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„Das Allerheiligen-Altar-Tafel-Motiv“ von Albrecht Dürer ...

„Das Allerheiligen-Altar-Tafel-Motiv“ von Albrecht Dürer ...

Volker Barth
31.10.2014, 21:00 Uhr
Beitrag von Volker Barth
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... auch „Hl. Dreifaltigkeitsaltar“ oder „Landauer Altar“ genannt, entstand um 1511. Den Titel „Die Anbetung der Hl. Dreifaltigkeit durch die Civitas Dei“ benutzt oft die Kunstgeschichte. Das Motiv ist eines von Albrecht Dürers wenigen Altargemälden (Paumgartner-Altar, Heller-Altar). Im Gegensatz zur damaligen „Altarbild-Mode“ malte Albrecht Dürer gezielt keinen Triptychon oder Flügelaltar sondern ein einzelnes Altar-Tafel-Bild. Dieses Ölgemälde ist auf Pappelholz gemalt und hat ein Format von 135 mal 123 Zentimeter - dazu konzipierte Albrecht Dürer einen interessanten aufwendigen Schnitzrahmen.

Der Auftraggeber dieses einzigartigen Allerheiligen-Bildes war im Jahre 1508 der Nürnberger Kaufmann und Metallhändler Matthäus Landauer. Das Kunstwerk war bestimmt für die Kapelle des Nürnberger Zwölfbrüderhauses, einem Altersheim für zwölf unschuldig in Not geratene Handwerker. Laut Hausordnung mussten diese als Gegenleistung für die freie Unterkunft, Kost und Kleidung täglich mehrmals für das „Seelenheil“ ihres Hausstifters Matthäus Landauer beten.

Albrecht Dürers Allerheiligen-Gemälde gelangte 1585 durch Verkauf an Kaiser Rudolf II. nach Wien, wo man es bis heute bewundern kann. In Nürnberg (Germanisches Nationalmuseum) verblieb der Original-Rahmen (versehen mit einer Gemälde-Kopie) und das Original-Gemälde in Wien (Kunsthistorisches Museum) steckt in einer Rahmen-Kopie.

Nur Gott kennt die Heiligkeit

Am ersten November feiert Baden-Würtemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und das Saarland den gesetzliche Feiertag „Allerheiligen“. Es ist ein christliches Fest (lat. Festum Omnium Sanctorum) an dem man "Aller Heiligen" gedenkt, die aber nicht von der katholischen Kirche „heilig“ gesprochen sein müssen. Vielmehr zählt die Formel: „ ... um deren Heiligkeit niemand weiß als Gott“. Grundsätzlich steht jedem Menschen, der nach christlichen Grundsätzen lebt, der Weg zur Heiligkeit offen.

Die katholische Kirche begeht am nachfolgenden Tag (2. November) das Fest „Allerseelen“ zum Gedenken an alle Verstorbenen.

Und einen Tag vor Allerheiligen (am 31. Oktober) feiern die evangelischen Christen ihren „Reformationstag“, denn der Kirchenrebell Martin Luther schlug, einen Tag vor Allerheiligen im Jahre 1517 an der Schlosskirchentür zu Wittenberg, 95 Thesen, die zur Spaltung des westlichen Christentums in unterschiedliche Konfessionen (katholisch, lutherisch, reformiert) führte.b

An diesem Tag wird aber auch ganz weltlich gefeiert und zwar „Halloween“ (engl.: All Hallow‘s Eve = Vorabend von Allerheiligen). Dieses Fest stammt ursprünglich aus Irland und kam durch Auswanderung in die USA, wo es zu einem Traditionsfest wurde und nun stark nach Deutschland ausstrahlt.

Gezielt malte Albrecht Dürer gegen den Trend

Das „Allerheiligen-Altarbild“ zeigt eine Versammlung von Heiligen im Himmel, die sich in mehreren Reihen um die Hl. Dreifaltigkeit schart. Das Zentrum bildet eben die Dreieinigkeit in Gestalt eines „Gnadenstuhles“. Der Gnadenstuhl ist ein Bildtypus der christlichen Kunst zur Darstellung der Trinität (Dreifaltigkeit): Gottvater hält das Kreuz (Kruzifix) mit dem toten Christus in beiden Händen, während die Taube als Symbol des Heiligen Geistes darüber schwebt.

Diese „Dreieinigkeit“ wird von Verehrer-Gruppen umgeben. In der unteren Reihe sind es die Oberhäupter von Kirche und Staat, begleitet von Geistlichen und Laien, links der Klerus mit zwei Päpsten, Kardinälen, Mönchen und Nonnen. Rechts sind die weltlichen Stände mit Kaisern (vorne Karl der Große), Königen, Fürsten, Rittern, Bürgern und Bauern. Links oben eine Schar von Märtyrerinnen, darunter (Barbara mit dem Kelch, Christina mit dem Mühlstein, Katharina mit dem Rad und Agnes mit dem Lamm) angeführt von Maria. Gegenüber befindet sich die alttestamentarische Gruppe der Propheten und Könige mit dem knieenden Johannes dem Täufer an vorderster Stelle, dahinter Moses mit den Gesetzestafeln und David mit seiner Harfe. In der Gruppe der Kirchlichen ist zwischen einem Kardinal und einem Mönch der Stifter Matthäus Landauer abgebildet. Auf der gegenüberliegenden Seite, der Ritter im goldenen Harnisch, ist sein Schwiegersohn, der kaiserliche Feldhauptmann Wilhelm Haller.

Der untere schmale Gemäldeteil ist die „weltliche“ Zone (!) und zeigt eine perspektivische Landschaft mit Stadt am See. Hier stellt sich Albrecht Dürer selbstbewußt dar als Zeuge dieses visionären Ereignisses mit der lateinischen Inschriftentafel: „ALBERTUS DURER NORICUS FACIEBAT ANNO A VIRGINIS PARTU 1511“ (Albrecht Dürer aus Nürnberg hat es geschaffen im Jahre 1511 nach der Jungfrauengeburt) .

Albrecht Dürers Kurzbiografie

Also in Kürze: Albrecht Dürer in Nürnberg 1471 geboren und 1528 gestorben, katholisch trotz beginnender Reformation. Seine Lehrzeit fand in der väterlichen Goldschmiede-Werkstatt und beim Maler Michael Wolgemut statt. Albert Dürer arbeitete dann in Basel, Straßburg und Colmar, heiratete Goldschmiedetochter Agnes Frey und brach nach Venedig auf. Anschließend erhielt er von Nürnberger Kaufleuten Aufträge für Altarbilder. Seine zweite Venedigreise erfolgte von 1505 bis 1507 mit Abstechern nach Bologna, Pavia, Padua und Florenz. Bedeutende Begegnung mit Kaiser Maximilian (1512) und dadurch zahlreiche Aufträge. Acht Jahre später reiste Albrecht Dürer mit seiner Frau in die Niederlande. Zwei Jahre vor seinem Tode stiftete er dem Rat der Stadt Nürnberg (!) sein Meisterwerk "Die vier Apostel“ (mit interessanter Historie, heute in der Alten Pinakothek, München).

... und zusätzlich ein „spezieller“ Schnitzrahmen

Albrecht Dürer konzipierte zum Allerheiligen-Bild einen geschnitzten Rahmen, der einem Portal gleicht mit plastischen Säulen und einem Rundbogen-Giebel. Der Rahmen hat als Thema „Das Jüngste Gericht“. Zwei Säulen tragen einen von puttenflankierte Halbrund-Bogen in dem Christus als Weltenretter zwischen den Knienden Maria und Johannes dem Täufer thront. Der Fries darunter zeigt die Trennung der Gerechten, die von Paulus angeführt zur Sonnenseite schreiten und den Verdammten, die vom Höllenschlund verschlungen werden. Albrecht Dürers Entwurf wurde dann vom spätgotischen Bildschnitzer Veit Stoß ausgeführt.

Der Rahmen ließ Platz für ein fast quadratisches Bild-Motiv, aber bei der Bemalung wurde das Gemälde oben abgerundet (etwa dem Bilderrahmen-Oberteil angepasst?) - und die dadurch entstehenden Freiräume mit „ornamentalem Laubwerk“ gefüllt.

Eine bildliche Vorstellung vom Gottesstaat

Die Darstellung der Anbetung der Heiligen Dreifaltigkeit durch die Gemeinschaft der Heiligen mit allen Christen wird als Version des Gottesstaates (lat. Civitas Dei) nach dem Jüngsten Gericht (Thematik des Rahmens) verstanden. Es sind die Gedanken von Kirchenvater Augustinus (354-430) nach dem Fall Roms im Jahre 410 - in den Jahren 413 bis 426 wurden sie niedergeschrieben.

Das „heutige“ Zwölfbrüderhaus

Am 2, Januar 1945 wurden während eines Luftangriffs auf Nürnberg große Teile des Zwölfbrüderhauses und die Kapelle nahezu vollkommen zerstört. Das Stiftungshaus wurde dann abgerissen und durch den Neubau des Wittstätter Gymnasiums ersetzt (Eingeweihung am 11. Januar 1956). Aber die „Landauer Kapelle“ wurde zeitgleich wieder aufgebaut und in den Neubau integriert.

Der geniale deutsche Renaissance-Künstler Albrecht Dürer stellte sich um 1500 in einem Selbstbildnis als Jesus Christus dar und malte danach, elf Jahre später, dieses Altartafelbild, das eigentlich die „Gesamt-Christenheit mit ihren Glauben“ (!) darstellt.

Links:

(Albrecht Dürer, Biografie)
http://nuernberg.bayern-online.de/di...cht-duerer/

(Heiligste Dreifaltigkeit)
http://www.kathpedia.com/index.php?t...ifaltigkeit

(Gottesstaat)
http://de.wikipedia.org/wiki/De_civitate_Dei

(Luther/Rebell wider Willen)
http://www.musical-world.de/theater/...i-l/luther/

(Halloween)
http://de.wikipedia.org/wiki/Halloween

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6 Kommentare

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Wirklich interessant…habe wieder einiges dazugelernt DANKE
  • 02.11.2014, 07:40 Uhr
  • 0
Volker Barth
Da war es ja richtig einmal ein unbekannteres (Dürer) Gemälde zu besprechen, danke für den Kommentar
  • 02.11.2014, 08:23 Uhr
  • 1
Dürer ist mir nicht unbekannt…aber so gelesen einfach spannend...
  • 02.11.2014, 08:58 Uhr
  • 1
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Vielen Dank für den interessanten Beitrag.
  • 01.11.2014, 17:25 Uhr
  • 0
Volker Barth
Lieb, etwas von Dir hören bzw. zu lesen - ich freue mich über Dein Lob
  • 01.11.2014, 21:25 Uhr
  • 0
Danke Dir, Volker.
Über einen Bericht von Dir zum Bayerischen Barock, der vom Preussen Menzel wieder zu Ruhm gekommen ist, würde ich mich sehr freuen.
  • 01.11.2014, 21:34 Uhr
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