Sein Name hat eine ungewöhnliche und nicht vorauszusehende Karriere gemacht, Zeit seines Lebens war Alois Alzheimer ein durchaus durchschnittlich bekannter Forscher gewesen. Ein Artikel, der den bedeutenden Mann dem Vergessen entreißen soll…
In Marktbreit in Unterfranken war Alois Alzheimer am 18. Juni 1864 zur Weltgekommen, der Vater war Notar, die Junge besuchte nach der heimatlichen Volksschule das Gymnasium in Aschaffenburg und begann ein Medizinstudium in Würzburg. Ein Studienaufenthalt führte ihn nach Tübingen. Er war, wie für Studenten im 19. Jahrhundert üblich, Burschenschaftler und schrieb seine 17 Seiten umfassende Doktorarbeit in Würzburg 1887 zum Thema der Funktion der „Ohrenschmalzdrüsen“. Bis zu diesem Zeitpunkt deutet nichts darauf hin, dass Alzheimer die berufliche Laufbahn des Psychiaters einschlagen wird. Aber ein Jahr später geht er nach Frankfurt am Main, um als Assistenzarzt in die „Städtische Anstalt für Irre und Epileptiker“ einzutreten. Diese Institution war von einem Mann gegründet worden, den man der „Schwarzen Pädagogik“ zurechnet, also der Zwangs- und Gewalterziehung, nämlich dem Psychiater Heinrich Hoffmann, dem Verfasser des Struwwelpeter.
Tatsächlich aber ist die Geschichte der Psychiatrie eines Geschichte der Gewalt, zum Großteil auf dem Irrglauben fiußend, dass man bei seelischen Erkrankungen die Persönlichkeit zerbrechen müsse, um sie neu und perfekt zusammenzusetzen. Es gibt die unzähligen Opfer bis in unser Jahrhundert hinein und es handelt sich keineswegs nur um unbekannte Personen, auch König Ludwig II von Bayern, den man ohne Untersuchung entmündigte oder der unglückliche Dichter Friedrich Hölderlin zählen zu den Leidtragenden. Alois Alzheimer wollte mit ein paar jungen Kollegen den Weg der Reformpsychiatrie einschlagen, die Behandlung sollte „non-ristraint“ erfolgen, man wollte von den Zwangsjacken, den Zwangsernährungen, den kalten Wasserbäder, die eigentlich medizinisches „water-boarding“, also eine Foltermethode waren, wegkommen und in Wachsälen mit Betten, mit Warnwasserbädern, Spaziergängen im Park und Ausflüge in die Umgebung therapieren.
Alois Alzheimer arbeitet in Frankfurt aber in der Histologie, das heißt in der Gewebe-forschung des Gehirns, er untersuchte unter dem Mikroskop Gewebeveränderungen in Hirnpräparaten verstorbener Kranker. Er wurde im Jahr 1985 Obrarzt in Frankfurt. 1905, also mit Jahren ging er nach Heidelberg und wurde Schüler des berühmten Psychiater Emil Kraepelin, mit diesem ging er weiter nach München, wo er sich habilitierte und 1912 wird Alzheimer Professor im schlesischen Breslau. Auf einer Reise nach Breslau erkrankte Alzheimer an einer schweren Infektion, die auch seinen Herzmuskel angriff, dies führte letztendlich am 19. Dezember 1915 zu seinem Tod. Er wurde nur also nur 51 Jahre alt.
Es ist ein Lebenslauf, der farblos bleibt. Wir wissen wenig über die Person des Alois Alzheimer, insgesamt scheint es ruhelos gewesen zu sein. 1894 hatte er eine Bankierswitwe geheiratet und wäre finanziell unabhängig gewesen, er suchte aber eifrig einen Platz in der Wissenschaft. Und hat ihn gefunden, weil er am 25. Novem-ber 1901 einer Patientin namens Auguste Deter begegnete. Diese litt an schweren Persönlichkeitsveränderungen und war überaus vergesslich. Es ist das Anamneseprotokoll überliefert, die kann keine Angaben zu ihrer Person mehr machen und ist kaum mehr orientiert. Die Patientin war erst 51 Jahre alt sagte über sich selbst, dass sie sie selbst verloren hätte und Alzheimer wusste als behandelnder Arzt sehr wohl, dass es kein Einzelfall war, dem er in der „Krankheit des Vergessens“ (so Alzheimer) begegnete. Als Auguste Deter 1906 verstorben war, ließ sich Alzheimer die Krankenakte und das Gehirn nach München kommen. Bei der Untersuchung stellte er das Auftreten von Plaques, also krankhafter Eiweißablagerungen fest, ebenso, dass die Hirnrinde der verstorbenen Deter auffällig dünn war.
Am 3. November1906 stellte Alzheimer seine wissenschaftlichen Erkenntnisse auf einer Fachtagung Kollegen vor, das Plenum war so überrascht, dass es keine Fragen stellte. Nach dem Tode Alzheimers benannte sein Lehrer Kraepelin die bekannten Symptome als „Morbus Alzheimer“. Aber die Krankheit führte weit über 50 Jahre ein Schattendasein. Erst als die Lebenserwartung anstieg, wuchs auch die Anzahl der an schwerer Demenz erkrankten Menschen sprunghaft an. Es wurde auf der seinerzeit gelegten Basis emsig weitergeforscht, gerade weil die Persönlichkeitsveränderungen und die Hilflosigkeit der Patienten unendliches Leid für sie selbst und die Angehörigen bedeuten, aber ein Durchbruch deutet sich noch nicht an. Es gibt Medikamente, welche den Ausbruch der Krankheit verzögern, es, es gibt unterstützende Mittel gegen Aggressionen und Depressionen, eine Heilung aber ist derzeit nicht möglich.
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