Mit dem Autor Jürgen F. habe ich einmal viel diskutiert - seine Beiträge, abgesehen von der vertretenen Meinung, waren stets voll mit Begeisterung für die vertretene Sache - und wir haben unsere Klingen anfangs nicht politisch gekreuzt. Mein Eindruck war, hier schreibt jemand voller Überzeugung, Emotion und Engagement. Ich habe mich später, noch vor seinem Tiefentauchgang Richtung Politik, weitgehende gelöst: Mit einem intelligenten Hirn zu diskutieren, dass Gegner (mich) mangels eines schnellen Argumentes kurz belügt oder einen Disputgegner (User von hier) aus dem gleichen Grund die richtige Schwanzgröße abspricht: Das ist einfach nicht mein Stil. Wir hatten noch kurze politische Begegnungen, die letzte vor etwa 18 Monaten. Da haben wir um 50 Euro gewettet, mit welchem Prozentsatz die AfD in den Bundestag gewählt wird. Das hat mir übrigens Achtung abgerungen: Keiner der hiesigen Klugschwätzer, die immer und überall etwas prophezeien (und sei es nur die Eroberung Europas durch die Muslime) war je bereit, für sein Gelabere auch nur einen Eurocent zu setzen - was beweist, wie sehr solche Grosssprecher an ihren eigenen Mist glauben.
Jürgen gab sich ja schon immer sehr philosophisch, was für einen, der erfolgreich Lehramt studiert hat, schon eine leichte Überschätzung darstellt. Aber dazu hat ihn wahrscheinlich seine Abschlussarbeit verführt, die ihm eine exzellente Note und einen Preis der Uni eingebracht hat. Einen Bestseller schreiben, das schien ihm ein Ziel, später sollten es zwei werden und bis heute ist es zu keinem gekommen. Aber seitdem er seine Texte bei diversen Online-Auftritten unterbringen kann, steht auf seinem Blog als Profession: Schriftsteller.
Das sollte, nach seiner Zeit bei WKW schon einmal anders werden, da hatte ihm eine Lesegefolgschaft vorgegaukelt, er sei der richtige, ein solches Unternehmen wie diese Plattform zu übernehmen, nachdem RTL beschlossen hatte, sie aufzugeben. Es ging letztlich darum, dass einer was in den Müll werfen wollte und der andere sich für berufen hielt, es weiter zu bewirtschaften, und er seine zweite Ausbildung zum Financial Consultant als eine gute Grundlage ansah. Aber gut, Träume dieser Art erledigen sich, wenn es um Geld geht, für gewöhnlich ziemlich schnell.
Und danach ging auf, zu was einst der Grundstein gelegt worden war. Seine Hingabe zu dem Philosophen Heidegger, der einst dem Chef des 1.000jährigen Reiches gedient hatte. Diese Aussaat ist heute noch auf
YouTube zu sehen und zu hören.
Es wunderte mich jedenfalls nicht, mit welchen Mitteln er jetzt sprachlich zu Felde zieht gegen den Islam, gegen Muslime, gegen das Recht der Gleichheit und für Deutschlands Umbau in einen anderen Staat und für die Vorstellungen der AfD. Und als seine Texte hier verschwanden und den beiden Profiteuren rechten Gedankenguts Tichy und David Berger zufielen, war mir klar: Er gehört zu den verlorenen Geistern. Er wird nie mehr den Teil der Gesellschaft angehören, die ihm ermöglicht hat zu sein, was er ist oder sein wollte.
Was mich endgültig sprachlos macht, ist sein neuerlicher Versuch, über YouTube zu kommunizieren. YouTube heißt Sehen und Hören, nicht Lesen. Und da kreuzigt sich ein Mann ohne jede Emotion, ohne auch nur den Anschein von Empathie in seiner Persönlichkeit: Er hat nämlich offensichtlich und hörbar keine außer der, die er sich nach seiner ureigensten Vorstellung und seiner Glaubenswelt und denen, die ihm dort als Jünger gefolgt sind, aufgebaut hat.
Hätte er eine Persönlichkeit, müsste ihm klar sein, dass seine schriftlichen Botschaften, aufgeladen auch mit bösartigem Hass und blutigen Zukunftsvisionen, per Videoclip nur als die Abfolge mühsam formulierter Gedankengebäude wirken, ihnen jede Gefühlsregung in der visuellen Wirklichkeit fehlt. Dass er besser Ghostwriter für einen begabten Redner, einen rechten Populisten geworden wäre. Das hätte ihn nicht klüger, aber wohlhabend gemacht. Ihm die Schmach erspart, wenn, aus seiner Sicht, etliche seiner ehemalige Versuchsaspiranten nun über ihn herfallen und ihn wollüstig verreißen.
Und es hätte ihm die Schmach eines solchen Video-Auftrittes erspart, wie er ausgerechnet am 13. Juni 2017 zu erleben war.
Um an einen Beispiel das Gefängnis der Hilflosigkeit des Autors aufzuzeigen:
Eine Jürgen F. These:
"Fakt ist, hätte niemals ein Türke das deutsche Hoheitsgebiet betreten, ginge es uns in sehr vielen Bereichen sehr viel besser und hätten wir sehr viele Probleme nicht."
Würde ich mich dem Stil solcher Argumente anpassen, müsste ich schreiben: "Simmt Jürgen F., aber das ist nur deiner Verantwortung geschuldet, denn du wolltest unbedingt auf Lehramt studieren und hast es verweigert, unsere Mülleimer zu leeren und die Strassen des Nachts zu säubern."
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