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Mein Freund Piet und die Sache mit dem Universum

Mein Freund Piet und die Sache mit dem Universum

14.05.2017, 17:46 Uhr
Beitrag von wize.life-Nutzer

Manchmal sprechen mein Freund Piet und ich über ganz banale Alltagsdinge, wenn wir bei einem guten trockenen Roten an seinem Küchentisch sitzen. Sie würden staunen, wie viel Grund der Alltag bieten kann, lachend und schenkelklopfend die Köpfe zusammenzustecken. Dann bebt mitunter die Eckbank, erschüttert durch unsere Lachsalven, und unser Hund Choppie schießt unter dieser Eckbank hervor, weil er wohl fürchtet, der Himmel stürze gerade ein.

Manchmal haben wir allerdings auch sehr ernste Themen, gerade dann, wenn wir wieder mal versuchen die Welt zu ordnen. Mitunter haben unsere Gespräche aber auch gar kein besonderes Ziel, sie plätschern einfach nur so dahin, wie es zwischen Freunden eben passiert. So auch bei meinem letzten Besuch.
Nach dem zweiten Glas vom guten Roten schaute Piet an sich hinunter und bemerkte seufzend: „Das Universum dehnt sich aus, hab ich kürzlich gelesen. Vom Universum weiß ich das ja nun nicht so genau, von meinem Bauch schon.“
„Jo Piet!“ antwortete ich lachend. „Männer in unserem Alter können oftmals froh sein, wenn sie ihre Füße noch sehen, ohne sich vorbeugen zu müssen.“
Piet nickte mit gespielter Trübseligkeit. „Was will man machen, unsere Frauen versorgen uns zu gut, dabei weiß doch eigentlich jeder, dass Bäuche sich ausdehnen. Die Ausdehnung des Universums ist ja wohl eher eine Spekulation, ich hab jedenfalls noch nix davon bemerkt.“

Wir nahmen erst mal einen Schluck vom Roten und dann begann ich, Piet die Sache zu erklären: „Weißt du Piet, man kann so etwas messen.“
„Messen?“
fragte Piet, „So ein langes Maßband gibt es gar nicht.“ Er grinste und sah mich zwinkernd an.
„Maßband, pah! Womöglich auch noch das aus dem Nähkästchen deiner Frau. Nein Piet, da gibt es andere Geräte und Methoden, die mit der Rotlichtverschiebung zu tun haben, mit denen man zweifelsfrei feststellen kann, dass die für uns sichtbaren Galaxien sich gleichmäßig voneinander entfernen.“

„Das ist kein Beweis!“ protestierte Piet, „Wenn ich die Tassen in unserem Geschirrschrank auseinanderrücke, dehnt sich der Schrank deswegen noch lange nicht aus. Überhaupt ist das alles Quatsch! Schon Einstein hat gesagt, dass das Universum unendlich sei. Jetzt verrate mir mal, wohin sich ein unendliches Universum denn ausdehnen sollte? Überall wo es sich hin dehnt, trifft es auf sich selbst, es ist also schon da.“

'Böse Falle.' dachte ich. 'Wie soll ich jemandem etwas erklären, das ich selbst kaum verstehe?'

Piet schenkte etwas Roten nach und sah mich erwartungsvoll an. Wir hoben die Gläser, prosteten einander zu und ich hoffte in diesem Moment inständig, dass unser Hund Choppie gerade jetzt wachwerden, unter der Eckbank hervorschießen und zur Tür rennen würde. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass er ein Geschäft zu verrichten hat. Das hätte mir vorerst eine Antwort erspart. Aber Chopin und das Schicksal hatten kein Erbarmen mit mir. Hektisch kramte ich in den Schubladen meiner Erinnerung um mir alles ins Gedächtnis zu rufen, was ich dazu mal gelesen und gelernt hatte, während ich versuchte, äußerlich vollkommen gelassen zu erscheinen.

„Nun Piet,“ begann ich schließlich, „versuch mal, dir das Universum wie einen Luftballon vorzustellen. Auf diesen Luftballon malst du nun lauter schwarze Punkte. Wenn du diesen Luftballon aufbläst, wirst du feststellen, dass sich die Punkte alle gleichmäßig voneinander entfernen und zwar ganz ohne Bezug zu einem bestimmten Punkt, von dem sie wegstreben. Stell dir mal vor, dieser Ballon wäre riesengroß und du könntest dich auf seiner Oberfläche fortbewegen. Diese Oberfläche hätte kein Ende, obwohl sie sich ausdehnt. Stell dir das Universum also so ähnlich vor, wie eine höherdimensionale Kugel, die sich ausdehnt. Wenn du schnell und lang genug reisen könntest, würdest du vielleicht irgendwann sogar wieder an deinem Ausgangspunkt ankommen.“

Piet grinste: „Kleiner Schlaumeier! Ein Luftballon dehnt sich zwar aus, aber das tut er in die ihn umgebende Luft. Es gibt also etwas außerhalb diesen Luftballons und wenn wir das Universum damit vergleichen, dann muss es also doch etwas außerhalb des Universums geben, wohin es sich ausdehnt.“
„Tja Piet, die Theorie sagt, dass unser Universum vom „Nichts“ umgeben ist. Alles was existiert kann nur innerhalb von Raum und Zeit, der sogenannten Raumzeit existieren. Dort wo weder Raum noch Zeit existieren, gibt es einfach nichts.“

Mir war klar, dass klang sehr schwach und sehr theoretisch, aber mehr konnte ich dazu nicht sagen. Piet merkte, dass dies Thema für uns zwei Laien wohl doch eher etwas zu komplex war und prostete mir zu.
„Lass es dir schmecken, mein Bester!“ rief er, „Wenn das alles so ist, wie die Wissenschaftler sich das so zusammenreimen, dann können wir nur hoffen, dass unser Universum nicht eines schönen Tages platzt, von der ganzen Dehnerei. Meine Hose ist jedenfalls kurz davor.“

Erleichtert stimmte ich in Piets Lachen ein. Schon oft hatten Piet und ich am Küchentisch im Handumdrehen einfache Lösungen gefunden, um die chaotischen Zustände in der Welt zu ordnen, aber das Universum war dann wohl doch eine Nummer zu groß für uns.


Bild: Sabine Adameit / arts-of-emotions.de

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3 Kommentare

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Ich mag deinen Piet immer mehr.Was nuetzt die ganze Intelenz,,wenns keiner nachpruefen kann. Und das es irgendwann platzt das Universum, kommt meinen Vorstellungen sehr nahe. Beim naechsten Tropfen,denkt doch mal,ueber das links gedrehte Jogurth nach.Eure Meinung wuerde mich sehr interessieren. Schoenen Gruß ans Frauchen.
  • 15.05.2017, 18:06 Uhr
  • 1
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Tja, der Piet und der Gert ... und was bitte sagt der Hund dazu als schwarzes "Ungeheuer", also Loch ...?

Wenn wir mit Einsteins Relativitätstheorie (der allgemeinen) davon ausgehen, dass die Raumzeit erst durch die Masse oder Materie entsteht und mittels Gravitation sich die Teile voneinander entfernen, weil sie sich abstoßen, dann dehnt sich das Universum (derzeit) oder bei Anziehung zieht es sich zusammen (später). So jedenfalls habe ich es bisher verstanden ... Das Beispiel mit dem Tassen und dem Schrank setzt eine euklidische Raumvorstellung voraus (den Schachtelraum), den noch Newton im Kopf hatte. Mit der R-Theorie hat man aber von dieser Vorstellung Abstand genommen, wie auch davon, dass das Universum von einem geheimnisvollem Äther gefüllt sein soll.
  • 15.05.2017, 15:40 Uhr
  • 1
Woher soll Piet das wissen?
  • 15.05.2017, 17:02 Uhr
  • 0
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