die dadurch wieder Kontakt miteinander hatten, tatsächlich auch eine Affäre begannen. Aber nur fünf Prozent gingen eine richtige Beziehung mit der Jugendliebe ein. Alte Leidenschaft scheint also durchaus noch einmal aufzulodern - alte Liebe eher nicht.
Welche Erfahrungen haben Sie gemacht – glauben Sie eher an „„Jung gefreit hat nie gereut“ oder an „Spät gefreit hat nie gereut“? Oder haben Sie Ihre Jugendliebe mal wieder getroffen? Ich freue mich auf Ihre Kommentare!
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