Weihnachtserinnerung
Im Fernsehen läuft eine Werbung: Was wäre Weihnachten ohne Kinder?
Blöde Reklame murmele ich vor mich hin. Tragen wir nicht alle noch immer das Kind, das wir einst waren, mit uns herum?
Wer keine Kinder hat, aus vielerlei Gründen und darüber traurig ist weil sein Weihnachten keins sein soll, sollte einfach das Kind in sich freilassen, es beschenken und sich mit ihm freuen.
Ich schreibe die Werbung einfach um:
Was wäre Weihnachten ohne Liebe, die Würze, die das Herz erwärmt, die Augen strahlen lässt. Was aber ist Liebe?
Vor einigen Tagen fand ich ein Foto aus meiner Kinderweihnacht.
Ein Familienbild, das eine kleine Geschichte erzählt:
In unserem Haus befand sich ein Tante Emma Laden. Kurz vor Weihnachten drückte ich, fast jeden Tag, mein Gesicht ganz fest an die Schaufensterscheibe.
Ich hatte mich verliebt.
Verliebt in eine Stoffpuppe. Immer wieder lief ich dorthin um sie anzusehen. Sie war so schön!
Dann war sie weg. Jemand hatte sie gekauft. Noch immer seufzt das Kind in mir, fühle ich den Schmerz meiner kleinen Seele.
Heulend lief ich nach Hause. Meine Mutter riet mir im Laden zu fragen ob sie nicht noch eine zweite Puppe hätten. Ich rannte zurück – vergeblich. Weihnachten war für mich erledigt.
Ich schaue auf das Foto und lächle.
Ja, der Weihnachtsmann hatte meine Puppe gekauft, nur für mich. Ich war so glücklich. Immer wenn ich das Bild betrachte erinnere ich mich daran, an die Liebe unserer Eltern, die trotz Armut uns jedes Jahr ein besonderes Weihnachtsfest schenkten.
Wir hatten keinen Grund uns arm zu fühlen. Wir wurden reich beschenkt. Wer mit Liebe umgeben ist entwickelt Fantasie, lässt sich nicht in die Irre führen.
Wenn die anderen Kinder
ihre Wünsche aufzählten war ich erstaunt.
Ich wünschte mir nur Puppenlappen, so nannten wir die kleinen Stoffreste, um meine Puppen neu einkleiden zu können.
Eine Kiste mit vielerlei buntem Stoff stand unter dem Weihnachtsbaum. Ich war glücklich. konnte ich doch in kuschliger Wärme über die Feiertage meine Puppen neu einkleiden.
Nach den Schulferien,
erzählten die Klassenkameraden von großartigen Geschenken, wie ein Fahrrad, Schlittschuhe und anderes auf, Wünsche die ich auf meinem Wunschzettel nie aufgeschrieben hatte. Und dennoch bemerkte ich wohl schon als Kind, dass meine Puppenlappen für die Aufzählungen keinen Wert hatten. Blitzschnell verwandelte ich alles in herrlichen Stoff für neue Kleider.
Alle waren zufrieden.
Vielleicht ist es dieses Glücksgefühl, das mich immer wieder verleitet mir zu Weihnachten ein kleines Spielzeug, ein Märchenbuch oder ähnliches zu kaufen, etwas was mein Herz erwärmt, mich zurück in meine unbeschwerte Kindheit führt, mich ganz still werden lässt.
Der bunte Teller, so nannten wir den gefüllten Weihnachtsteller, den unsere Mutter liebevoll am zweiten Feiertag nachfüllte, den mein Zwillingsbruder schon Heiligabend aufgefuttert hatte und bei mir nachfüllte, der bunte Teller ebenso ein Symbol von Weihnachten stand auf den Tisch während ich fleißg nähte und ein wunderbares Gefühl von Geborgenheit empfand.
Liebe, die Würze auch zu Weihnachten, und für das ganze Leben.
@Margarethe Noah
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