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Singapur — eine multikulturelle Metropole und geschätzter Kunde deutscher Ex ...

Singapur — eine multikulturelle Metropole und geschätzter Kunde deutscher Exporte.

Otto Huber
24.11.2013, 11:56 Uhr
Beitrag von Otto Huber

„Seit Mai war i scho nimma dahoam“, klagt der Martl, ein altgedienter Bierzeltmusiker aus Wolnzach in der Hollertau. Als Posaunist und Sänger tingelte er mit seiner „Bavarian Band“ zwischen Tokio, Peking und Kuala Lumpur von einem Zelt zum anderen. Das Oktoberfest in Singapur ist die letzte Station. „Das einzige“, sagt der Martl, „was als original bayrisch gilt ist in München steht ein Hofbräuhaus oans, zwoa, drei g’suffa . . .“ Ansonsten schätze das Publikum eher Schunkellieder oder internationale Hits. Das ist Globalisierung einmal anders herum!

Das Bierzelt mit der überdimensionalen Klimaanlage auf Pulau Keppel im vornehmen Harbour Front Bezirk kommt natürlich aus Deutschland. Ebenso die Biertische, die Tischdecken mit den weißblauen Rautenmustern und die Kloh-Häusl. Die Messingzapfhähne blitzen wie Gold und die Alufässer einer Münchner Brauerei werden täglich per Luftfracht angeliefert. Der Eintritt kostet 65.— €, die Maß Bier um die 20.— €. Man gönnt sich ja sonst nichts.

Nürnberger Bratwürstl im quirligen Chinatown.

In Singapurs Chinatown steht „Erichs last Wuerstelstand before Äquator“. Der Wirt, eine Art oberösterreichischer Obelix mit gemütlichem Schmerbauch legt Wert auf die Tatsache, dass seine Weiß-, Leber- und Bratwürste dreimal die Woche frisch aus Nürnberg eingeflogen werden.

Singapur ist eine multikulturelle kosmopolitische Metropole in der unterschiedlichste Rassen und Religionen friedlich zusammenleben. Hier haben leuchtend weiß gestrichene anglikanische Kirchen aus der Kolonialzeit ebenso Platz wie Moscheen, deren türkis gekachelten Minarette in der Sonne glänzen. Buddhistische Pagoden stehen neben Hindutempeln mit ihren ungezählten Göttern die in fröhliche Buntheit die Lebensfreude Indiens widerspiegeln. An der Uferpromenade am Boat Quay auf der Terrasse vor einem der restaurierten Lagerhäuser geniest man die kulinarischen Köstlichkeiten aller denkbarer asiatischer Küchen während der Singapur River im Rhythmus der Gezeiten träge hin und her schwappt. Man kann sich kaum vorstellen wie es hier vor 60 Jahren ausgesehen hat. Armut, Slums, Dreck, Mafia, Straßenkämpfe, Drogendealer und eine kommunistische Stadtguerilla prägten damals das Bild Singapurs.

Ein charismatischer Politiker und die konfuzianischen Werte.

Heute leben in Singapur 5,3 Millionen Menschen auf einer Fläche etwas kleiner als Berlin. Sie erwirtschaften pro Kopf ein Bruttoinlandsprodukt das genau so hoch ist wie das der Deutschen. Dieser Erfolg ist verbunden mit dem charismatischen Politiker Lee Kuan Yew, der in den 1960er Jahren seine erste Wahl gewann und über drei Jahrzehnte die Geschicke der Stadt bestimmte. Ihm gelang es den Menschen konfuzianische Werte zu vermitteln und sie gleichzeitig zu ermuntern Ideen und Technologien des Westens zu übernehmen. Lee schuf aus dem ehemaligen Seeräubernest eine Gesellschaft, die religiöse und ethnische Toleranz übt und auf einer komplexen Mischung aus Moral, Bildung, Kunst, Technologie und materiellem Wohlstand basiert.

Singapur die sauberste Stadt Asiens.

Als Westler mag man vielleicht kritisieren, dass die Rechte des Einzelnen gegenüber der Regierung, die Freiheit der Rede oder die politische Streitkultur etwas zu kurz kommen. Dafür bietet Singapur eine Lebensqualität von der andere Asiaten nur träumen können. Die gepflegten Parks und die Reste eines exotischen tropischen Regenwaldes verleihen sogar dem Finanzdistrikt mit seinen Wolkenkratzern aus Stahl und Glas eine gefällige Atmosphäre. Dass alle Großbanken dieser Welt eine Filiale in der Stadt unterhalten, dürfte den „lockeren“ Finanzregeln geschuldet sein. Ein Schelm wer dabei an Steuerparadies oder Schwarzgeld denkt? Die sprichwörtliche Sauberkeit Singapurs bezieht sich jedenfalls eher auf Straßen, Plätze und die U-Bahn. Sie wurde schon so oft beschrieben, dass es sich erübrigt sie zu erwähnen.

Etwas hat mich doch beeindruckt. In den Hafenbecken fallen kleine Boote auf, die kreuz und quer herumschippern und auf denen Männer stehen, mit Stangen bewaffnet an deren Ende sich Drahtnetze befinden, mit deren Hilfe sie hinter jeder Cola-Dose und jedem Papierschnitzel her jagen um sie auf der Stelle dem Recycling-System der Stadt zuzuführen. Dass in Singapur Graffiti an Brückenpfeilern und Zigarettenkippen auf dem Boden unbekannt sind, versteht sich von selbst.

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1 Kommentar

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Otto Huber
war auch überrascht — ehrlich gesagt ich war nicht touristisch unterwegs sondern habe meinen Sohn besucht, der dort 3 Jahre arbeiten wird.
  • 26.11.2013, 17:03 Uhr
  • 0
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