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Mein neues Auto

Mein neues Auto

22.05.2014, 22:00 Uhr
Beitrag von wize.life-Nutzer

Ich hatte Tränen in den Augen als ich dem Gebrauchtwagenhändler hinterher sah, der die traurigen Überreste meines treuen alten Autos davonzerrte. Aus.
Endgültig aus und vorbei......
Mein Kamerad für über fünf Jahre - seit ich als Ehefrau entlassen worden war! So eine Art Abschiedsgeschenk...
Letzten Sonntag hat er mir den Dienst versagt - nachdem er mich hundertsiebzig Kilometer weit nach Haus gebracht hatte, immer zitteriger, immer asthmatischer. Mit letzter Kraft bis vor die Haustür und dann kein Lebenszeichen mehr.....
Was haben wir alles mitgemacht, mein Muli und ich! Muli hatten ihn die Kinder getauft, weil er so schwer hat schuften müssen als ich mit ihm unseren riesigen Wohnwagen bewegt hab. Und den Pferdeanhänger!
Ich hab ihn so oft repariert, kannte beinahe jede Schraube, jede Eigenart. Und nun hat er mich pflichtgemäß zu Hause abgeliefert und den Geist aufgegeben. Eine Woche vor Weihnachten.......
Das stellt mich vor die Notwendigkeit ein neues Auto zu kaufen. Ein neues Gebrauchtes, wohlgemerkt!
Da ich für die Arbeit meinen Dienstwagen hab kann ich in Ruhe suchen.

Also erst mal die Feiertage genießen, arbeiten und mich von meiner Familie über den großen Verlust hinweg trösten lassen. Das Mitgefühl hält sich in Grenzen. "Endlich biste diese entsetzliche Rostlaube los!" kommt es von meiner Schwester. Na, die is richtig!
Wenn sie sich den Muli ausgeliehen hat war er ihr immer fein genug gewesen! Das merke ich mir!
Im Januar hab ich dann mal vorsichtig die Fühler ausgestreckt. Bei den Autohändlern auf meinem Weg die Auslagen betrachtet.
Was ich will weiß ich genau! Einen kleinen Kastenwagen. Wie meinen Muli! Und ich kann mir nicht mehr als fünftausend Euro dafür ans Bein binden.

Nach ein paar Tagen wage ich mich dann nach dem Dienst zum nächsten Händler. In der Auslage is nix für mich dabei, aber fragen kann man ja trotzdem mal.
Hätte ich das bloß gelassen! Nachdem man mich eine halbe Stunde hat warten lassen kam ein fein herausgeputzter Verkäufer diensteifrig auf mich zu und grüßte jovial. Schließlich ist mein Chef ein Großkunde, sämtliche Dienstwagen kommen von hier.
Ich frage nach meinem Traumauto und er klettert vor mir her zur Ausstellungsetage. Da stehen in Reih und Glied sieben brandneue Opel Combo und lachen mich an.
Ich schüttel den Kopf und bedaure. Kann ich mir nicht leisten.
Er ist anderer Meinung, er will mir eine Finanzierung machen, die auch für mich bezahlbar ist schwärmt er und zieht mich zu den Neuen hinüber. Ich staune!
Ich hab früher selber Finanzierungen gemacht, ich würde das nicht hinkriegen. Ich hätt mir ja den Spaß machen und ihn rechnen lassen sollen......griiins.
Er will sich gerade in Schwung reden da stoppe ich ihn energisch.
Gebraucht oder gar nicht!
Nu isser beleidigt.
Gebraucht hat er nix Entsprechendes da, aber der rote Kombi da drüben, der läge in meiner Preisklasse. Und nun preist er den Kombi in den höchsten Tönen!
Ja, das Auto war nicht schlecht, nur, ich suche was anderes!
Aber ich bin eine Frau und wann hat eine Frau schon je gewusst, was sie braucht! Er wusste es genau.....
Ich kratze den Rest Höflichkeit, zu der ich noch fähig war zusammen und lasse meine Telefonnummer da, damit man mir Bescheid geben kann wenn man ein Auto für mich hätte.
Ich gehe in der Überzeugung, nie wieder was von ihm zu hören......
Danach versuche ich es dann auch gar nicht mehr bei einem anderen Händler.
Also Internet! Hier kann ich ganz gezielt das suchen was ICH brauche! Und schon nach kurzer Zeit steht er da! Ein Citroen Berlingo Diesel, knapp vier Jahre alt und in Top-Zustand!
Also schnell anrufen! Eine sehr angenehme Männerstimme lädt mich zur Ansicht ein. Sind nur siebzig Kilometer zu fahren, meine Große braucht ihr Auto morgen nicht also auf zum Autokauf!!!
Ich finde den Laden ganz einfach, er macht einen ordentlich geführten Eindruck, hat die Innungsplakette am Tor und die Autos auf dem Hof sind samt und sonders keine Restposten. Ich muss auch hier auf den Chef warten, aber ich darf schon mal kiebizen, ich krieg den Schlüssel auf die Hand.
4.900 € steht auf dem Schild, der Wagen sieht auch aus der Nähe noch sehr neu aus! Der wurde nicht auf Baustellen benutzt! Der Chef kommt und wir verhandeln kurz - Winterreifen, Sommerreifen und TÜV bekomme ich obendrauf und das für 4.500€!
Ich fahre ein Stück Probe und bin begeistert! Für einen einfachen Diesel hat er richtig viel Temperament! Bremse, Kupplung, Motorgeräusche, Stoßdämpfer - was ich so testen konnte war in Ordnung. Außerdem hat das Auto ganz deutlich: Ja! gesagt!
Auf das Tempo beim Kauf war ich allerdings nicht eingerichtet, die Finanzierung muss ich noch klären, aber ich mache direkt einen Kaufvertrag! Und in dem Moment wo ich unterschreibe geht mir auf, dass ich noch nie in meinem Leben allein ein Auto gekauft habe......... Erst hat Papa gekauft, dann mein Mann...

Aber ich bin guten Mutes, das Auto ist einfach Klasse. Ich rufe gleich meinen Paps an und berichte.
Er bietet mir sofort an mir das Geld persönlich vorzustrecken! Wie toll!
Drei Tage später hat er einen Anhänger organisiert und wir fahren mein neues Auto abholen!
Paps nimmt das Auto genau unter die Lupe und ist zufrieden! Also hab ichs gut gemacht.
Zu Hause angekommen wird mein Traumauto natürlich sofort zugelassen und stolz wie ein Spanier starte ich die erste Einkaufsfahrt. Passt viiieeel rein in mein Schätzchen! Nur nach Hause komm ich nicht so einfach..... Ich will über eine Kreuzung fahren, trete die Kupplung um zu schalten und höre ein hässliches Ratschen, das Kupplungspedal ist weg und nix is mit Schalten..... Mitten auf der Kreuzung komme ich zum Stehen und blockiere einfach alles! Ich bin nur kurz ratlos, dann versuche ich mit dem Fuß das Pedal anzuheben. Es funktioniert und dann funktioniert auch meine Kupplung wieder!
Leicht verunsichert fahre ich heim.
Bei der nächsten Fahrt ist meine Tochter dabei, das Geräusch beim Kuppeln häufiger und ab und zu muss ich nach meinem Pedal angeln. Sehr ungemütlich und nicht zu akzeptieren.
Ein Anruf in der Werkstatt und ich bin auf dem Weg. Die Sache verschlimmert sich von Kuppeln zu Kuppeln. Bis in die Werkstatt komme ich auch nicht. 20 km vorher geht nix mehr.....
Wieder ein Anruf und eine Weiterreise auf dem Anhänger.
Mir kommt der Verdacht dass sich mein Auto auf dem Hänger wohler fühlt als auf der Straße......
In der Werkstatt taucht der Meister im Fußraum unter und kurz darauf verkündet er: Alles in Ordnung!
Ich bleibe skeptisch. Soweit kenn ich mich noch aus dass das nicht mit einem kurzen Handgriff aus der Welt zu schaffen ist. Hört sich an als ob zwei Zahnräder aneinander vorbeilaufen.
Und auf dem Heimweg wird klar - die Frau hat recht...,,
In der nächsten Woche fahre ich wieder dorthin. Man begrüßt mich schon wie einen alten Freund. Ich bekomme einen schicken Leihwagen und ich verabschiede mich von meinem Traumauto.
Ein paar Tage später rufe ich dort an und frage nach meinem Auto. Is leider noch nicht fertig.... Man hat den Kupplungsgeber, den Nehmer, den Kupplungszug und irgendwelche Hebel ausgetauscht. Ganz ist es nicht..... Nun gibt es noch ein anderes Getriebe und die Kupplung machen sie dann auch gleich neu. Ich bin gespannt!
Nach insgesamt drei Wochen hole ich mein Auto wieder ab. Fahre zum ersten Mal auf die Autobahn und bin erfreut - is richtig flott, mein Schatz!
Zuhause muss ich leider feststellen dass er sich sehr schlecht schalten lässt solange er richtig kalt ist......
Nutzt nix, später schaltet er sich gut und ich muss nach Wiesbaden. Die Fahrt verläuft absolut reibungslos, ich hab einen sehr netten Tag und lache mit einem Freund über meine Auto-Odyssee. Als ich heimfahren will bemerke ich unter der Stoßstange einen frischen Ölfleck... Bei genauem Hinsehen rotes Öl - mutmaßlich von der Servolenkung.
Ich öffne die Haube und auch da ist alles verölt..... Also auf der Heimfahrt wieder Werkstattstopp.
Man freut sich schon auf mich! Kurzer Check - ja, die Servolenkung leckt.... Termin gibts in der nächsten Woche und dann auch einen Leihwagen. Für den Heimweg einen halben Liter Servoöl und gute Wünsche.....
Nachdem ich den Gehweg vorm Haus gründlich verkleckert hab fahre ich dann den nun schon vertrauten Weg zur Werkstatt und gebe mein Schätzchen ab. Die Leute sind sehr nett und kulant wie immer und der Leihwagen noch feudaler als der letzte.
Nach drei Tagen kommt die Nachricht dass sich die Reparatur verzögert weil Teile nachgeliefert werden.
Gegen die Schaltprobleme hat man das Getriebe, das auch fleißig leckte, mit neuen Dichtungen und frischem Öl versehen.....
Also warten. Ich bin immer noch Tiefenentspannt. Es kostet nix, ich hab nen Leihwagen und hinterher isses besser!
Dann die Nachricht - es ist fertig! Ich kann mein Autochen abholen! An einem Montag um vier Uhr!
Ich rufe sicherheitshalber nochmal in der Werkstatt an - ja, noch ein paar Schrauben anziehen, bis ich da bin isser perfekt.
Ich muss die siebzig Kilometer in Überschallgeschwindigkeit zurück gelegt haben denn der Monteur schraubt immer noch. Aber nach kurzer Zeit ist er wahrhaftig fertig und will nur noch die Ölspuren mit dem Hochdruckreiniger bekämpfen. Er fährt aus der Halle und kurbelt die Scheibe herunter. " Kurze Frage - knackt der immer beim Lenken.....?"
Ne. Tut er nicht. Also nachsehen.... Das Lenkrad widersetzt sich tapfer den Demontageversuchen, die Hupe schreckt beständig die Kollegen auf weil mein Schrauber in der Eile die Batterie nicht abklemmen wollte und die Zeit verrinnt..... Sie weiß es nicht besser.
Bei sieben höre ich auf die Entschuldigungen des Mechanikers zu zählen, ich versichere ihm das sei nicht nötig und das war es auch nicht. Ich hatte Zeit, ich war immer noch Tiefenentspannt und langsam fand ich die Sache richtig amüsant.
Da ich aus der Branche komme weiß ich dass so etwas einfach passiert - dumm nur wenns immer beim Selben passiert...hihihi!
Zu dritt haben wir dann das widerspenstige Lenkrad endlich besiegt, die Lenksäule neu eingestellt und alles wieder zusammen gebaut. Dann noch die Reinigung - fertig! Und es war erst viertel nach sieben.
Nach ein paar weiteren Entschuldigungen darf ich dann fahren! Die Jungs sind echt riesig nett, aber ich will nu doch nicht so bald wieder zu Besuch hin......

Nun fahre ich seit mehr als zwei Monaten fröhlich in der Gegend herum und erfreue mich an meinem Auto! Ich hab es richtig lieb gewonnen!
Heute ist der erste richtig heiße Tag im Jahr und ich bin mit meinem Auto unterwegs. Das geöffnete Fenster bringt im Stadtverkehr nicht genügend Erfrischung, aber das ist nicht schlimm! Ich hab ja eine Klimaanlage! Ein Klick auf den Schalter und schon.....nix. Brühwarme Luft wird mir um die Ohren gepustet. Geht nicht.....
Und bei dem Gedanken nun die Werkstatt anzurufen bekomme ich einen Lachkrampf.........

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2 Kommentare

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Schöne Geschichte, schön erzählt.
Ja so ist das mit den Autos, wenn man sie mal ins Herz geschlossen hat macht man fast alles für sie.
  • 23.05.2014, 08:39 Uhr
  • 0
Ohja.....
  • 23.05.2014, 14:43 Uhr
  • 0
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