Es ist schon erstaunlich, dass es heute noch Menschen gibt, die mit allen Mitteln versuchen, die Evolutionstheorie von Darwin von Grund auf in Frage zustellen. Der Grund dafür mag daran liegen, dass die Evolutionstheorie offenbar die Idee eines Gottes widerspricht, der in einigen Weltreligionen der Schöpfer aller Dinge und allen Lebens ist. Aus diesem Grunde werden von Kreatonisten angebliche Beweise angeführt, die die Evolutionstheorie ins Wanken bringen, manchmal sogar verunglimpfen soll. Es kann nicht erwartet werden, dass die Fossilien den Weg der Evolution lückenlos aufzeigen, doch werden immer wieder Fossilien entdeckt, die Wissenslücken schließen und eine Entwicklung des Lebens recht gut dokumentieren. Dabei, und das vergessen die Kritiker, ist die Evolutionstheorie bei Darwin nicht stehen geblieben, sondern sie ist durch moderne Forschungsmethoden wie die Untersuchung von Proteinen und Erbmaterial für uns noch noch viel sichtbarer geworden.
Die Evolutionstheorie mit allen Mittel zu bekämpfen, lässt sich mit der Kopernikanischen Wende vergleichen, die den Menschen und die Erde aus dem Mittelpunkt der Welt verdrängten. Inzwischen bezweifelt kaum jemand, dass sich die Erde um die Sonne dreht, dass unser Sonnensystem nur eines von vielen in der Milchstraße ist, dass unsere Galaxie nur eine von vielen Galaxien ist, unser Universum wahrscheinlich nur ein Universum von vielen ist. Der Mensch als die Krönung der Schöpfung mag ein großer Irrtum sein. Das muss erst einmal verdaut werden. Darwin konnte noch nicht wissen, dass die Menschen mehr als 98 % der Gene mit den Schimpansen gemeinsam haben und 80% von den Mäusen. Aus der Sicht der Biologie, muss die menschliche Gattung demnach eine Tierart anerkannt werden. Menschen haben allerdings die Fähigkeit zum Sprechen entwickelt, was sie (angeblich) von den Tieren unterscheidet. Delphine, Wale und Schimpansen kommunizieren auch, doch ist unsere Sprache wohl vielfältiger. Die Philosophie, dass Wundern über die Schönheit und Vollkommenheit der Schöpfung und die Idee an einen Gott ist nur dem Menschen aus seinem Gehirn entsprungen. Inzwischen ist es nichts neues mehr, dass Gehirnforscher Areale im Gehirn auf der Spur sind, in denen moralisches Empfinden entspringt. Wer sich diesen neuen Forschungsansätzen verschließen möchte, darf es gerne tun und vom Backenzahn des Nebraska-Mannes (gefunden 1922 von Harold Cook) erzählen, der angeblich menschliche und affenähnliche Merkmale aufwies, sich aber als Zahn eines Wildschweins offenbarte.
Henry Fairfild Osborn ( 1857-1935) war zu Lebzeiten ein bedeutender Geologe, Paläontologen und Eugeniker. Auch wenn er Darwins Theorie von der Abstammung des Menschen von einem schimpansenähnlichen Wesen widersprach, war er ein ein Verfechter der Evolutionstheorie und schrieb z.B. ein bedeutendes Werk über die damals bekannten Rüsseltiere. Osborns Arbeiten zur Abstammung des Menschen haben allerdings an Bedeutung verloren, weil Osborn sich auf die Entdeckung (1912) des sog. Piltdown-Menschen stützte, der 1953 als anthropologische Fälschung entlarvt wurde. Das ist natürlich mehr mehr als tragisch. Osborn war zu dieser Zeit schon längst verstorben.
Was ist nun aber dran an Darwins Behauptung dran, Menschen stamme von einem schimpansenähnlichen Wesen ab?
Schon der berühmte Botaniker Carl von Linné fragte sich schon im Jahre 1747, worin der Gattungsunterschied zwischen einem Menschen und Affen besteht. Menschen und Schimpansen sind unter den Primaten am engsten miteinander verwandt. Die Vorfahren der echten Affen (nicht Halbaffen) geht auf 40 Miliionen Jahre zurück. 20- 17 Millionen Jahre alte Fossilien von Menschenaffen sind uns aus Ostafrika erhalten. Die bis ins Detail übereinstimmende anatomische Struktur zwischen Menschenaffen und Menschen wurde im 18. Jahrhundert festgestellt. Heute bringen uns molekulare Untersuchungen noch einen Schritt weiter. Durch DNA-Vergleiche können nicht nur Verwandtschaftsverhältnisse aufgedeckt werden, sondern auch den Zeitpunkt, wann sich bestimmte Gruppen der Primaten getrennt haben. Wissenschaftler sprechen von einer molekularen Uhr.
Sie »basiert auf der Hypothese, dass die genetischen Veränderungen (Mutationen) in dem untersuchten DNA-Abschnitt über einen bestimmten Zeitraum mit einer gleichmäßigen Rate erfolgt sind.« (vgl. Junker, Pos.175, e-book). Vor etwa 5- 8 Millionen Jahren trat demnach die Aufspaltung zwischen afrikanischen Menschenaffen und den Menschen ein. Diese Zahl muss inzwischen nach oben korrigiert werden, weil man einen Hominiden-Schädel fand, Sahelantrhopus tschadensis, der auf 7 Millionnen Jahre datiert wurde. Dieses Wesen ging schon aufrecht.
Als im Jahre 1871 »Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl« von Charles Darwin erschien, gab es nur die Reste eines Skeletts (gefunden 1856) aus einer Höhle bei Düsseldorf. Der Neandertaler. Bis in die zwanziger Jahre gab es nur eine handvoll Fossilien, die die spätere Evolution des Menschen dokumentierten. Die meisten Fossilien ab 1924 stammen aus Afrika, dort existierte auch der letzte gemeinsame Vorfahre von Menschen und Schimpansen. Vor etwa 2 Millionen Jahren trat der Homo erectus in Erscheinung. Der Bewegungsapparat wurde umgestaltet, sodass er dauernd aufrecht gehen konnte, sein Gehirn umfasste ein Volumen von 900 -1000 cm³. Unter der Erde des Turkana-Sees in Nordkenia entdeckte die Anthropologin Meave Leakey einen hominiden Schädel, etwa 1,78 bis 1,96 Millionen Jahre alt, der schlussfolgern ließ, dass neben dem Homo Erectus noch andere Frühmenschen aufrecht gingen. Dass vergrößerte Gehirn war wahrscheinlich ausschlaggebend, die zur Entwicklung des modernen Menschen führte. Nur eine dieser Menschenrassen von damals überlebte schließlich.
Der US-amerikanische Paläontologe und Evolutionsforscher Neil Shubin geht sogar noch viel mehr Schritte in die Vergangenheit zurück und spricht von dem "Fisch in uns." . Er erzählt wie aus Flossen Gliedmaßen wurden und so weiter. Seine Evolution des Menschen beginnt vor etwa 375 Millionen Jahren, als der Tiktaalik durch die Meere schwamm und sogar auch mal für kurze Zeit ans Land ging.
Wer neugierig geworden ist:
Thomas Junker: Die Evolution des Menschen, Verlag C.H. Beck, 2009
Neil Shubin: Der Fisch in uns - Eine Reise durch die 3,5 Milliarden Jahre alte Geschichte unseres Körpers , Fischer-TB, 2008
7 Kommentare