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Opferberufe Teil 4: Grenzerfahrungen im Krankenhaus

Opferberufe Teil 4: Grenzerfahrungen im Krankenhaus

Marion Dr. Diwo M.A. -HP
23.01.2014, 09:16 Uhr

Eigentlich müssen das ganz besondere Menschen sein: Wer Schichtdienst, Hektik und miese Bezahlung als die Eckdaten seines Berufes nennen kann, der ist schon zu bedauern. Wer aber gleichzeitig noch Verantwortung über Leben und Tod übernimmt, der hat keinen Beruf, der hat eine Berufung. Krankenschwestern und Pfleger sind solche Menschen.

Deren Alltag beginnt früh, die Schichten in Kliniken beginnen meist zwischen 6 und 7 Uhr morgens und enden am Mittag, wobei meist der Wechsel zwischen Früh-und Spätschicht am Wochenende vorgenommen wird. Dann heißt es: Mittags beginnen und erst zwischen 20 und 21 Uhr nach Hause kommen. Und das 1-2 Wochen lang, immer im Wechsel. Krankenschwester/Pflegekraft ist überdies ein Ausbildungsberuf von drei Jahren, aber er stellt gleichzeitig die Anforderung nach dauerhaftem Lernwillen, denn das medizinische Fachwissen erweitert sich permanent und muss präsent sein. Ob das für die Leute selbst so gesund ist?

Ansprechpartner, Notfallmediziner, Servicekraft


Es gab Zeiten, da waren Krankenschwestern zuständig für die Reinigung und Desinfektion von Entlassungsbetten, als Ansprechpartner für Angehörige und als Notfallmediziner nach Absprache, wenn für das ganze Haus nur ein Arzt Dienst hat und dieser gerade wegen eines anderen Einsatzes nicht verfügbar ist. Das ist zwar offiziell nicht erlaubt, ist aber gang und gäbe, so hört man. All´ dies neben den originären Aufgaben, die ohnehin erledigt werden müssen. Dabei war früher sogar eine Station mit 50 Betten keine Seltenheit. Das hat sich heute geändert. Viele Bereiche wie Nahrungsaufnahme der Patienten, Desinfektion der Zimmer, reine Putztätigkeiten, werden heute von Subunternehmen erledigt. Auch die Stationen sind meist kleiner geworden, was das ganze System natürlich nicht preiswerter macht, den Job der Pflegekraft aber trotz allem auch nicht leichter.

Umsicht, Weitsicht, Vorsicht


Die Verantwortung bleibt. Pflege am Menschen erfordert höchste Umsicht, Weitsicht und Vorsicht. Man kann nie wissen, was passiert- und dem Leid ist man zudem ständig ausgesetzt. Gleichzeitig und im Gefahren-Fall muss schnell reagiert werden können, das ist lebensnotwendig. Die Anfordernisse machen den Beruf nicht eben einfach, abgesehen davon, dass er körperlich schlichtweg anstrengend ist. Die ständige Bereitschaft, auf besondere Situationen einzugehen, eine Rund-um-Verfügbarkeit während der Dienstzeiten, eine flexible Einsatzfähigkeit, sind Faktoren, für die im Management viel Geld bezahlt würde.

Schlechte Bezahlung- trotz allem


Anders ist das in den Krankenhäusern und sogar privaten Kliniken: Hier kommen selbst langjährig tätige Fachkräfte nur selten über das Durchschnittsgehalt in Deutschland hinaus. (Ausnahmen sind OP-oder Notfallschwestern). Die „weichen“ Faktoren des Berufes (neben der fachlichen Ausbildung) sind auch nicht von Pappe: Kommunikationsfähigkeit in alle Richtungen (Arzt, Angehörige, Systemkräfte), Teamfähigkeit auch unter großem Druck, Koordinationswille, Durchsetzungsfähigkeit und Belastbarkeit, die Bereitschaft zu ständiger Fortbildung, Schnelligkeit, gehören in diesem Beruf unabdingbar dazu. Das wäre in der Industrie pro Punkt schnell mal 30.000 € wert.

Nächstenliebe


Etwas darf bei all´ den Management-Faktoren nicht zu kurz kommen: Die Liebe zum Menschen. Sie kann man wahrscheinlich nicht einmal lernen, sie gehört zum unverzichtbaren Inventar der Pflegekräfte und sollte eine starke Motivation sein, sonst hält man diesen Beruf nicht durch. Und dennoch: Diese Aufgaben loten die Grenzen seines Trägers aus, und nicht wenige sehen sich außerstande, ihn bis zum Rentenalter auszuüben. Die früheren Assessment-Center von Nonnen-geführten Krankenhäusern legten auf diesen nicht einmal nur christlichen Aspekt bei der Auswahl der Pflegeschüler großen Wert, wie das heute ist, ist mir nicht bekannt.

Trotz allem: Spannend


Auf der anderen Seite ist der Pflegeberuf wahrscheinlich eine der abwechslungsreichsten Tätigkeiten überhaupt. Ständig neue Menschen, Probleme, Herausforderungen, neue Fall-Charakteristika, neue Lerninhalte. Wach hält das siche, vielleicht sogar zu wach, denn nicht selten klagen Pflegekräfte über Schlaflosigkeit und Nicht-abschalten-können. Viele kennen aber auch Pflegekräfte, die ganz in ihrem Beruf aufgehen, die ihre ganze Energie dort hineinlegen und sehr zufrieden damit sind. Und Erfolge gibt es sicher auch zu verzeichnen, wenn wieder einmal jemand gesund „entlassen“ werden kann.

Gesellschaftliche Anerkennung fehlt


Das Problem für diese Tätigkeiten ist, dass die gesellschaftliche Anerkennung fehlt, es gibt kaum eine Lobby, die sich dieser Berufszweige annimmt. Das demotiviert natürlich die Träger. Dabei wäre es so leicht, hier eine Öffentlichkeit herzustellen und mehr zu berichten und- ganz simpel: die Leistung anzuerkennen. Das Problem dabei ist aber klar: Kein Gesunder befasst sich mit Krankheit und Krankenhaus. Zu groß sind die Widerstände in uns selbst. Wir möchten damit nichts zu tun haben, solange wir das System nicht benötigen.


Wie sind Ihre Erfahrungen mit dem Pflegepersonal von Krankenhäusern oder mit diesem Beruf?
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5 Kommentare

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habe 45 Jahre in diesem Beruf gearbeitet, und bin oft an Grenzen gestossen,
habe meinen Beruf gerne gemacht , muss aber dazu sagen, dass ich froh bin nun in Rente zu sein, abschalten kann man auch jetzt noch nicht da viele Erfahrungen mich 4 Jahre danach noch verfolgen also habe ich noch einiges zu verarbeiten.--- Bin auch froh, dass meine beiden Mädchen den Beruf nicht gewählt haben- er ist schwer und oft sehr emuzunal da kann man noch so abgebrüht seinmache Schicksale schüttelt man nicht so schnell ab, es gibt aber auch solche,- die meinen wenn man selbst im Krankenhaus landet,- na ja wenn man selbst gepflegt hat fällt man auch mal die Treppe hinunter um mal sebst gepflegt zu werden---- !!! ist mir passiert ---- und das war keine junge Schwester
wir sind alle nur Menschen mit grossen und kleinen Fehlern !!!!
  • 09.03.2014, 18:27 Uhr
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Ich arbeite seit 40 Jahren in diesem Beruf und habe mich noch nie als Opfer gesehen!
Natürlich ist es immer wieder eine Herausforderung, aber wer das nicht möchte, kann auch putzen gehen! Die Bezahlung ist, zumindest in Krankenhäusern mit öffentlichen Trägern in Ordnung! Anders sieht es bei privaten Pflegediensten aus, die oft mit billigen Hilfskräften arbeiten und auch Fachpersonal schlecht bezahlen.
Was allerdings immer mehr zum Problem wird, ist die oft überzogene Anspruchshaltung und das gesunde Halbwissen über Google ect. mancher Patienten. Studien wie sie die AOK kürzlich veröffentlicht hat, sind unrealistisch und dienen auch nicht der Vertrauensbildung!
Was den Kommentar von Claudia unter mir angeht - sogar im Krankenhaus und im Umgang mit dem Pflegepersonal gilt immer noch "wie man in den Wald ruft, schallt es heraus" und ein kleines "Bitte" oder "Danke" öffnet manche Tür!
  • 06.02.2014, 11:41 Uhr
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Marion Dr. Diwo M.A. -HP
Monika, die Frage ist, ob ein Mensch in diesem Beruf nicht zwangsläufig an seine Grenzen gerät, weil er so Vieles verlangt.. Wie siehst Du das??
  • 07.02.2014, 17:55 Uhr
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@Marion - viele Menschen stossen heutzutage im beruflichen Alltag an ihre Grenzen, wie man an den immer mehr werdenden "Burn-out"Fällen sehen kann! Krankenschwestern bilden da keine Ausnahme - zumal die Anspruchshaltung mancher Patienten immer weiter steigt. Das Berufsbild hat sich verãndert - früher haben wir vorrangig Patienten gepflegt und heute pflegen wir die Akten, mit immer weniger Personal!.
Dennoch bemühen sich die meisten von uns um eine freundliche und kompetente Pflege...und es wird immer Leute geben, denen man es nicht recht machen kann und die ihren Frust auf das Pflegpersonal projizieren.
Wir Alten kõnnen damit umgehen - die Jungen weniger - was auch die hohe Zahl der Berufsaussteiger miterklärt.
  • 08.02.2014, 12:00 Uhr
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Ich bin eine Pflegekraft und arbeite in der neurologischen Reha ,mein Beruf ist spannend und das Schöne an der Reha ist ,das es meist aufwärts geht bei den Patienten
Dieser Beruf ist leider auch oftmals belastend und man nimmt viel mit heim ,viele Schicksale berühren mich immer noch sehr .
  • 23.01.2014, 16:21 Uhr
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