Der erste und der zweite Weihnachtsfeiertag gehören nicht nur gefühlsmäßig zusammen, sondern auch wenn man die liturgischen Lesungstexte betrachtet. Gestern am 25.12. noch das liebliche Kind in der Krippe, das jedes Herz anrührt und weich macht.
Heute am Gedenktag des hl. Stefanus, des ersten Märtyrers, der totale Kontrast:
Ein Jünger dieses inzwischen längst erwachsenen Jesuskindes bezahlt mit seinem Leben die treue Nachfolge dieses Jesus.
Wie kann das sein?
Haben nicht seit Menschengedenken die Leute nach einem Gott gesucht, der sie schützt und ihr Leben vor Leid und Schaden bewahrt? Glaube bestand doch im Wesentlichen darin, sich des Schutzes und der guten Führung Gottes sicher zu sein.
Mit Stefanus ist genau dieser Schutzglauben zu Ende. Ja, er ist der Beweis dafür, dass es Jesus ernst meint mit dem Satz: „Wer sein Leben liebt (d.h. bewahren möchte), der wird es verlieren, wer es aber um meinetwegen hingibt, der wird es gewinnen.“
Mit diesem Gott ist also nichts mehr sicher? Kann man das so sagen?
Ja, wir müssen uns damit abfinden und zu einem neuen, tieferen Glauben finden, der ganz erheblich anders ist als der Glaube der Menschen in der Antike. Der alte Glaube ist nicht mehr sicher.
Und überhaupt: Nichts ist mehr sicher!
Es ist nicht mehr sicher, dass es damals eine Volkszählung zur Steuererhebung gab, weswegen die Eltern Jesu nach Betlehem gehen mussten... so die theologische Forschung.
Es ist nicht mehr sicher, dass Jesus in der Nacht zum 25.12. geboren wurde...
Es ist nicht mehr sicher, ob Jesus tatsächlich in Betlehem geboren wurde oder vielleicht doch in Nazareth...
Es ist nicht mehr sicher, ob die Eltern Jesu nach Ägypten fliehen mussten, um dem Massenkindermord des Herodes zu entgehen...
Der Stern von Betlehem ist nicht sicher und so manches andere auch noch.
Aber was ist dann überhaupt noch sicher und glaubwürdig von dem, was uns die Eltern erzählten und was wir unseren Kindern wieder erzählen bis heute und auch in Zukunft?
Wenn man alles Unwesentliche und literarische Beiwerk weg lässt, dann bleibt nur noch die eine zentrale Säule unseres Glaubens übrig: Gott ist die Liebe und er ist aus Liebe in Jesus Mensch geworden.
Er ist nicht nur ein Mensch geworden, der auf Erden ca. 30 Jahre gelebt hat, ER ist menschlich geworden bis zum heutigen Tag. Er ist ein Gott, der in jedem Menschen verborgen ist, mit dem wir mit unseren Sinnen kommunizieren können, der erfahrbar werden möchte durch unser liebevolles Tun, durch unsere Hingabe, die auch - wenn es sein muss - eine Lebenshingabe sein kann, wie eben bei Stefanus.
Das ist die wirklich sichere Glaubenswahrheit, mit der wir uns immer wieder konfrontieren müssen: Die Liebe Gottes ist Geschenk und verschenkt sich durch uns an jeden und alle, die dafür offen sind.
Und ganz besonders offen für die fürsorgliche Liebe Gottes sind die Kinder, die Armen und Bedürftigen, die Geschundenen und Verletzten, die Einsamen und Enttäuschten.
Denen hat Stefanus die frohe Botschaft gebracht und diese lebendige Verkündigung mit seinem Leben bezahlt.
Also, bei allem, was womöglich an biblischer Überlieferung aus heutiger Sicht unsicher sein mag,
ganz sicher bedeutete die Geburt Jesu auch gleichzeitig seinen Tod auf dieser Erde, weil jeder Geborene einmal sterben muss
ganz sicher bedeutet die Nachfolge in den Spuren Jesu eine Lebenshingabe, die vielleicht nicht immer gleich mit dem Schwert vollzogen wird, sondern vorher durch viele Nadelstiche zu erleiden ist
ganz sicher ist Jesus aus Liebe vom Himmel herab zu den Menschen gekommen und hat auch jeden Einzelnen von uns aus Liebe ins Leben gerufen und wird irgendwann uns alle aus Liebe zu sich zurück rufen.
Halten wir uns also nicht mehr als nötig an möglichen Unsicherheiten fest, sondern bauen wir auf das, was in unserem Glauben absolut sicher ist: Gott ist Liebe, im Leben und im Tod.
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