Ich bin oft gefragt worden, was Jemanden dazu bringt, auszuwandern, seine Gewohnheiten völlig zu ändern und warum man bereit ist, sich kompromisslos an eine Mentalität anzupassen, die man bis zu diesem Zeitpunkt nicht kannte. Wenn man auf einer Sonneninsel lebt, fällt die Beantwortung dieser Frage augenscheinlich sehr leicht. Doch so einfach ist es nicht und um die wahren Gründe zu verstehen, muss man die Hintergründe schon sehr genau kennen.
Ja, man hat im Grunde genommen alles was man braucht und wenn man erst einmal völlig integriert ist und die entsprechenden Kontakte hat, lebt man auch sehr günstig im Vergleich zu deutschen Verhältnissen. Unwahrscheinlich, dass man in Deutschland zum Beispiel eine knapp 80 qm Wohnung für 180 € monatlich bekommt oder alle 2 Monate eine Stromrechnung von etwa 50 € hat. Wenn man es einmal geschafft hat, so zu leben, gibt man das nicht mehr einfach so auf. Oder etwa doch ?
Es kann sehr wohl Gründe geben, die Jemanden dazu bringen, das alles wieder aufzugeben. Ich habe hier auf meiner Insel einerseits die schönsten Momente, aber auch einige der schlimmsten Momente meines Lebens gehabt. Das Beste, das mir in diesen fast 20 Jahren passiert ist, war sicherlich meine Hochzeit und Allem was in dieser Hinsicht noch passiert ist. Und auch wenn es Einige gab, die diese Hochzeit eher für eine politische Veranstaltung gehalten haben, weil wir nicht nur im Plenarsaal geheiratet haben, sondern weil auch die gesamte Politprominenz des Gemeindebundes anwesend war - Es war einer der besten Momente meines Lebens. das muss auch einmal gesagt werden.
Auch die entsprechenden Vorbereitungen waren unvergesslich, denn niemals musste ich so viele Steine aus dem Weg räumen, wie in diesen Monaten vor der Hochzeit. Dagegen war die spätere Adoption der "Kleinen" ein Sonntagsspaziergang. Aber darauf möchte ich nicht weiter eingehen. Immerhin hat sich wieder einmal bestätigt, dass man alles schaffen kann, wenn man wirklich will.
Ja, es gäbe eine ganze Menge von Dingen, auf die man da stolz sein kann und ich sehe es nicht als "Versagen" an, dass man nur bis zu einem gewissen Punkt weiter machen sollte und nicht um jeden Preis alles durchzieht - auch wenn das Einige denken werden. Manche Dinge haben einfach einen zu hohen Preis, den man nicht mehr bezahlen sollte. Was das für Dinge sind, die man selbst mit Stolz betrachtet, hängt immer davon ab, was man im Leben für Vorstellungen, Pläne und Ziele hat. Ob diese Ziele erstrebenswert sind, muss Jeder für sich selbst entscheiden. Jedenfalls werde ich noch um meine Meinung gefragt, wenn Entscheidungen im EU-Parlament anstehen oder wenn es um lokal-politische "Maßnahmen" geht. Und ich bin ja auch nur weg und nicht tot. Mein Lebensziel war das jedenfalls nicht. Doch den eigenen Einflussbereich erweitern möchte wohl jeder gerne irgendwann.
Aber es gibt auch ein paar dunkle Seiten, die ich auch nicht außer Acht lassen darf und die sind langfristig gesehen überwiegend. Der ursprüngliche Grund für mein Auswandern war nicht etwa die Sonne und das Meer. Diese Faktoren haben nur für den Ort den Ausschlag gegeben. Es ging da viel mehr um konkrete Bedrohungen und der "dringenden Empfehlung" auf höchster Ebene, des Heimatland so schnell wie möglich zu verlassen. Doch die bedrohenden Faktoren sind inzwischen entweder tot, oder ohne jeden Einfluss.
Außer dem, was geblieben ist - Sonne, Strand und Meer und eine Lebensart, die bei genauerer Betrachtung erstrebenswerter ist, als die "stur-deutsche" Meckerart, die sich immer mehr durchsetzt - gibt es keinen echten Grund mehr, unter teilweise widrigen Umständen hier zu bleiben. Und die Umstände sind widrig, wenn man einen LEGALEN Aufenthalt voraus setzt, nicht gleich zwei Länder bescheisst und mit massiven gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hat. Nicht alles was glänzt, ist wirklich aus purem Gold. Und das sollte jeder bedenken, der sich mit dem Gedanken beschäftigt, sein Leben komplett um zu drehen.
Die Prioritäten haben sich geändert und zwar in einem Ausmaß, das eine neuerliche Änderung der Lebensumstände erforderlich macht. Viele Dinge will man aus Gründen der "Betriebsblindheit" vielleicht nicht sehen und doch existieren sie. Und man kann sie nicht langfristig ignorieren, wenn man nicht nur überleben, sondern auch halbwegs zufrieden leben will. Jedenfalls wird es noch einige Monate dauern, bis sich diesbezüglich etwas bewegt. Und wenn man ein bischen flexibel ist, klappt das auch noch!
Meine Frau ist seit über 5 Jahren bei mir und sie ist niemals so richtig auf der Insel angekommen. Ich werde nicht näher darauf eingehen, aber es ist offensichtlich. Außerdem hätten wir in ein paar Monaten ein Enkelkind am "anderen Ende der Welt" und diese Entfernung macht es auch nicht einfacher, denn ob dann noch jährliche Besuche drin sind, ist zumindest fraglich.
Auch sind wir inzwischen in einem Alter, in dem die Gesundheit wichtiger erscheint, als alles Andere. Nach einigen "Misshandlungen" in verschiedenen Kliniken hier - d.h. eindeutige Fehlbehandlungen etc. und den damit verbundenen Folgen, die tiefer in das Leben eingreifen, als ursprünglich gedacht, Dinge, die nicht einmal annähernd - und schon gar nicht ausreichend von der Krankenversicherung bezahlt werden und nicht zuletzt das Miterleben des schlechten Gesundheitszustandes meiner Frau - direkt vor dem Arzt, veranlassen mich eine Entscheidung zu treffen, die ich nie für möglich gehalten hätte. Von einem Strandhäuschen werde ich mich wohl verabschieden - in diesem Leben wird das nichts mehr. Aber es ist gut so wie es ist.
Das "eigene Versagen" liegt nicht darin, meiner Insel den Rücken zu kehren, sondern eher darin, solange gewartet zu haben. Doch meine Familie steht an erster Stelle. Nicht nur heute, sondern auch in Zukunft. Man muss die Dinge sehen wie sie sind: Man wird nicht jünger und der Gesundheitszustand aller Beteiligten wird nicht besser - schon gar nicht, wenn es dabei um unheilbare Dinge geht. Natürlich könnte man sich jetzt noch ein paar Jahre mit der Gewissheit herum quälen, dass es an diesem Ort nichts gibt, was lebensverlängernd oder Lebens-verbessernd sein könnte. Doch diese Ignoranz wäre ausgesprochen dumm und so bleibt nur eine Möglichkeit, die Allen gleichermaßen gerecht wird: Hier die Zelte abzubrechen und zurück zu gehen. Schon organisatorisch wird es eines der letzten großen Abenteuer für das die Kräfte noch reichen müssten. Ich wünsche mir nur, so viele Erinnerungen wir möglich mitnehmen zu können, denn irgendwann bleiben nicht viel mehr als Erinnerungen.
Dankbar für die letzten 20 Jahre bin ich auf jeden Fall. Was die Zukunft bringt, wird sich zeigen. Es wird wohl alles eine Nummer kleiner werden und die Ziele nicht mehr ganz so hoch, wie sie einmal waren. Doch das größte Abenteuer meines Lebens - die perfekte Familie gefunden zu haben, kann mir keiner mehr nehmen...
Und die "netten" Standard-Stänkerer können sich gerne jeden Kommentar sparen. Dieser Beitrag ist eine Information für Freunde und vielleicht auch eine Mahnung, seine großen Lebensschritte genau zu bedenken, bevor sie unumkehrbar werden. Wir kriegen die Kurve noch - ganz sicher. Aber ob das Andere nach massiven Veränderungen noch können ?
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