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Über die Seele Südtirols

Über die Seele Südtirols

Heiner Sieger
20.01.2017, 16:41 Uhr
Beitrag von Heiner Sieger

Der Münchner Journalist Herbert Holzamer hat sich mit Hingabe, Kenntnisreichtum und gelebter Ortskenntnis Südtirols bewegende und lehrreiche Geschichte zur Brust genommen. Ergebnis ist die "Südtirol-Saga", ein sehr empfehlenswerter Roman über die Seele Südtirols: menschliche Gräben, Heimatverbundenheit, innere Zerissenheit und Versöhnung. Und ganz nebenbei ein einzigartiges Porträt einer großartigen Region im Herzen Europas.

Im Jahre 1918 jährt sich nicht nur das Ende des 1. Weltkrieges zum einhundertsten Mal, sondern auch der Einmarsch italienischer Truppen in Südtirol mit der Folge der nachfolgenden Annexion. Zu diesem Jubiläum leistet der langjährige wizelife-Autor mit der „Südtirol-Saga“ einen wertvollen Beitrag zur Reflexion. Hier ein kurzer Einblick in das Werk:

Ist der für Italien gewonnene Erste Weltkrieg wirklich ein Grund, dass den Menschen Südtirols seit nun bald 100 Jahren das Recht auf Selbstbestimmung vorenthalten wird? Oder sind 100 Jahre lange genug, dass sich Alteingesessene und Zugewanderte aneinander gewöhnt haben sollten? Der Roman "Die Südtirol-Saga" erzählt die Geschichte von einfachen Menschen - Italienern, Südtirolern, Österreichern, Bayern - die das Schicksal des Landes südlich des Brenners in einen Strudel wirft, mal gemeinsam, mal gegeneinander. Und dieser Strudel sind die erzählten 100 Jahre Südtiroler Geschichte. Die Personen des Romans sind fiktiv, die Historie und ihre Protagonisten nicht.

Der Roman will Bekanntes und weniger Bekanntes, persönliches Schicksal und politische Entscheidungen in einen Zusammenhang stellen, und er vermittelt als Erkenntnis, dass 100 Jahre weder die Gräben zwischen Tirolern und Italienern haben zuschütten noch das Verlangen nach Selbstbestimmung haben auslöschen können, dass der fehlerhafte Umgang Italiens mit seiner Kriegsbeute Südtirol auch ein Auswuchs der gesellschaftlichen, politischen und sozialen Erkrankung des Landes ist, dass aber auch das Verhalten der Südtiroler Volkspartei widersprüchlich war und ist. Entscheidend bleibt die Freiheit, die Wahrheit bekennen zu dürfen, und als Hürde, die unüberwindlich scheint, dass es noch kein Bemühen um eine wirkliche Aussöhnung gibt und dass diese nur im Vergeben und im um Vergebung bitten liegen kann.

Handlung

Der Roman schildert das Aufeinanderstoßen unterschiedlicher Kulturen und Ethnien und die Schwierigkeiten ihres Miteinanders. Ort des Zusammentreffens ist Südtirol, vor allem Bozen, das Sarntal und Gossensaß. Die Handlung des Romans wird durch mehrere Familien bestimmt. Da sind die Langers in Bozen, sie Schauspielerin am Bozner Theater, er Verwaltungsbeamter im Rathaus mit ihren Kindern und Kindeskindern, auch zwei Bergbauernfamilien aus dem Sarntal, die Mairs und die Premstallers, spielen eine zentrale Rolle. Kati Premstaller und ihre durch eine Vergewaltigung empfangene Tochter Eva gehören zu den Schlüsselfiguren des Romans.

Dann drei italienischen Soldaten, Luigi Cortone, Stefano Barocci und Dario Salvati, die für den gewaltsamen Einfluss stehen, der das traditionelle Leben in den Bergen zum Einsturz bringt und zum Miteinander zweier Welten führt, die einander fremd sind wie Feuer dem Wasser. Der Eremit Theofil in einer Kapelle im Sarntal, der versöhnen will und bei dem einer der italienischen Soldaten Zuflucht findet und der für die Katakombenschulen wichtig sein wird . Von Bedeutung sind ferner zwei Österreicher und zwei Bayern.

Bestimmend für den Roman ist auch Arturo Spina, der als Mitarbeiter Ettore Tolomeis sich anschickt, die Italianisierung Südtirols durchzusetzen und dessen Kinder dann eine durchaus positive Rolle spielen werden.

Diese Personen und ihre Familien er- und durchleben 100 Jahre Südtiroler Geschichte, von der italienischen Annexion über den Faschismus, die Katakombenschulen, die Option, die NS-Herrschaft, den Zweiten Weltkrieg, die Nachkriegszeit mit dem Los von Trient, der Feuernacht und das "Paket" bis hin zu Cossigas Vorschlägen einer Selbstbestimmung, ihren Scheitern und dem Versuch des Theaters Bozen, die Auseinandersetzung mit der Wahrheit auf die Bühne zu bekommen. All wird begleitet von dem privaten Leben in den Familien, von denen erzählt wird, ihren Hoffnungen und Enttäuschungen.

Dominierende Personen, wenn es dem Ende des Romans entgegengeht und die Auseinandersetzung mit der Gegenwart im Vordergrund steht, sind der Jurist Herbert Perathoner, die Journalistin Anna Premstaller, Paul Premstaller, Verwaltungsangestellter, Hubertus Premstaller, Landwirt und Gastronom im Nebenerwerb; ferner die Staatsanwältin Beata Spina, ihr Sohn Tomaso Tomellini, Dozent an der Freien Universität Bozen, und seine zwei Kinder: Claudio Tomellini und Beata Tomellini, welche in die Zukunft des Landes und der Südtiroler Gesellschaft weisen.

Alle reflektieren und diskutieren bisweilen erbittert die politischen und gesellschaftlichen Optionen für Südtirol, wobei Lukas Langer, Student der Philosophie, die wohl radikalste Position einnimmt.

Den Abschluss des Romans bildet das Interview zweier Protagonisten mit der Politikerin und Zeitzeugin Eva Klotz. Der Autor ist in diesem Roman nicht Partei, nur Chronist.

Vorworte haben der ehemalige italienische Bürgermeister von Bozen, Luigi Spagnolli, und der ehemalige Präsident der EURAC, Werner Stuflesser, geschrieben.


Der Autor
Hans-Herbert Holzamer, hat sich seit Jahrzehnten mit Südtirol beschäftigt, in Beiträgen für die WELT, die Süddeutsche Zeitung und andere Titel. Die „Südtiroler Management-Gespräche“ hat er konzipiert und drei Mal mit der EURAC durchgeführt. Heute schreibt er für ein Magazin, Zeitungen und Internet-Portale. Er ist Autor mehrerer Bücher, von denen drei Romane - "Richter ohne Sühne", "Lampedusa oder die Illusion von Glück" und "Zerrissene Leben" - deutsch-italienische Bezüge haben. Seine eigene ethische Überzeugung hat er in dem Buch "Das Versprechen der Menschlichkeit, die neue Ethik für eine globale Welt" dargestellt.

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