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Passat de luxe: Der neue Arteon von VW

Passat de luxe: Der neue Arteon von VW

Wolfgang Stegers
02.06.2017, 14:44 Uhr
Beitrag von Wolfgang Stegers
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Der Rechtschreibduden kennt das Wort nicht. Auch im Fremdwörterduden ist es nicht zu finden. Es hätte seinen Platz zwischen dem russischen Kolchosarbeiter der Zarenzeit, dem Artel, und Artepovera, einer italienischen Objektkunst der 1960er Jahre, die bewusst unästhetisch und ärmlich sein wollte.

Nachfolger des CC

Nun, das hatten die Namensgeber für das neueste VW-Modell sicherlich nicht ausdrücken wollen, als sie die viertürige Limousine mit der übergroßen Heckklappe Arteon tauften. Ganz im Gegenteil, der Wagen ist gefällig und hübsch. Bei Grundpreisen von 39.675 bis 52.175 Euro (ohne in die überquellende Liste der Aufpreisangebote gegriffen zu haben), erscheint die Herkunft „Volks-Wagen“ eher snobistisch.

Von der Historie aus betrachtet, folgt der Arteon der Spur des CC, jenes viertürige Coupé im Mercedes CLS-Look, das als missing link den Abstand vom Passat zum fern drüberstehendem Phaeton ein wenig verkürzen sollte. Der ist heute Geschichte und die Absetzbewegungen des 5000 Euro teueren Arteon gegenüber dem Passat, bestimmen sich nicht allein im Preis sondern auch in den Ausmaßen. Der unter 2 Tonnen schwere Reisewagen mit der starken Anhängelast von 2,2 t misst 4,86 m, ist samt Außenspiegeln 2,12 m breit und 1,45 m hoch – also kaum länger, deutlich breiter und ein wenig höher als der Passat (4,76 – 4,77 m Länge, 1,82-1,83 m Breite und 1,47 – 1,53 m Höhe).

Das Topmodell von Volkswagen

Keine Frage, Techniker, Designer und Marketingexperten haben sich beim Arteon alle Mühe gegeben, dem VW-Topmodell jenes Hauch von Luxus mitzugeben, der nicht protzig wirkt, aber wahrgenommen wird. Die gestreckte Coupé-Limousine geht verhalten mit den Chromflächen um, der „böse Blick“ der LED-Lichtergalerie könnte mehr lächeln und die Blechkanten sind nicht all zu sehr auf kante gebügelt – mit Ausnahme der „Tornadolinie“ wie sie das Audi-Design pflegt.

Von der Seite, zwischen den fett in den engen Radkästen stehenden 20 Zoll-Felgen, könnte der Arteon auch als BMW-Gewächs durchgehen. Speziell in schwarzer Lackierung wirkt das Heck sehr stark. Tempelartig baut es sich für den Hinterherfahrenden wie ein Sandwich mit verschiedenen Lagen auf. Die silbernen Buchstaben auf schwarzem Grund verstärken diesen Eindruck.

Mit Luxus und Allrad aufgepimpt

Klar, präzise Verarbeitung, anspruchsvolle Soundanlage vom dänischen Spezialisten, Dynaudio, Ledergestühl und üppiges Raumgefühl spiegeln die hochwertige Anmutung. wider. Das breite, quer über die Armaturentafel gespannte Band der Klimaanlage mit ihren schier unzähligen Ausströmkanälen erinnert an den verblichenen, (oder soll man sagen eingestampften?), Phaeton.

Konsequent und folgerichtig haben die Techniker dem Arteon den Allradantrieb verpasst. Denn Antriebsleistungen von 280 PS (206kW) für den Zweiliter Turbobenziner und 240 PS (176 kW) für den direkteinspritzenden Turbodiesel können vom Frontantrieb allein nicht so verkraftet werden, wie es von einer Limousine mit dem Hauch von Luxus erwartet wird. Erstaunlich sparsam präsentiert sich der Benzinmotor. Bei Überlandfahrten mit Autobahnanteil und bei agiler Fahrweise wurde die 10 Liter Marke nicht erreicht.

Autonomes Fahren in Sicht

Die Assistenzsysteme an Bord weisen immer stärker Richtung autonomes Fahren. Besonders das mitdenkende Cruise Control, ACC, verblüfft mit seinen Fähigkeiten und weckt neue Wünsche. So kann es in Verbindung mit dem streckenerfahrenen Navigationssystem das Tempo so regeln, dass die Geschwindigkeit automatisch den Kurven angepasst wird. Sind etwa 100 km/h vorgewählt, die nächste Kurve aber nur 70 km/h verträgt, wird automatisch runtergeregelt, ohne dass ein Schild die Geschwindigkeit 70 km/h vorgeschrieben hätte.

Aus dem im Navi hinterlegten Kurvenradius und der vom Fahrer ausgelegten Fahrwerkseinstellung – Komfort, normal oder sportlich -, wird in einem Algorithmus das Tempo errechnet. Hierbei spielt die Kurvenbeschleunigung eine entscheidende Rolle. Diese g-Kräfte werden vom menschlichen Körper wahrgenommen und unterschiedlich ertragen.

Geringe Beschleunigungskräfte sind angenehmen, höhere können Endorphine und Lustgefühle ausstoßen, so wie etwa bei der Achterbahnfahrt, sehr hohe Übelkeit. „Die individuelle Bandbreite ist groß“, erklärt Thomas Günterberg, verantwortlicher Ingenieur für die Assistenzsysteme. „Daher erlauben wir im sportlichen Modus ein höheres Kurventempo, also mehr g.“

Der Fahrer bleibt allein verantwortlich

Aber blind darf und kann sich der Fahrer nicht auf das ACC verlassen. Denn die aktuelle Straßenbeschaffenheit, ob stehendes Wasser, Eis, Feuchte oder staubtrockener Asphalt, fließt nicht in die Berechnung ein. „Der Fahrer ist selbst für sein Fahrzeug verantwortlich und kann jederzeit eingreifen,“ wird Günterberg streng.

Obwohl Straßenschilder erkannt und gelesen werden können, so schaut das System (noch) nicht auf rote oder grüne Ampeln. Diese zu erkennen, wäre sicherlich das kleinere Problem, die richtigen Schlüsse für ein unfallfreies Fahren daraus zu ziehen, die größeren. Daran arbeiten alle Hersteller und Zulieferer.

Der herbeigesehnte Engstellen-Assistent

In näherer Zukunft aber wird als weiteres, sicher ungemein nützliches Assistenzsystem, der „Engstellen-Assistent“ eingeführt werden. In Zeiten, in denen die Autos immer breiter, die Fahrbahnen immer enger und die verengten Fahrstreifen in Baustellenbereich ein extrem hohes Unfallrisiko darstellen, stellt sich die Frage, warum so spät? Das Passieren von Lastwagen oder Wohnwagenanhängern bedeutet nicht allein für SUV-Fahrer hohen Stress. Unfall im Baustellenbereich wird somit für alle zum GAU.


Ob der Arteon in den Pantheon, den Götterhimmel der Automobilgeschichte, eintreten wird oder als Passat mit Fließheck verkümmert, muss sich noch erweisen. Der Phaeton würde sich auf jeden Fall über Gesellschaft freuen.

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