Ahnenforschung, Stammbäume und „Oma erzähl mal“: Biografisches Schreiben wird immer wichtiger. Unsere Familienstrukturen ändern sich rasant, und das, was früher die mündliche Weitergabe unserer Familiengeschichte von Generation zu Generation geleistet hat, funktioniert heute oft nicht mehr. So bleibt häufig nur das Aufschreiben – aber wie macht man das eigentlich?
„Publish or Perish“ – schreib‘ oder verschwinde – ist ursprünglich eine alte Akademikerweisheit, die mittlerweile mehr und mehr auch für ganz normale Familien gilt. Es reicht nicht mehr aus, die geerbten Fotoalben und Stammbücher zu hegen und pflegen, denn ihr Inhalt wird für nachfolgende Generationen sinnlos, wenn das Wissen dazu verloren gegangen ist.
„Schuld“ ist daran einmal mehr unsere moderne Lebenswirklichkeit, denn Mobilität und Flexibilität in der Arbeitswelt, Scheidungen und Patchwork-Familien im Privaten sind heute alltäglich und verändern auch unseren Umgang mit Traditionen und Wurzeln. Kurzum: Familien haben immer seltener die Gelegenheit, als Großeltern-, Eltern- und Enkelgeneration zusammen zu sitzen und die Geschichten „von früher“ zu erzählen.
Diese Umstände mag man beklagen, ändern kann man sie nicht. Dennoch bleibt die Sehnsucht nach der gemeinsamen Geschichte, und in einer immer komplizierter werdenden Welt sind die Lebenserfahrungen der „Alten“ oft von unschätzbarem Wert für die „Jungen“.
Diejenigen, die sich an das Projekt „Biografie“ heranwagen und beginnen, die Geschichte ihrer Familie und/oder ihres Lebens aufzuschreiben, werden aus ihrer Arbeit viele neue Erkenntnisse und sogar jede Menge Vergnügen ziehen. Wichtig ist, sich genügend Zeit zu nehmen und biografisches Schreiben auch ein wenig unter dem Aspekt „der Weg ist das Ziel“ zu sehen:
Nehmen Sie sich Zeit: Unser Gedächtnis ist ein Diva, die beim ersten Anklopfen nicht unbedingt ihre Tür öffnet. Es wird ein Weilchen dauern, bis Sie endlich ins „Wohnzimmer“ geleitet werden.
Nie wieder ohne Notizbuch: Erinnerungen kommen oft plötzlich und manchmal in ganz unpassenden Momenten. Ein kleines Notizbuch mit Stift in der Tasche oder Notizzettel dort, wo Sie sich oft aufhalten, helfen, die manchmal sehr flüchtigen Gedanken in Stichpunkten festzuhalten.
Mit mehreren macht es mehr Spaß: Im Team arbeitet es sich leichter. Dazu können Verwandte gehören, die Sie mit ins Boot holen, oder Freunde, die ebenfalls an ihrer Familiengeschichte arbeiten – allerdings an ihrer eigenen. Gedankenaustausch, gegenseitige Inspiration oder auch Unterstützung bei „Durchhängern“ (… „das schaffe ich nie!“…) sind garantiert.
Bitte Ruhe bewahren: Sie möchten endlich Ihre Familiengeschichte in den Händen halten und sie den Kindern, Enkeln, Nichten und Neffen präsentieren? Die Ungeduld ist verständlich, trotzdem sollte Ihr Leitsatz „mäßig aber regelmäßig“ lauten – das ist der sichere Weg zum Ziel.
Sammeln und Sortieren: Denken, Schreiben und Sortieren Sie zunächst ins „Unreine“. Keinesfalls sollten Sie sich selbst mit zu hohen Ansprüchen unter Druck setzen und dadurch den Spaß an Ihrer Arbeit verlieren. Bei Durchhängern auch mal eine längere Kreativ-Pause einlegen.
Nutzen Sie Fragebögen: Nur wer die richtigen Fragen stellt, bekommt auch die richtigen Antworten. Es gibt viele gute Fragebögen, die unserer „Diva“ namens Gedächtnis auf die Sprünge helfen können.
Der „rote“ Faden: Streichen Sie den Anspruch „alles“ – er wird nicht umsetzbar sein. Und auch nicht wünschenswert, da für Ihre Leser ein klares Konzept, ein „roter“ Faden viel spannender und nachvollziehbarer ist,als eine überbordende, zehnbändige Erzählung, die nichts auslässt. Für einen klaren Erzählstrang und Schwerpunkte in Ihrer Geschichte sind in dieser Phase des biografischen Schreibens Gespräche oft sehr hilfreich. Denn: Um für die nachfolgenden Generationen eine schlüssige und lesenswerte Geschichte zu schreiben, muss man jetzt das tun, was Autoren immer wieder und immer wieder schweren Herzens tun. Weglassen. Das fällt schwer, aber es lohnt sich.
Fotos: Wer Fotos hat, sollte sie unbedingt nutzen! Nicht nur als Erinnerungshilfen für das eigene biografische Schreiben, sondern auch als Abbildungen im fertigen Buch. Denn nichts ist für Kinder, Enkel, Nichten und Neffen spannender, als den „Onkel Fritz“, über dessen Eulenspiegeleien man schon einige Male beim Lesen lachen musste, auch zu sehen. Ein aussagekräftiges Foto genügt oft schon; „Onkel-Fritz-Fans“, die mehr von ihm sehen möchten, können sich gegebenenfalls im Original-Familienalbum auf die Suche nach weiteren Fotos machen.
Fotoqualität: Fotos und Abbildungen wichtiger Dokumente machen Biografien erst wirklich zu erzählter Geschichte. Sie sind ohne Frage eine echte Bereicherung in einem Buch für die nachfolgende Generation; in ihrer Handhabung sind (alte) Fotografien allerdings nicht ganz einfach, wenn man sie scannen und anschließend drucken lassen möchte.
Ob Risse, Knicke oder Flecken bei der Bilddigitalisierung retuschiert werden sollen oder nicht, ist letztendlich eine Frage des persönlichen Geschmacks. Absolut essentiell ist allerdings, dass alle Bilder in guter Qualität und hoher Auflösung für den Druck vorbereitet werden. Fotos sehen auf dem Computer-Bildschirm schon in geringer Auflösung (72 dpi) gut aus, für ein gedrucktes Bild wird allerdings eine deutlich höhere Auflösung von mindestens 250 bis 300 dpi benötigt. Klassischerweise beginnt damit die Größe eines (guten) druckfähigen Fotos bei ca. 700 bis 800 KB, besser sind allerdings Größen von 1 bis 2 MB oder darüber.
An vielen Kameras und Scannern kann die dpi-Zahl eingestellt werden. Wenn ein Foto klein, aber unersetzbar ist, gibt es einige Tricks und Programme, die helfen, das Foto nachträglich „aufzublasen", meistens leidet aber die Qualität.
Layout und Druck: Auch wenn es verführerisch scheint – „Word“ und vergleichbare Programme sind nur Textverarbeitungsprogramme für den Computer! Dem Nutzer werden zwar viele Layout Möglichkeiten angeboten, trotzdem sollte man Dokumente, die mit diesen Programmen erstellt worden sind, nicht als Druckvorlage für biografische Bücher verwenden. Grund dafür sind in erster Linie die Bilder: Um Speicherplatz zu sparen und den Ladevorgang zu beschleunigen, drosselt Word wie andere Textverarbeitungsprogramme auch die Auflösung von Abbildungen, und reduziert damit die Qualität von Fotos und Dokumenten. Ebenso wenig eignen sich Programme wie Microsoft Power Point zur Bildbearbeitung, auch wenn entsprechende Werkzeuge vorhanden sind. Power Point und Konsorten sind und bleiben Präsentationsprogramme, die ebenfalls aus den genannten Gründen die Bildqualität reduzieren.
Wer sich viel Mühe mit Recherche und Text gegeben hat, sollte nicht bei Bildbearbeitung, Layout und Druck zurückstecken. Für die Bildbearbeitung gibt es sehr gute und kostenfreie (Gimp (www.gimp.org), Irfanview (www.irfanview.com)) oder preisgünstige (Photoshop Elements) Programme, mit denen nach kurzer Einarbeitung tolle Ergebnisse erzielt werden können.
Für Layout und Druck empfiehlt sich in jedem Fall, einen der zahlreichen Fotobuch-Anbieter zu nutzen; zum einen stellen sie Layout-Vorlagen bereit, die deutlich einfacher zu bedienen sind als beispielsweise die Werkzeuge, die Word anbietet, zum anderen sind die Druckergebnisse beim Digitaldruckverfahren schlicht und ergreifend besser. Ab einer bestimmten Seitenzahl ist der digitale Druck übrigens nicht nur professioneller, sondern auch preiswerter als Druck und Binden eines Word-Dokumentes im Copy-Shop…
Veröffentlichung: Ihre Familiengeschichte ist fertig, und sie ist so spannend, dass sie einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden soll? Sie sind im Internet schon häufiger über Anzeigen wie beispielsweise: „Autoren gesucht“, gestolpert? Vorsicht! Informieren Sie sich im Vorfeld gut, denn in der Branche der sogenannten „Zuschussverlage“ gibt es leider viele schwarze Schafe:
„Die meisten Zuschussverlage bringen mich auf die Palme“ http://klauswenderoth.de/renate-blae...ussverlage/
Übrigens wird autobiografisches Schreiben auch als Methode genutzt, um sich selbst ein Stückchen näher zu kommen. Aber gleichgültig, ob man ein Buch für die Familie, für nachfolgende Generationen oder nur für sich selbst verfassen möchte, eines muss man in jedem Fall haben: Den Mut, damit anzufangen!
Weiterführende Links zum Thema:
Fragebogen zur Familiengeschichte
Fotoverwaltung, Speichermedien – und was man sonst noch mit Bildern machen kann
Artikel zu Fotobearbeitung und Fotos mit „Stich“
Notizbuch aus Lieblingsbildern
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