Wenn das Vergessen das Leben bestimmt

Wenn das Vergessen das Leben bestimmt

Peter Leopold
15.11.2016, 05:55 Uhr
Beitrag von Peter Leopold

Der Mensch lebt je nach bisherigem Verlauf mit positiven und negativen Erinnerungen. Sie haben sich im Laufe der Jahre eingebrannt und ein erwünschtes Vergessen der negativen Chronik gibt es nur ganz selten. Andererseits behält man positive Ereignisse gerne so lang wir möglich. Doch manchmal verblassen Erinnerungen auch ohne ernsthafte Erkrankungen wenn Anhaltspunkte nicht mehr vorhanden sind oder wenn sich die Bewertung der Bedeutung verändert.

Solange sich Erinnerungen auf das aktuelle Leben direkt auswirken, sind sie wir eine zweite Haut - also Teil des realen Lebens. Erst wenn man gelernt hat, die Dinge hinter sich zu lassen, hat man einen klaren Blick nach vorne. Nun wird es Menschen geben die meinen, dass man irgendwann nur noch von Erinnerungen lebt, wenn das Alter und die damit verbundenen Probleme an Einem nagen. Und dazu kommt die Angst, dass man vielleicht die schönen Dinge vergisst, wenn sie in weite Ferne rücken.

Niemand ist wirklich davor sicher und ältere Menschen, die nur stumm auf einer Bank sitzen, erscheinen teilnahmslos und quasi scheintot. Dabei sind sie manchmal geistig lebendiger, als andere Stress-geplagte Menschen, die den ganzen Tag mit unwichtigen Dingen beschäftigt sind. Doch es ist das Leben in der Vergangenheit an dem sie sich festhalten, weil sie körperlich noch fit und daher aktiv waren.

Und wenn das Vergessen das Leben bestimmt? Wenn man nicht einmal seine Gedanken hat? Ich finde, auch dann hat man ein lebenswertes Leben verdient und es liegt an der Umwelt, dafür zu sorgen, dass der Betreffende auch dann noch ein erfülltes Leben hat - also wenigstens die Gegenwart wahrnimmt und sich an kleinen Dingen freuen kann.

Schlimm ist aber auch die Angst davor, jemals in diesen Zustand zu kommen - die Angst, möglicherweise die schönste Zeit seines Lebens zu vergessen. Besonders, wenn man diesbezüglich erblich vorbelastet ist. Wie man sich dagegen wehrt ? Gar nicht - solange es nicht zuverlässige Mittel gegen Demenz und Alzheimer gibt, welche die Erinnerungen wieder zu 100% zulassen.

Doch die Umgebung kann viel bewirken. Neben Erinnerungsstücken helfen auch Gespräche, die dem Betreffenden wichtig sind und im Idealfall ist es die eigene Familie, die mit der Biographie des Betreffenden vertraut ist und man kann nur Jedem wünschen, einen solchen Verwandten zu haben, der die Geduld und die Zeit hat, auf die Familie einzugehen...

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25 Kommentare

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Ich stelle mir es entsetzlich vor, so zu enden...
  • 16.11.2016, 07:18 Uhr
  • 0
Peter Leopold
Ich finde diese Vorstellung auch nicht so prall. Der EINZIGE Trost...der Betreffende bekommt seinen zustand selbst nicht mit...
  • 16.11.2016, 07:25 Uhr
  • 1
Stimmt, trotzdem schade um die vielen verlorenen Erinnerungen...
  • 16.11.2016, 09:34 Uhr
  • 0
Peter Leopold
Darum baue ich vor...Viele Texte..viele Fotos..
  • 16.11.2016, 09:36 Uhr
  • 1
SO mache ich es auch...
  • 16.11.2016, 09:37 Uhr
  • 1
Peter Leopold
  • 16.11.2016, 09:39 Uhr
  • 0
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Peter.. heute hast Du Dir ein sehr schweres Thema ausgesucht...

Demenz und Alzheimer.. eine Krankheit, die für gesunde Menschen oft unverständlich ist.. ich habe viele Menschen erlebt die Demenz schwere Dement und auch Alzheimer hatten und ich habe eine sehr gute Erfahrung machen dürfen auch wenn ich keine Krankenschwester oder Ärztin bin... Musik hilft sehr viel und wenn Angehörige noch über Musik verfügen aus der Zeit in der die Menschen jung und gesund waren zur Verfügung haben, erleben sie oft ein Wunder...

Ich würde mir wünschen daß auch Krankenhäuser und Heime mehr mit Musik theraperen würden....
  • 15.11.2016, 12:58 Uhr
  • 2
Peter Leopold
Ich habe es live bei meiner Granny erlebt...
  • 15.11.2016, 20:03 Uhr
  • 1
Dann hast Du eine menge Erfahrung... es ist nicht einfach und manchmal sogar sehr schwer, so daß sie ruhig gestellt werden müssen... aber bis dahin machen sie uns auch manchmal sehr viel Freude, ist eben von Fall zu Fall unterschiedlich...
  • 15.11.2016, 20:06 Uhr
  • 0
Peter Leopold
Vor Allem dann, wenn Eigen - oder Fremdgefährdung vorliegt Es mag zwar lustig klingen, wenn jemand mit einem Brotmesser einkaufen geht, weil er denkt, damit zahlen zu können, aber die Praxis sieht anders aus...
  • 15.11.2016, 20:09 Uhr
  • 1
Das ist wohl wahr, aber ich habe Demenzkranke erlebt, die haben gesungen was das Zeug hält und eigenartigerweise kannten sie den Text und waren lustig und froh, bis die Musik ausgemacht wurde, dann wurden sie ganz arg böse... und da kann einem Angst werden und alleine kriegt man das nicht in den Griff...
  • 15.11.2016, 20:20 Uhr
  • 1
Peter Leopold
Naja..ich nenne das selektives Denkvermögen...
  • 15.11.2016, 20:21 Uhr
  • 1
Peter.. ich hoffe nur daß es mir nichtmal so geht, ich selbst kriege das nicht mit, aber wenn ich an meine Kinder denke...
das würde ich ihnen gerne ersparen....
  • 15.11.2016, 20:22 Uhr
  • 1
Peter Leopold
Da stecken wir Alle nicht drin
  • 15.11.2016, 20:23 Uhr
  • 1
Stimmt, dagegen ist man machtlos...

Peter.. ich wünsche Dir/Euch einen schönen Abend
  • 15.11.2016, 20:24 Uhr
  • 0
Peter Leopold
Dir auch noch einen schönen Abend!
  • 15.11.2016, 20:34 Uhr
  • 1
Danke Peter
  • 15.11.2016, 20:35 Uhr
  • 0
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Da ich viel in der Seniorenarbeit tätig bin, rate ich den Menschen, ihre
Biographie aufzuschreiben. Es ist sehr wichtig, sich mit seiner
Vergangenheit zu beschäftigen, um so der Vergessenheit entgegen
zu wirken.
  • 15.11.2016, 08:18 Uhr
  • 3
Peter Leopold
Auch eine gute Möglichkeit. Und wenn das Schreiben nicht mehr klappt ?
  • 15.11.2016, 08:21 Uhr
  • 0
Wenn das Schreiben nicht mehr klappt, lasse ich mir erzählen
und bin dabei behilflich. Es ist erstaunlich, was bei solchen
Gesprächen wieder auflebt. Schade, dass viele alten Menschen allein gelassen werden.
  • 15.11.2016, 08:28 Uhr
  • 2
Peter Leopold
Genau darum ist dieser Beitrag auch irgendwie als Appell zu verstehen
  • 15.11.2016, 08:30 Uhr
  • 0
Sie haben recht und ich möchte anregen, die einsamen
Menschen zu besuchen. Danke für ihren Bericht!
  • 15.11.2016, 08:32 Uhr
  • 1
Zum Glück habe ich meine Mutter (Jahrgang 1923) vor Jahren gebeten ihre Biografie (1926 - 1947 bis zur Heirat) zu schreiben. Sie hatte mir während unseren gemeinsamen Urlaubsreisen so viel erzählt, dass es mir unmöglich war, mir alles zu merken.
Heute leidet sich an Demenz.
Und wenn nun die gruseligen kalten Tage kommen und wir nicht mehr unsere Dorfspaziergänge machen können - ist es genau die richtige Zeit sie wieder vorzulesen - gepaart mit ihrer Lieblingsmusik: Gospel und schottische Dudelsackmusik.
  • 15.11.2016, 13:12 Uhr
  • 3
Das ist ja wunderbar und ich freue mich für Ihre Mutter und
Sie. Liebe Grüße
  • 15.11.2016, 18:04 Uhr
  • 1
Danke für die Grüße ...gehen natürlich an Sie zurück
Heute war es "nicht gruselig genug" - das Vorlesen und die Musik mussten warten...
Zwiebelkuchen essen in der Dorfbäckerei und Dorfspaziergang waren möglich bei 10,9° ohne Regen
  • 16.11.2016, 20:49 Uhr
  • 0
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