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Kunst verstehen: Einige Kuss-Motive zum „Internationalen Tag der Küsse“

Kunst verstehen: Einige Kuss-Motive zum „Internationalen Tag der Küsse“

Volker Barth
05.07.2017, 20:00 Uhr
Beitrag von Volker Barth

Am 6. Juli 2017 begegnet oder „feiert“ man den „Internationalen Tag des Kusses“. Daraufhin fallen einem spontan so Begriffe wie Liebe, Romeo und Julia, Verona und Festspiele ein. Zur jetzigen Jahreszeit finden diese alljährlich in der antiken Arena zu Verona statt. Natürlich dürfen als Oper bzw. das Ballett „Romeo und Julia“ auch nicht fehlen. In diesem Zusammenhang darf man auch die touristischen Attraktionen „Julias Balkon“ und „Julias Grab“ nicht vergessen.

Aber das zentrale Thema ist „Der Kuss“ - und wie wird dieser definiert? Laut Wikipedia: „Ein Kuss ist ein oraler Körperkontakt mit einer Person oder einem Gegenstand. Die wissenschaftliche Erforschung des Kusses nennt man Philematologie.

Der Kuss gilt in vielen Kulturen als Ausdruck von Liebe, Freundschaft und Ehrerbietung. Die Bedeutung des Kusses, besonders die in der Öffentlichkeit, ist kulturell unterschiedlich. In der westlichen Kultur ist der Kuss sehr oft Ausdruck von Liebe und Zuneigung, aber auch Bestandteil von sexuellen Betätigungen.

Heute schon geküsst? - sicher doch! Denn heute am 6. Juli begeht man den Internationalen Tag des Kusses. Was heißt international?, wenn Kussforscher (Philematologen genannt) herausfanden, dass es nur in 46 Prozent der verschiedenen Kulturen „romantisch-sexuelles Küssen“ gibt. Küssen ist nichts Universelles, sondern offenbar kulturell geprägt. Über die Chinesen schrieb 1897 ein französischer Ethnologe, sie empfänden den Kuss der Europäer als eine ekelhafte Spielart von Kannibalismus.

Selbst Handküsse werden noch unterschieden

Man unterscheidet Küsse und ordnet sie, so z.B. in: Liebesküsse, Handküsse, Begrüßungs- bzw. Abschiedsküsse, Verehrungsküsse, Judasküsse, Bruder- bzw. Schwesterküsse, Zungenküsse, Intimküsse usw..

Der „Kuss“ als Motiv tritt von der Antike bis zur Jetztzeit in der Bildenden Kunst, in der Fotografie und im Film permanent auf. Deshalb stelle ich heute ein selteneres illustratives Gemälde „Der letzte Kuss von Romeo und Julia“ (Abschiedsszene) vor. Es wurde von dem italienischen Historienmaler Francesco Hayez im Jahre 1823 geschaffen. Es ist aber nicht das berühmteste - es gibt den Francesco-Hayez-Renner „Der Kuss“.

Die Bildergalerie:

Bild 1 (Detail): Der letzter Kuss von Romeo und Julia (1823) gemalt von Francesco Hayez. Das Gemälde zeigt die „Abschiedsszene kurz nach der Balkonbesteigung“ aus William Shakespeares Tragödie Romeo und Julia.
Übrigens: In Francesco Hayezs Werkverzeichnis findet man einige unterschiedliche „Kussversionen“

Bild 2: Gesamtansicht „des Romeo und Julia Motives“

Bild 3: Während das Motiv „Der Kuss (Il batio)“ aus dem Jahre 1859, von Kunstgeschichtlern als Fancesco Hayez Meisterwerk erkoren, das berühmtere Motiv ist. Das Gemälde hat das Format 110 mal 88 Zentimeter und befindet sich in der Pinacoteca di Brera, Mailand.

Das Gemälde zeigt ein „mittelalterliches“ zärtliches Liebespaar. Es ist ein Motiv, ein Symbol für das „Risorgimento“ (italienische Unabhängigkeits- und Einigungsbestrebungen des 19. Jahrhundert) - dieser „Kuss“ ist also eine politische Allegorie. Beide sich nähergekommmenden Personen sind gekleidet in Gewändern der jeweiligen Nationalfarben, für Italien (Mann) und Frankreich (Frau).
Der Kuss selbst versinnbildlicht die enge Verbindung der beiden Länder: 1859 kämpften das Königreich Sardinien und Frankreich als Verbündete im Sardinischen Krieg gegen das Kaisertum Österreich und besiegten es in der Schlacht von Solferino. Die Lombardei wurde in der Folge von Österreich an Italien abgetreten, nach dem Anschluss der anderen italienischen Königreiche an das Sardinien entstand 1861 das Königreich Italien. Im September 1859 wurde das Gemälde auf der Esposizione Dell’Accademia di Brera in Mailand gezeigt (drei Monate nachdem die siegreichen Befehlshaber Viktor Emanuel II. und Napoleon III. die Stadt besucht hatten).

Bild 4: Auguste Rodin „Der Kuss“ oder das Liebespaar „Paola und Francesco“ (1886-1898) in einer Liebesszene. Auguste Rodin, der franösische „Star“bildhauer, schuf zwei Körper in Marmor die sich „lebendig“ vereinigen. Während beim Pariser Salon von 1886 man am „Kuss“ großen Anstoß genahm, hatte aber Kunst verstehen: Zum Küssen gehören immer zwei eine vergrößerte Version 1898 großen Erfolg.

Bild 5: Gustav Klimt - Die wohl inzwischen berühmteste, gemalte Kuss-Szene der Welt stammt von dem österreichischen Jugendstil-Künstler Gustav Klimt aus dem Jahre 1908. Dazu die ungeklärte Frage: Ist er es mit seiner Freundin Emilie Föge? Egal, es ist jedenfalls eine „goldige“ Ikone für Liebende - ein faszinierendes Meisterwerk im Museum Belvedere zu Wien.

Bild 6: Roy Lichtenstein - Der Pop-Art-Künstler machte aus gewöhnlichen Comic-Heft-Szenen Kunstwerke, so das Gemälde „Wir erhoben uns langsam“ aus dem Jahre 1964. Dieses Szene zeigt eine „Unterwasserfilm-Nah-Story“ und hat als Ausgangspunkt Lichtensteins Faszination von dem japanischen Hokusai-Motiv „Die Große Welle“. Im Modernen Museum, Frankfurt ist dieses „Kunstwerk“ zu bestaunen.

Bild 7: Pablo Picasso „dokumentiert“ in einem seiner Spätwerke von 1969 eine sehr leidenschaftlichen Kuss-Szene. Sie beruft sich gestalterisch auf frühere kubistische Gestaltungselemente und gehört dem Musee Picasso, Paris.

Bild 8: Weltpressefoto eines Kusses - Alfred Eisenstaedt war einer der einflussreichsten Fotoreporter des 20. Jahrhunderts. Seine Arbeiten sind gekennzeichnet von einer natürlichen Ungezwungenheit im Umgang mit Menschen und Dingen. Er gehörte zu den ersten, die ausschließlich mit Kleinbildkamera arbeiteten.

Das bekannteste Bild ist „V-J Day in Times Square“ aus einer Serie von vier Bildern, die er am Tag des Sieges über die Japaner, am 15. August 1945, fotografierte. Das Foto zeigt einen Matrosen am Times Square in New York, der im Freudentaumel spontan-zupackend eine ihm fremde Krankenschwester küsst. Ihr Name war Margarete Zimmer.

Ausstellungs-Tipp

Ausstellung des Bröhan Museum zu Berlin vom 15. Juni bis 3. Oktober 2017 mit dem Titel: Kuss. Von Rodin bis Bob Dylan.

(Museumstext): Der Kuss: Eine kleine Geste und eine große Inspiration für die Kunst. Kaum ein Ritual unserer Kultur zieht uns so nachhaltig in seinen Bann. Gerade die Vieldeutigkeiten und Ambivalenzen des Kusses haben in der Kunst ein breites Echo gefunden – auch jenseits romantischer Vorstellungen von Liebe und Leidenschaft.

Die Kunst um 1900 beschäftigte sich geradezu obsessiv mit dem Kuss. Der Jugendstil entdeckte die ornamentalen Qualitäten des Motivs und im Symbolismus hatten die tödlichen Küsse von Sphinx, Vampir und Co. Konjunktur. Nach dem Ersten Weltkrieg blieb die Faszination der Kunst für den Kuss lebendig und erreichte im Expressionismus einen weiteren Höhepunkt. Neue, bisweilen auch politische Bedeutungen erhielt der Kuss seit den 1960er Jahren vor dem Hintergrund aktueller künstlerischer und gesellschaftlicher Diskurse: Themen wie Identität, Feminismus, (Homo)-Sexualität und Körper beschäftigen Künstler/innen bis heute.

Links:

(Kuss)
https://de.wikipedia.org/wiki/Kuss

(Romeo und Julia - William Shakespeare)
http://www.william-shakespeare.de/zu...s_romeo.htm

(Verona - Julias Haus und Grab) http://www.tourism.verona.it/de/erle...julias-haus

(Julia-Denkmal, München)
http://muctogo.de/julia-statue-muenchen/

(Tag des Kusses)
http://www.faz.net/aktuell/gesellsch...326885.html


Map-Data:
Bröhan-Museum, Ausstellung: Kuss. Von Rodin bis Bob Dylan, Schlossstraße 1a, 14059 Berlin

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4 Kommentare

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Von mir, nachträglich ein Küsschen für Deinen schönen Beitrag
  • 07.07.2017, 11:20 Uhr
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Danke für deinen Beitrag Volker
  • 06.07.2017, 09:48 Uhr
  • 0
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Also morgen
  • 05.07.2017, 21:42 Uhr
  • 1
Volker Barth
Ganz lieb Deine Reaktionen - danke sagt Volker
  • 05.07.2017, 23:10 Uhr
  • 1
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